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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0134
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mich der Zeit, wo die großcn itcilienischen Stecher, obgleich
zum Theil bejahrte Männer, noch thätig waren und vou allen
Seiten Schüler anzogen, Longhi in Mailand, Raffael
Morghen in Florenz, Paolo Toschi in Parma, dann als
Longhi's Nachfolger Pietro Anderloni, als Na-bfolger Mor-
ghen's Giovita Garavaglia, in Bologna Rosaspina, Gan-
dolfi nnd Guadagnini, jenen nicht zu vergleichen, aber thätig
und verdient, mancher Andern zweiten 'Rangs nicht zu ge-
denken, Und wie hatten sich auch aus dem Ausland Schüler
nm sie geschaart, von nnsern Landslenten nur Moriz Steinla,
Samuel Amsler, Jakob Felsing, Eduard Eichens zu nennen,
deren Bildung in Jtalien volleiidet ward, wie denn der erstere
in Florenz die PielL nach Fra Bartolommeo, der zweite die
Rafsaelische Grablegung der Galerie Borghese, der dritte den
Christus am Oelberg nach Carlo Dolci und die Madonna
di S. Francesco nach Andrca del Sarto stachen, der vierte
die Vision des Ezechiel nach Raffael zeichnete. Franzosen nnd
Spanier schlossen sich ihnen an. Damit ist's aus. Unsere
Künsller kommen, und werden immer kommen, die italieni-
schen Meisterwerke zum Behuf ihrer Vervielfältigung durch
den Kupferstich zu stndiren, wie in jüngeren nnd jüngsten Jah-
ren Joseph Kellcr, Eduard Mandel, Louis Jakoby u. a. thaten:
wenn aber die Dinge in Jtalien nicht anders werden, gehen
die nachfolgenden schwerlich bei italienischen KupfersteLern in
die Lehre. Jn dieser entschiedencn Ungunst der Zeit muß man
cs immer mit Lob anerkennen, wenn ein Künstler, wie Perfetti,
dcr bessere Tage für sein Fach erlebt hat, den Mntb nicht
verliert nnd klassische Werke zu stechen fortfährt, Bilder Raffael's,
Tizian's, Domenichino's, Guercino's, nachdem er in größern
Werkcn über die Sammlung der Florentiner Akademie der
Künste nnd das Kloster San Marco im Verein mit seinen
Zöglingen eine Neihe tüchtiger Arbeiten in halbausgeführtem
Stich (n ineLro, iincocliiL) geliefert hat, wie fie namentlich bei
den Bildern Fra Angelico's da Fiesole am meistcn angezeigt
erscheinen/'

* Von Burckhardt's „Cicerone" ist der erste Theil, die
Architekmr Jtaliens umfassend, in der von A. v. Zahn in
Verbindnng mit mehreren Fachgenoffen bearbeiteten zweiten
Auflage soebcn erschienen. Zahlreiche kleinere und größerc
Berichtigungen und Einschiebsel — letztere durch Klammern
angedeutet — geben Zeugniß von der Sorgfalt, welche Ver-
fasser nnd Bearbeitcr dem trefflichen Buche haben zu Theil
werden laffcn, um es mit allcn wichtigeren Resultaten der
neueren Forschung und mit Bemerkungen über früher nicht
berückflchtigte Ortc oder einzelne Denkmäler, die erst in jüngster
Zeit bekannt geworden sind, auszustattcn. Das dadurch nichts
an der wcsenllichen Anlade des Wcrkes geändcrt wird, ist
schon bei der srüheren Ankündigung als ein Hauptaugenmerk
des Bearbeiters hervorgehoben worden. So wird der 'liebcns-
würdige Führer durch das Land unserer Sehnsucht allen
künftigen Jtalienreisenden sicher keine minder erwünschte Be-
gleitung sein, als er es bisher gewesen ist. Aber auch für den
Forscher und Kunstfreund in der Heimath gestaltet sich das
Burckhardt'sche Buch immer mehr zu einem Repertorium für
die Geschichte und Denkmalkunde der italienischen Kunst. Hoffen
wir, daß es möglich sein wird, in der angekündigten Frist
(bis Septembcr d. I.) die nene Auflage zu vollenden!

* Dcr nen gcgründcte baqcrischc Architekten- nnd Jn-
gcnienr-Vercin hat bcschlossen, an Stelle des bisherigen No-
tizblattcs ciu ncues Organ seiner Thätigkeit unter dem Titel:
„Zeitschrift dcs bayerischen Architekten- und Jnge-
nieur-Bcreins" herauszugebcn und mit der Ausgabe der
Hefte demnächst zu beginnen. Die Leitung besorgt c'in durch
Wahl ernanntcr Redakteur, unterstützt durch einen Retaklions-
ausschuß, bestehend aus sieben Mitgliedern des Münchener Vcr-
eins und sieben korrespondirenden auswärtigen Mitgliederu
der andcrn Zweigvercine. Die bayerische Regierung hat
einen namhaften Beitrag zu dem Unternebmen gespendet.

* Förster's „Allgcmcine Bauzcitung", welche während
der letzten Monatc in's Stocken geralhen war, ist in den Be-
sitz der Waldheim'schen Verlagsfirma in Wien übergegangen
und hat in der Person des Architekten Köstlin einen neuen
tüchtigcn Rcdakleur gcwonncn, Die sechs vom Jahrgange
1868 restirenden Hefte erscheincn noch unter Verantworllichkcit
der bisherigen Herausgebcr, H. nnd E. von Förster. Mit
1870 beginnt die neue Redaktion ihre eigentlichc Thätigkeit.
Der Jahrgang 1869 wird somit climinirt. Heft 7 und 8 des
Jahrgangs 1868 verlaffen soeben die Preffc.

