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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0216
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gewesen, auch frembe Künstler als Mitglieder der Jury bei-
zuziehen, was bei den jetzigen Berkehrsverhältnissen wohl
auf keine Schwierigkeiten hatte stoßen können.

Vermischte Lunstnachrichten.

L. Lk. Berlin. An dcm Hause Kupfergraben 6-e, in

welchem Eduard Hildebrandt bis zu seinernTode gewohnl
hat, ist auf Beramassung Les Besitzers eine Gedenktafet an-
gebracht worden; dies geschiehl, devor ein Jahr seit dem
Hinscheiden des Gefeierten verflossen ist. Bald drei Jahre ist
GornetiuS lodt, und noch har der Besitzer seines Wohnhauses,
jeiner Werkstatt und seiner Todcsstäue, der Staat, keinen
Schritt gethan, das Ändenten eines der grötzten Künstter
unseres Zahrhunderts an der durch sein Leben und Wirken
geweihten Slälte durch ein äußeres Zeichen zu befestigen.
Za, man hat dieses stattliche Gebäude, welches durch seine bis-
herige Bestimmung für die bitdende Kunst heilger Boden ge-
worden, semer Bergangenheit nnd seinem Charakler entfremdet,
indem man es der neu begründeten (und gewitz als ein Fort-
schritt zu begrüßenden) Ävtheitung sür Jnstruinentalmusik in
der inusikalischen Sektion der Kunstakademie zum Schauplatz
ihrer Wirksamkeit augewiesen hat. Was aus den Kartons
zum Campvsanto, die in dem Atelier des Meisters nothdürfng
zwar, aber doch zugängtich aufgestellt waren, (bis zur Voll-
endnng der Nationatgaterie) werden soll, davon verlauret
nichcs. Wahrscheintich hat der schändtiche Znstand der anderen
inr Sraaisbesitz befindlichen Kartvns des unsterblichen Nieisters,
wie er durch die tetzthm gelegentlich der Doinbaukonkurrenz
ftaitgehabte AuSstellung zu Tage gekommen ist, den Entschluß
gereift, sie auch in Kisten verpackt ausznbewahren, bis ein
emsichtigeres und pietätvolleres Geschlecht wenigslens die Trüm-
mer zu retten sich zur Ehre anrechnet.

-j- Berlin. Zur Aufstellung des Schinkeldenkmalcs von
Drake werden jetzc anf dem Bauakademiepiatze die Borarbei-
ten geniachl. — Auch mit den Fundamentirungsarbeiten für
das Denlmal Friedrich Wilhelm's III. im Lustgarten,
das Älbert Wotf arbeilel, und daS — einstweilen auf pro-
visorischem Postament — Milte nächsten Jahres ausgestellt
werden soll, wird deinnächst vorgegangen werden. Es bieten
sich hier erhebtiche Schwierigkeüen dar, da der Boden an der
gewähtten Stelle, ebenso wie anf der ganzen nördtichen Spitze
ber Schtotzinset sehr unzuverlässiig ist.

IZ. Ll. Wie man in Berlin National-Denkmäler er-
richtct. Nach dem Rriege von 1864 wurde die Errichtung
eines Denkmates auf dem Königsptatze — zwischen deur Ra-
czynski'schen Palais und dem Krolt'schen Eiabiissenrent, dem
Thiergarten und den großartigen neucn Hafen- und Brücken-
antagen (Ätsenbrücke) — dekretirt und sofort auf der Mitte
des Ptatzes der Grundstein getegt. Die Besprechungen mit
verschiedenen Künstlern und andere Vorbereitungen ader zogen
die Sache so tange hin, bis der Krieg von 1866 ausbrach,
ohne dag übcr das beschlosjene Denkmat irgend eine Entschei-
dung geirofsen war. Bertin erfreute sich doch inzwischcn
wemgstens des dritten Gitters um ein später zu errichtendes
Moiiumeiit. Nach dem glorreich beendigten neuen größeren
Feldzuge mußte nun das projeltirte Düppet-Atsen-Denkmat
,eine Srelle auf dem größlen und schöusten Platze von Berlin
einem Monumenle von stolzerem Namen einräumen, das zu-
gleich und in erster Linic der Berherrlichung der tetztvergan-
gencu Großthaten der Armee dienen sollle. Da es damals
gerade an der TageSordnung war, rasch zn arbeiren, „Heydt-
niäßig" viet Getd vorhanden war, und die neugewählte
Kammer vom Gewährungsfieber geschüttelr wurde, so tieß man
sich sosorr in aller Eite ein recht anständiges Sümmchen —
irren wir nicht, 560,000 Lhaler — sür die Errichtung dieser
monunientaten Siegestrophäe bewilligen. Dann ward es wie-
der stille; jahrelang hörte man nichts oder wenigstens nichts Be-
stimmtes davon, bis vor einiger Zeit ein Bauzaun langsam in
weitem llmkreise das kleine Gilter auf dem Königsplatze zu um-
ziehen begann. Bald brachtc die „deutsche Bauzeimng", die in der
Neget ais Organ zu solchcn officiösen Kundgebungen benutzt
wirv, die erfreuliche Mittheilnng, daß der Bau des Denk-
mates auf dem Königsplatze, dessen Ausführung Herrn Ober-
hofbaurath Strack übertragen sei, in Angrrfs genommen
und nicht vor dem Jahre 1871 seine Vollendung errei-
chen werde. Staunend fragt sich alle Welt: Was soll denn
werden? Ein Denkmal, das aus öfsentlichen Mitteln aus

