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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Kunstindustrielles aus München, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0211
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zierungen sind allerdings nicht immer leicht ausführbar,
verstoßen zuweilen gegen die Anforderungen des Materials
oder sind wenigstens nicht immer mit Rücksicht auf diesel-
ben erfunden: durchweg aber fühlen wir uns angesprochen
von einer gemüthvollen, tiefen und erfindungsreichen
Künstlerseele, welche Alles, was sie berührt, auch das
Gewöhnliche und Alltägliche, durch Geist und Schön-
heit zu veredeln weiß. Einzelne ähnliche Erfindungen
Schwind's aus seiner früheren Frankfurter Zeit sind,
soviel inir erinnerlich, schon publicirt; es wäre sehr zu
wünschen, daß derMünchener Kunstgewerbeverein, welchem
wir die genußreiche Anschauung dieser größeren Kollektion
verdanken, dieselbe durch den Holzschnitt vder vorläufig
wenigstens durch Photographie dem Publikum dauernd
zugänglich machte.

Korrespondenz.

Berlin, Mitte September.

Der hiesige photographische Verein hat eine
permanente Ausstellung eingerichtet und diese Ende
Juli der Oeffentlichkeit übergeben. Das Ausstellungslokal
(Friedrichsstraße 171) besteht aus vier Räumen, und die
Einrichtung ist vorläufig so getroffen, daß die ersten beiden
vornehmlich Architekturen, Skulpturen und Landschaften,
der dritte Porträts und der letzte Reproduktionen nach
Gemälden, Kartons rc. enthalten. Daneben finden auch
solche Erzeugnisse Raum, welche für die Fortentwickelung
und erweiterte Anwendung der Photograpbie von beson-
derer Wichtigkeit sind. Mit der Zeit wird die größere
Vollständigkeit der Produkte auch eine festere Geschlossen-
heit in der Anordnung zur Folge haben, als das jetzt bei
der Neuheit der ganzen Einrichtung möglich ist. Jn einem
knrzen Ueberblicke über den Umfang des bis jetzt Ausge-
stellten will ich mich auf das beschränken, was für einen
größeren, namentlich nicht auf Berlin beschränkten, Leser»
kreis von Jnteresse sein kann. Allerdings trifft die Er-
wähuung alsdann zum großen Theile Gegenstände, welche
nicht aus hiesigen Ateliers hervorgingen, also jetzt und
auch hier nicht zum ersten Male besprochen werden. Aber
wo es sich um tüchtige und wirklich empfehlenswerthe
Leistungen handelt, da wird auch die Wiederholung des
vielleicht anderwärts Gesagten um so eher erlaubt sein,
als sie die Bekanntschaft mit ihnen ja nur noch fördern
kann.

Die größte Anerkennung verdienen die meistcrhaften
Blälter Augusto Quagliotti's inRom nach römischen
Architekturen und Skulpturen der Antike und Renaissance.
Sie sind in ihren jetzigen großen Abmessungen von der Platte
abgezogen, nicht erst auf dem Wege der Vergrößerung
einer ursprünglich kleineren Aufnahme auf ihren jetzigen
Uinfang gebracht worden. Darmn sind sie aber auch von

einer Treue des Details, welche alles früher in dieser
Hinsicht Geleistete übertrifft. Im Gesammteindrucke kom-
men sie fast der plastischen Erscheinung stereoskopischer
Bilder gleich- AuS der großen Menge von Aufnahmen
ähnlicher Art, welche uns hier begegnen, läßt sich nichtS
diesen Blättern an die Seite stellen, wobei freilich nicht
übersehen sein will, daß, was die bloße Erscheinung des
Gegenstandes betrifft, solchen an sich höchst malerischen
Vorwürfen gegenüber jede Aufnahme andrer, namentlich
moderner Architekturen einen schweren Stand hat. — Was
man vonPhotographien nach Gipsabgüssen verlangen
kann, das leistet das hiesige Atelier von vr. Stolze L Co.
in bester Weise. Wenigstens sind mir gefälligere, elegan-
tere Aufnahmen nicht vorgekoinmen. Dabei beobachtet
die Firma die möglichste Vielseitigkeit sowohl hinsichtlich
ihrer Formate, als des Materials, welches aus der Autike,
der Renaissance und der neuern Kunst genommen ist.

Mit Uebergehung der Porträtabtheilung wende ich
mich den hervorragenden Erscheinungen unter den Re-
produktionen zuund übergehe auch hier das längstBe-
kannte, wie die Kartonphotographien von Albert in
München, die Brockmann'schen Kopien der von Schu-
rig gezeichneten „ Meisterwerke der Dresdener Galerie"
und vieles Andere der Art. Als Fachleistung ist gewiß
die ganz neue Photographie von Goupil u. Co. inParis
nach Makart's „Pest" (Wien, Kaeser) höchstbedeutend.
Es muß unendliche Mühe und viele Versuche gekostet
haben, die Schwierigkeiten zu überwinden, welche der
photographischen Wiedergabe in der Menge kalter, flecken-
artig aufgesetzter Lichter und der ganzen Pinselführung
des Bildes sich entgegenstellten. Jetzt ist die Photographie
wirklich feiner zusammengestimmt, als das Bild selbst.
Durch die zarte, fast verschleierte Haltung des Kolorits
(oder vielmehr des Ersatzes, welchen die Photographie für
die wirkliche Farbe giebt) hat freilich das Blatt die
charakteristischen Merkmale seines Originals aufgegeben,
und die Reproduktion ist eigentlich weiter gegangen, als
sie sollte. Das wird aber den Käuserkreis nur erweitern,
und der photographischen Kunst gereicht dieses Erzeugniß
zu um so größerer Ehre, als es allem Anscheine nach
ohne jede Beihülfe der retouchirenden Hand hervorge-
bracht ist. — Von Reproduktionen nach Zeichnungen
müssen vor allen die im Metzler'schen Verlage erschie-
nenen von Kays er L Co. hergestellten sechs Blätter zu
Scheffel's „Rodensteinliedern" nach A. von Werner,
als Muster freigeschaffener Jllustrationen genannt wer-
den, welche durch ihre künstlerische Bedeutung zu dem
Besten sich stellen, was unsere neuere Kunst in dieser
Art aufzuweisen hat. Jn seinen Zeichnungen zur
„Aventiure" (ebendaselbst, 12 Blatt) ist der Künstler
nicht so glücklich gewesen, weil manche der von ihm ge-
wählten Momente allzu beschaulicher Natur sind und
bildlicher Darstellung sich entziehen. Doch sind vier
 
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