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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0107
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seinen besten Schöpfungen auf den Schultern der alten
Meister. Vielfach werden wir an Dürer und Naffael
erinnert, eine Reihe einzelner Motive ist direkt entlehnt
oder in leisen Anklängen wohl unbewußt herübergeleitet.
Solche Blätter sind ein kräftiges Zeugniß für die Lebens-
fähigkeit der modernen religiösen Kunst, und daß der
Meister auch auf echt künstlerische Art einen neuen Thpus
zu schaffen wußte, zeigkdie anmuthige „^iiimn ineäitans",
die Personifikation erbaulicher Betrachtung, welche mit
Pilgerkleid und Lampe den Ereignissen seines Bethlehemi-
tischen Weges folgt. Möge sie noch Manchem den Weg
zeigen, anf dem er gern ein Stündchen verweilen mag!

* Wilhelm Lübkc veröffentlicht soeben unter dem Titel
„Kunsthistorische Studien" (Stuttgart, bei Ebner und
Seubert) einen stattlichen Band mit ausgewählten kleinen
Schriften. die bis jetzt in Journalen zerstreut waren. Schon
aus der Thatsache, daß deren nur 10 in daS über 500 Seiten
starke Buch aufgenommen wurden, mag der Leser, der Lübke's
weitverzweigte literarische Tbätigkeit verfolgt hat, auf die
Sorgfalt der Answahl schließen. Es sind eben nur größerc
Arbeiten znsammengestellt, welche durch Stoff oder Behand-
lung auf bleibende Wirkung Anspruch baben. Sämmtlichc
Anfsätze wurden zum Zweck der ncuen Publikation umgear-
beitet und mit des Verfassers eigenen neu gewonnenen Er-
fahrungen oder den Resultaten der Forschungen Anderer be-
reichert. Sie sind, mögen sie nun in das Detail gründlicher
Specialstudien sich vertiefen oder zu allgemeinen Betrachtungen
aufsteigen, gleich ausgezeichnet durch Ernst wie durch Anmuth
dcs Vortrags. Wir nennen einige der Haupttitel: „Michel-
angelo Buonarroti", „Die Frauen in der Kunstgeschichte", „Der
gotbische Stil und die Nationalitäten", „Die moderne Berliner
Plastik", „Cornelius". Auf dieses und jenes Einzelne wird
sich Gelegenheit bieten ausführlicher zurückzukommen. Ein
daukbarer Leserkreis ist dem Buche ohne unsere Empfehlung
gesichert.

* Von vr. Ernst Förster ist der erste Band einer „G e-
schichte der itali enisch en Malerei" (Leipzig bei T. O.
Weigel) erschienen, welchem noch vier ähnliche nebst einem
Denkinälerwerk zur Malerei und Bildnerei Jtaliens folgen
sollen. Zwischen diesen beiden Unternehmungen wird somit
ein ähnliches Berhältniß obwalten, wie zwischen des Ver-
fassers füiifbandiger deutscher Kunstgeschichte uud den eben voll-
endeten zwölfbändigen „Denkmalen der deutschen Kunst." Wir
wünschen dem Berfasser Glück zu der seltenen Rüstigkeit, mit
welcher er in seinen Jahren nach dieser glücklich vollbrachten
Tbat und kurz nach den in unserer Zeitschrift eingehend ge-
würdigten zwei Bänden „Raphael" sofort wieder an eine so
riesige Aufgabe sich heranmacht. Ob er auch das genügende
Rüstzeug initbringt, um sie dem heutigen Stande der Wissen-
schaft gemäß zu lösen, das muß freilich der kritischen Ent-
scheidung vorbehalten bleiben. Die Lektüre der erstcn Kapitel
hat uns in dieser Beziebung, offen gestanden, sebr in unsern
Erwartungen herabgestimmt. So stießen wir, um nur ein
Beispiel amuführen, bei dem Abschnitt über die altchristliche
Baukunst auf die Wahrnchmung, daß dem Verf. Hübsch's
„Altchristliche Kirchen", also das Hauptwerk über diesen Ge-
genstand aus den letzten Jahren, gänzlich unbckannt gc-
blieben ist! Von den Arbeiten Anderer, z. B. Rahn, Mothes
u. s. w. gar nicht zu reden.

* Hans Gasscr's künstlerischcr Nnchlaß kommt Anfangs
April durch die Kunsthandlung von Miethke und Wawra in
Wien zur Versteigerung. Es befinden sich darunter eine An-
zahl der besten plastischen Arbeiten des Meisters in Original-
modellen und von ihm selbst korrigirten Abgüssen, z. B. die
bekannte Figur des Fechters, die Büsten von Marko, Schnorr,
Kaulbach u. A., ferner die Marmorbüste Rahl's. Die übrige
Sammlung, bekanntlich eine der intcressantesten Privatsamm-
lungen Wien's, repräsentirt alle möglichen Kunstzweige: Küpfer-
stiche, Radirungen, Gemälde, Miniaturen, antike Bronzeu
und Thongefaße, alte Möbel, endlich auch Holzskulpturen.
Unter letzteren verdient die augeblich von G. Pencz in Buchs-
baumholz geschnitzte Figur der Eva (Gegenstück zu der Figur
des Adam, welche das österr. Museum in der Böhm'schen j
Auktion kaufte), als cin Wcrk erstcn Ranges besonders genannt
zu werden.