Kosten der Steuerzahler entstehen soll, ein Denkmal, das kein
Famitienereigniß des Königshauses etwa, sondern ein Erleb-
niß, eine That, eine Errungenschaft der Nation verewigen soll,
ein Denkmat, dessen tiefere Bedeutung ohne Zweifel die ist,
daß es einen Markstein am Wenbepunkte der preußischen und
dwtschen Geschichte bezeichnet, am Ende nnserer Berfassungs-
wirren, am Beginn eines tange genug vergeblich ersehnten na-
tionalen LebenS, — ein solches Denkmat wird hinter ver-
schtossenen Laden am grünen Tisch irgend Einem zur Aus-
suhrung übergeben, ohne daß auch nur eine ausführliche offi-
cielle Schilderung des definitiv zur Ausführung angenornmenen
Ptanes dem Pubtikum vorgelegt, oder gar einem öffenttich be-
rufenen, zn öffentlicher Berichierstattung verpflichteten unab-
hängigen Beirath cine Begutachtung abvertangt, geschweige
denn der Entwurf öffentlich vor die Äugen der Nation gestellt
worden wäre, die sich, ihren Kriegern nnd ihrem Könige dies
Denkmal errichten will. Mit Berwunderung erfahren wir, nach
so vielen für nothwendig erachteten Konknrrenzen, daß wir
einen Künstler haben, dem ein fotch großartiges Werk, an dem
nach den osficiös durchgeschwitzten fibyllinischen Andeutungen
alle drei bildenden Künste fich in reichster Thätigkeit emfalten
sollen, unbesehen übertragen werdeu kann; und fast mit noch
größerem Befremden sehen wir, daß dieser Erwählte sich seinen
Mitbürgern so vortheithaft empfohten hält, daß er nicht selbst
darauf besteht, das Urtheil der öffentllchen Meinung in der
Zeit zu hören und sich von der ällgemeinen Zustimmung tragen
zu lassen. — Was hätte aus der Dombaukonkurrenz ;ür Un-
heit Hervorgehen können, —wer ein Bischen hinter die Gar-
dine gesehen hat, der weiß es —, wenn die Komödie nicht
auf cnxrgische Reklamation hätte vor dem Publikum abgespiett,
und ein internationales, unparteiisches und vorurtheilstoses,
gegen bureaukratische Kabaten rücksichtstoses Schiedsgericht
hälte gewählt werden müssen? Und wie hat diese nothwendige
Koncessiorr die Herren aus dem Koncepte gebracht! Das
preußischc Votk, vem dies jetzl zu erbauende Denkmal gehört,
das seine Veranlassung gemacht hat und es bezahlt, hat ein
Recht zu sordern, daß es sehe und höre, was mit dem Denk-
mal passirt, und es kann kein Zutrauen zu der in jüngster
Zeit in ihrer Hattlosigkeit und Zerfahrenheit wieder recht
blos gestellten nnd doch für die höheren unv selbst die rein
materiellen Jnteressen des Landes fo wichtigen Kunstverwal-
tung bekommen, wenn es sich solcher — gelinde gesagt —
Takr- und Rücksichtslosigkeiten von derselben regetmäßlg zu
versehen hat. Zur Nationalgalerie, diesem traurigen Stiick
Bertiner Baugeschichte im Krebsgang, wurdc der Grundstein
„in aller Stille" gelegt. jetzt wird das Nationatdenkmal ohne
Sang und Klang errichter, —wir wollcn sehr wünschen, nichr
aus dcmselben Grnnde, weil es sich eigentlich nicht sehen lassen
dürfte, möchten aber doch darüber mit dem ganzen Volke vor
der Enthüllungsfeicr des Jahres 1871 beruhrgt sein.

/x Goethe-Statnc in Müncheii. Am 28. August d. I.,
als am einhundertzwanzigsten Geburtstage des Dichlers fand
in Müuchen die feierliche Enthüllung des von Professor Widn-
m ann modellirten und in der k. Erzgießerei gegofsenen Goethe-
Standbildes statt. Dasselbe war von einem sehr geschmackvoll
angeordneren Blumenbeete umgeben und der Platz ringsum
mit Blnmen, Zierpflanzen unb Orangenbüumen abgegrcnzt,
welche unter sich durch Laubgewinde verbunden waren. An
der Feier betheiligten sich die königlichen Staatsminister und
Staatsräthe, eine Deputation der Universiläl, ihren Rektor
an Ler Spitze, dcr k. Hoftheater-Jntendant und eine große
Anzahl von Staatsbeamten, die beiden Bürgermeister mit den
Mitgliedern der Gemeindckörper u. s. w. Der Eindrnck des
Standbildes ist leider nichts weniger als günstig. Wir wollen
hicr nicht auf die alte Streitfrage über Jdealismus und Rea-
lismus in der Kunst zurückkominen und es ganz dahin ge-
stelll sein lassen, ob es rälhlich ist, einen Dichter, der noch
den crsten drei Dezennicn unseres Jahrhunderts angehört und
dessen Standbild Gemeingut des Bolkes sein soll, demselben
in antikisirter und somit unbedingt fremdartiger Erscheinung
vorzuführen. Hat man sich aber einmat dafür entschieden, fo
sind wir auch in der Lage zu fordern, daß der Künstter weiß,
um was es fich handelt. Nicht jede Gestalt in antikem Ge-
wande ist darum eine ideale und wird es auch nicht durch
einen Lorbeer, den Man auf ihr Hanpt drücki, noch durch
eine Leyer, welche man ihr in die Hand legt. Nur in diesem
Sinne aber hat Widnmann seinen Gocthe idealisirl, das gcistige
Element ist ihm dabei ganz emschlüpft, und so konnte es nichl
sehlen, daß sein Standbild einen trostlos prosaischen Eindruck
 
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