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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0198
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197

erforderlichen Maße (!!) undeutlich, wie es die Stim-
mung (?!) des Ganzen forderte. Er ist immer wahr, wenn
wir ihn aus dem Ganzen beurtheilen. Wenn er zu jenem
Thiermalcr (Brendel, wenn ich nicht irre,) der die Beine
der Kühe „„unter den Weiden"" zu dick fand, sagen konnte:
„„Aber findest Du nicht, daß die Beine der Kühe über-
haupt zu dünn sind,"" so beweist auch dieser scheinbar
(bloß?!) paradoxe Satz seinen großen Sinn für das Har-
monische inderWeltder Erscheinungen." — Und ich habe
mich zu entschuldigen, daß ich einer Auseinandersetzung,
die durch wahre Koboldstreiche von Geöanken- oder viel-
mehr Wörter-Kombinationen stch in diesen Abgrund von
Paradoxie und Widersinn verliert, eine ernsthafte, oder
überhaupt eine Betrachtung gewidmet habe. Jch will es
auch nimmermehr wieder thun! Nur der Umstand, daß
die Glaubensartikel des Hildebrandt-Kultus sich hier in
nuos zu einem handlichen Glaubensbekenntniß vereinigt
vorfinden und in dieser Fassung von Seiten der GlLu-
bigen staunende Bewunderung, ja selbst rauschenden Bei-
fall bei der Todtenfeier gefunden haben, konnte mich von
vornherein dazu veranlassen, diesem Mosaik von Stich-
wörtcrn irgend welche Wichtigkeit beiznlegen. — Sollen
wir uns der nnliebsamen Arbeit noch weiter nnterziehen?
Es sei, um nichts UnvollstLndiges zu geben. Also noch
einige „Gedanken" des Schlusses! — „Mit diesem Zuge
zum Universum tritt er an sein letztes vollendetes Werk.
Wie die sixtinische Madonna im Busen Raffael's, ruhte
das Meer, das blaue Meer, im Grunde der Seele Hilde-
brandt's." Der Vergleichungspnnkt ist natürlich nur in
dem Bedürfniß einer schallenden rhetorischcn Wendung zu
suchen; zwischen dem genialen Jmpromptu Raffael's und
dem studirten, mit Foltern und mit Schrauben hervorge-
preßten Parforce-Stück Hildebrandt's, zwischen der abso-
luten Vollendung der Sixtina und dem glLnzenden Fiasco
des „blauen Wunders" ist sonst kein Berührungspunkt. —
„Freunde, welche das Werk in den ersten Tagen des Ent-
wurfes gesehen, schwLrmen von dieser Rückerinnerung, hin-
ter der das vollendete Werk weit zurückgeblieben sei. Es
liegt das schon im Stoffe." O über den Meister der Lob-
rednerei! Man bedenke! Es liegt schon im Stoffe, daß das
Hauptwerk eines Künstlerlebens verunglücken muß. Wie
viel Theil hat dann die Kunst an der ganzen Richtung und
diesem ihrem letzten AuslLnfer? Jn der That, das blaue
Meer verhält sich zur landschaftlichen Kunst, wie die Gla-
diatorenspiele und die Sticrkämpfe zur Ghmnastik. Der
Bergleichungspunkt wird hoffentlich nickt nnfindbar sein. —
Von der Kunst Hildebrandt's aber sagt Herr Eckardt schließ-
lich: „Er bringt in der schönen Form (gar keine kann näm-
lich wenigstens nicht unschön sein!) die leuchtende Jdee (d.h.
die Vorstellung von leuchtenden, glänzenden NaturphL-
nomenen; denn sonst ist doch von „Jdee" bei diesen Bil-
dern keine Rede!). Er haßt eine Kunst, die nur in der
Form besteht (darum vermeidet, ja vernichtet er sie; oder
wenn „Form" im Gegensatze zu „Jdee" gesagt sein soll,
— worin besteht Hildebrandt's Kunst? Seine grellen
Farben sind auch nichts als in diesem Sinne „Form"!),
in hübscher Kopie der Wirklichkeit (hübsch und den Schein
der Wirklichkeit gebend ist immer noch angenehmer und
künstlerischer, als blendend und Lberraschend bei zweifel-
hafter Wahrheit!), die in einem seidenen Kleide gipfelt,
(das wenigstens vollendctdargestelltwerden kann, während
die Kunst, die in einer gelben oder rothen Sonnenscheibe
gipfelt, immer Nachhülfen von der Phantasie erbetteln muß!),