Bci dcr Verstcigerung dcr Gnlerie des Marqnis von
Hastings in Londou ist ein schöner Ruysdael für 40)0 Thlr.,
em Hobbema für 2050 Thlr., eine Kirmeß von Teniers d. j,
für 2800 Thlr., cin Bildniß (Georg, Prinz von Wales) von
Reynolds für 3030 Thlr. weggegangen. Der Gesammtertrag
der Auktion war circa 50,000 Thlr. Besvndere Raritäten
für Feinschmecker waren wenig unter der Zahl der versteigerten
Bilder.

porsonalnachricht.

L. Profcssor Oswald Achcnbach ist um seine Ent-
lassung als Lehrer der Landschafterklasse an der Kunstakademic
zu Düfseldorf eingckommen. Das Ausscheiden desselben würde
ein schwer zu ersetzender Berlust sein, da die vielen tüchtigen
Maler, die ihm ihre Ausbildung verdanken, das beredteste
Zeugniß für seine erfolgreiche Wirksamkeit ablegen. Hoffeut-
lich wird an geeigneter Stelle Alles aufgeboten werden, den
allgemein beliebten Künstler der Kunstschule zu erhaltcn.

Lunstvrreine, Sammlungen und Äusstrllungen.

Zur lctzten akademischen Knnstausstcllung in Berlin

erhalten wir von beachtenswerther Seite nachträglich folgende
Zuschrift: „Jn dem ersten Heft des 4. Bandes Jhrer Zeit-
schrift für bildende Kunst ist ein Bericht über die letzte akadc-
mische Kunstausstelluiig iu Berlin enthalten, in dessen Ver-
anlassuug Sie mir gestatten wollen, die gegenwärtigen Zeilen
an Sie zu richten. Jch muß mich dagegen erklären, daß in
Jhrem Bericht die „Jagd nach dem Glück" von Henneberg
mit Bezug auf eine frühere, mir entgangenc Charakterisirung
als das unbestrittene Hauptwerk der Ausstellung, als ein
Galeriebild ersten Rauges, eiue unvergängliche Zicrde der
Nationalgalerie bczeichnet wird, als eine Leistung, bei
welcher der Tadei schweigt, wcnn stch auch wirklich noch etwas
zu bemängeln fände. Solche allcgorische Phantasten sind meines
Erachtens eiu höchst bedenklicher Gegenstand der Darstellung,
und es muß gegen eine solche Kunst- und Geschmacksrichtung
um so mehr angekämpft werden, als durch die Erfolge des
Bildes verleitet, eine Menge tüchtiger Kräfte in falsche Bahnen
gelenkt werden dürften. Beiläufig bemerkt, gaben auf der Äus-
stellung fast alle Bilder aus dem Gebiet der Historienmalerei
Zeugniß dafür, daß das Wesen derselbcn weuig verstanden
wird. Es fehlte fast immer an der richtigcn Wahl des Gegen-
standes oder wenigstens des Momentes dcr Handlung; es war
entweder überhaupt keiue Handlung oder dieselbe nicht in
ihrem Hauptmoment dargestellt. Daher die vielen Todes-
scenen und Darstellungen nebensächlicher, oft unbekannter oder
anekdotischer Vorkommnisse, wobei leider auch oft das Streben,
etwas Neues zu liefern, seinen Antheil haben mochte. Das
letztere hat wol auch unsern Künstler veranlaßt, den Boden
der Wirklichkeit zu verlassen und in dem Gebict der Alle-
gorie seiue Lorbeeren zu suchen. — Noch mehr als er verirrt
sich Cordes in das Gebiet des Nebelhaften mit seiner „wildcn
Jagd." Jch würde mit der Beurtheilung des Bildes in Jhrer
Zcitschrift vollständig einverstanden sein, wenn sie sich auf den
Schluß derselben beschränkt und gesagt hätte, daß einc
solche Darstellung nur als Holzschnitt zu dnlden wäre. Aber
in dieser prätensiösen Form und mit diesem Aufwand von
malerischer Kraft und Saüberkeit ist das Bild cbcn eine
Berirrung und es kann darüber am besten auf die Abferti-
guna Bczug geuvmmen werden, welche Scholz und Kossak
in dcr „Berliner Kunstausstellung von 1846" einem ähnlichen
Bilde von Natorp in Form eines dramatischen Possenspiels
gegeben habeu. Darin erscheint der wildc Jäger persönlich
dem erschreckten Maler, stellt ihn zur Rede, wie er ihn babe
malen könuen und zwingt ihn zu dem Bekenutniß, daß er ihn
zwar gemalt, abcr nicht für möglich gehalten habe. Mit diescm
Wort sind alle derartigen Bilder gerichtet. Natorp ist auch
mit seinen Bildern dieses Genre's, so viel ich weiß, giücklich
verschollen und olme Nachahmer geblieben. Nm so unauge-
nehmer Ivar ich überrascht, als ich auf der Ausstellung jene
beiden Bilder vielbewundert und glcichsam Natorp rslkivivus
fand, abcr noch weit mehr, als ich auch Sciteiis der Kritik
nur Lobeserhebungeu und Duldsamkeit dasür bemerken konnte.
Unter diesen Umstäiiden stells ich mir die traurige Aussicht,
daß mich in der nächsten Ausstellung statt dieser zwei Hunderte
 
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