Keller's Stich nach dcr Sixtinischen Madonna Rasfacl's
schreitet rasch seiner Vollendung entgegen. Dem Vernehmen
nach wird die Platte sür eine sehr bedeutende Summe in den
Besitz der Buch- und Kunsthandlung von Max Cohen L Sohn
in Bonn gelangen. Die Subscription auf erste Abdrücke,
L 100 Thlr., wird demnächst geschlossen, da die in Ausficht
genommene Anzahl derselben schon fast ganz subjkribirt ist.

knnltvereiiie, Sammlungen und Ansstrllungen.

Der Anhalt'sche Kunstverein in Dcffau hatte vom 9.
bis 15. April eine kleine Ausstellung von Kupferstichen ver-
anstaltet, die vielen Beifall fand. Die Mitglieder des Kunst-
vereins erhielten dadurch Gelegenheit, sich die ihnen ein Jahr
um das andere zu ertheilenden Kunstblätter selbst auszuwählen,
auch sonst Ankäufe von theureren Kupferstichen zu machen.
Nicht-Mitgliedern des Kunstvereins wnrde der freie Zutritt
gleichfalls gestattet.

L. v. Der „Verein zur Förderung dcr Künstler" in
St. Petersbnrg hat das Vcrdienst, daß erin seiner „Perma-
nenten Ausstellung" Kunstfreunden häufig Gelegenheit
giebt, nicht nur die neuesten Werke russischer Künstler, sondern
anch die vielen im Privatbcsitze Petersburger Kunstliebhaber
besindlichen Gemälde der verschiedensten Schulen kennen zu
lernen. So befand sich kiirzlich in den Ausstellungssälen die
Gemäldesammlung des Grafen G. A. Kuschelew-Besborodko,
die übrigens in der Auflösung begrissen ist, da die meisten
Werke verkanft werden. Die Sammlung bcsteht aus 52 aus-
schließlich modernen Gemälden, unter denen flch viele vortreff-
lichc sinden. — Von den belgischen Meistern ist Verboek-
boven durch ein anmmhiges Thierstück vertreten: an dem
Ufer eines still dahinfließenden Baches sind ruhende Kühe und
Schafe mit der ganzen, diesem Künstler eigencn Virtuosttät
dargestellt; der Hirt schnitzt behaglich an einem Stabe. Ein
wohlthnendcr Friede durchdringt die ganze Schilderung. Ein
gefälliges Bild von Verhoeven zeigt uns den jungendlichcn
Rubens im Atelier seines Lehrers Van Nort. Brakeleer's
Markiscene zeichnet sich durch große Lebendigkeit aus: ein
Junge, der vom Tische einer Obsthändlerin Aepfel gestohlen,
wird von einer alten Fran anf frischer That ertappt nnd derb
gezüchtigt. Der strenge Blick der Alten, der Ausdruck deS
Schmerzes und Schreckens im Gesichte des kleinen Diebes
wirken tragikomisch. — Bon den wenigen holländischen Ge-
mälden hebe ich Ten-Kate's Wirthshausscene hervor: ein
Krieger erzählt mehreren rauchenden und zechcnden Gesellen
seine Erlebnisse. Die Kollektion zählt viele französtsche Werke:
Troyon: eine Schafheerde, die von einer, auf einem Esel
reitenden Frau zu Markte getrieben wird, ein hübsches Bild-
chen, der erste Entwurf zu einem großen Gemälde, das sich
in der, der Akademie der Künste vom verstorbenen Grafen
N. A. Kuschelew-Besborodko vermachten, Sammlung befindet.")
Mit vielem Glück ist Morgenbeleuchtung nnd Morgenftoche
ausgedrückt, die Thiere sind mit der bei Troyon gewohnten
Meisterschaft gemalt. Ebenso befriedigend ist eine querfeldem
laufende Schafheerde desselben Kllnstlers. Rosa Bonheur:
„die beiden Freunde", zwei auf der Weide snedlich bei ein-
ander stehende prächtige Pfcrde. Horace Vernet: eine
Pestkranke im Momente des Verscheidens. Das verjchwollene
schwärzliche Gesicht, das brcchende Auge dcr llnglücklichen
haben etwas Entsetzenerregendes. Hier erscheint Vernet's
Naturalismuß anf die Spitze getrieben. Comte: cin feincs
Kabinelstnckchen: ein altcr und ein junger Mann spielen Schach:
eine junge Dame, deren elegantes Atlaskleid sich mit denen
auf Mieris'scken Bildern meffen könnte, schaut dem Spiele
zu. Decam'pS: ein Stiick Architektur beiOran, mit präch-
tigen Bäumen, die in den tief blauen Himmel hineinragen.
Stehende und am Boden kauernde Beduinen in ihren weißen
Mänteln so wie einige Gestalten in Lunten Gewändern bilden
eine hcrrliche Staffage. Die ganze Farbcnglnt des Südens
ist über diescs reizende Bild ausgegoffen. Dasselbe Verdienst
hat Marilbat's Ansicht von Kairo. Jn cincm eigenthüm-
lichen Gegensatze zu dieser sorbiältig ausgeführten südlichen
Landschaft steht Duprö's nordische „Pfntze im Walde", ein
Bild, das mit einer an Frechheit gränzenden Kühnbeit auf
die Lcinewand geworfen ist. Calame's Vierwaldstättersee

»1 Wir behaltcn nnS fiir cin anbcrcs Mal cine Schildcrung dieser
reichcn „Ku schelew'schen Galerie" vor.
 
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