diese Demimonde in der Kunst." Das wurde, nicht
zu vergessen, vor einer Versammlung gesprochen, deren
überwiegender Theil ausKünstlern, darnnter vielen Genre-
malern bestand! Es geht Nichts über die Begeistsrung für
den Gegenstand, selbst nicht das gewöhnlichste Schicklich-
keitsgefühl! — Zum Schlnß noch eine Sammlung der
historischen und mythischen Analogien, die Hcrr Eckardt
für seinen Helden aufgefunden. Die erstaunliche Reich-
haltigkeit dieser Specialsammlung wird einen Begriff
davon geben können, wie scharfstnnig Herr Eckardt darin
ist, alle Bonmots, Schlagwörter und anderen werthlosen
Ballast aufzuheben, der irgend von seinem Wege erreichbar
ist, und gelegentlich zur Augenverblendung des „werth-
geschätzten" Publikums, wäre es selbst das der„Metropole
der Jntelligenz", verwendbar erscheint. — Also: Nach
mannichfachen Gefahren auf der See „betritt der jnnge
Maler, der wie Arion (I.) das Meer zuletzt doch bändi-
gen soll," die schottische Küste. Jn seinem Bilde vom
Nordkap ist es, „als ob Ossian (II.) sänge." Er entsagt
der Ehe für dieKunst, „ein Weltfahrer, ein neuer Odys-
sens (III.) ohne den Schmerz um die ferne Penelope."
Er theilt „mit dem alten Hildebrandt(IV.) (sonstwohl
ohne t geschrieben!) der dentschen Sage das Loos des Wan-
derns", er, „der wie ein zweiter Josua (V.) die Sonne
still stehen hicß", „dcr in die Ferne greifcnde Freilig-
rath (VI.) unter den Malcrn", er, das künstlerische Sei-
tenstückzu Alexander von HumboldtsVII.), „Eduard
Hildebrandt, der Maler des Kosmos". — Kupisnti sut!

Bruno Meyer.

^ Die Vasensammlung der kaiserlichen Ermitnge in

St. Petersburg ha! nun auch durch L. Stephani eiuen
wissenschaftlichen Katalog erhalten. Den Hauptbestandtheil
dieser prachtvolleu Saniiiilung antiker Thongefäße bilden be-
kaimtlich die in Südrußland gcinachten Funde, dazu kommen
die Erwerbungen aus dem friiher Campana'schen und Pizzati-
schen Besitz u. v. a. Die Petersburger Basensainmlung ist
beionders reich an Gefäßen des vollendetsten Stils und besitzt
nicht weniger als 8l Vasen mit Goldverzierungen. Das Ver-
zeichniß will dem Leser nur Thqtsächliches, dessen Kenntniß
zur wissenschaftlichen Beiiutzung der Sammlung nöthig ist,
und dies so objektiv und vollständig wie möglich bieten. Alles
Erklärende ist ausgeschlossen, bis auf die in Parcnthese hinzu-
gefügten Eigennamcn. Dagegen sind die wichtigere Literatur
und der Fundort der Vasen. wo er sich ermitteln ließ, sowie
die früheren Bcsitzer, Maße und Jnschriften genau verzeichnet.
Ueber die Jnschriften und die Gefäßformen belehren außerdem
16 beigegebene Steindrucktafeln.

6Iiioni<lne deigs ckes nrl« et <le I» vnrivsile
betitelt sich ein seit Kurzem in Brllssel wöchentlich erscheinendes
Kunstblatt, welches sein Muster nach der Pariser Ollronigue
cke8 ^rts und nach unserer Kunstchronik genommen zu haben
scheint. So crfreulich es ist, in dieser Zeitschrift auch deutschc
Knnst und Kunstliteratur berücksichtigt zn sehen, so möchten
wir doch dem Herausgeber empfehlen sich Lei den betreffenden
Notizcn etwas mehr vorzuseben und nicht in die Fußtapfen so
mancher französtscher Publicistcn zu treten, welche die einfachsten
deutschen Büchertitel oft auf entsetzliche Weise korrumpiren.
Als Kuriosum, wie z. B. mit Burckhardt's Cicerone umge-
sprungen ist, möge die betreffende Anzeige hier Platz finden:

Oraarons,' repertoire tentonigue cke l'urt itulien. On
xublie uue 2« sclitiou cks eet ouvruge gui u odtsnu un sueees
inerite. I,u xremiers xurtie, consueree L lu zieinture, u xuru.
I/U tiu äs I'ouvruge seru äonnes uu mois cle septviubre xro-
ebuin. — I,eil>riA, 2ubn.

Diirer's kleine Paffion ist, von dem Kupferstecher imd
Lylographen C. Deis uachgeschnitten. Ende v. I. in der Krüll'-
schen Buchhandlung in Eichstätt vollständig erschienen. Diese
Nachbildungen können als vortrefflich gelungen allen Freunden
deutscher Kunst empfohlen werden: auch der Druck auf bräun-
lich getontem Papier läßt nichts zu wünschen übrig.
 
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