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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Noch einmal Wereschagin
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0145
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277

Nekrologs.

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»nd, als man sich dariiber empörrn ivollts, Ncugirrde
erregt: ein Ansschen, das wcdcr dcr geschichtlich frag-
tiche Jnhalt, noch vollends dic Malerci an sich ver-
dient.

So hat die Wereschagin-Ausstellung nach ver-
fchicdcncn Seiten hin Streiflichter gcwvrfcn, dic zur
Beurteilung dcr allgenieinen Richtnng unscrer gegen-
wärtigen Kunst »icht niinder von Jntcresse sind, als
sie auch gcwissc svzialc Bcwcgnngen der Zcit charak-
terisircn. Daß Wereschagin einc originclle Natur und
zugleich ein bcdeutcndcr Maler ist, wird nicmand be-
streitcn; seinc Größe wird aber von der Hvhe dcr
Preise seiner Bildcr dcnn dvch in unvcrhältnismäßigem
Gradc übertroffen. Wenn Bildcr, die offcnbar in süns,
sechs Tagcn ohne sonberlichcn Aufwand vvn Mühe
nnd Sorgsalt im Atclicr sertig gcmalt sind, mit 6000
bis 8000 Guldcn angesetzt wcrden, so muß nian Re-
spckt haben — vor dcm Marktc dcs Künstlcrs. Nuß-
land weiß ebcn scine Maler nicht nnr zn schätzcn —
wie wir Denischen cs zuweilen thnn — sondcrn auch
z» bezahlcn*).

Nekrologe.

>V. Rudolf Redtenbacher, dcr am 21. Dezcmbcr
1885 in Frcibnrg i. Br. Plötzlich vcrschied, war alö
dcr Sohn des berühmten Jngenicurs Ferdinand
Redtenbacher am 17. Mai 1840 in Zürich geboren.
Schon im solgenden Jahre svlgte der Batcr cincm
Rufe an das Polytechniknm nach Karlsruhc, ävv dcr
Sohn demnach seinc erstc Ausbildung crhielt. Vom
Maschinenbau ging dcr kllnstlcrisch angelegte jnnge
Mann, angeregt durch Adolf Schrvdtcr, alsbald zur
Baiiknnst übcr, deren Slndium er seit 1862 ans der
Berliner Bauakademie sortsetzte. Die bestimmendcn
Einslüsse erhielt er hier sür das Studinin der Antikc
durch Bvtticher und Adler. Dann wandte er sich nach
Dresdcn, wo er unter Nicvlai sich mit der Renaissancc
vcrlranl machte, um endlich in Wicn unter Friedrich
Schmidt sich der Gotik zu Ividnicn) der er seinc bc-

ch Zur Erläuterung des vbcn Gesaglcn disne dic Notiz,
daß die „Perlinvschce in Agra" mit üiivi» Fl., die Ansicht von
Tadsch (am Abend) mit ebenfalls gvvv, das „ThvrAlauddins
in Alt-Delhi" mit l4,vvv, die beideu obcn crwähnten
modernen Martqrien (Jndischcr Aufstand und i>,ihilisten)
nüt 18,000, der „Einzug des künstigen Kaisers von Jndicn"
sogar mit Sv,vvtt Fl. im Preisverzeichnisse des Künstlcrs
figuriren und daß derselbe sich unter keiner Bedingmig
zu eincr Herabnünderung diescr Prcise bercit sinden läßt.
llnter den rnssischen Knnstfreunden, ivelche Wereschagins
Werke nüt Vvrlicbe sammeln und in dieser hohcn Schätzung
halten, ist namentlich Hr Tretjakvff in Moskau zu nenncn,
welchcr in seincr an Gemäldcn mvderner russischer Maler
(^livasosfski, Sudkvffski u. a.) überhaupt sehr rcichen Samm-
lung anch eine Reihe grvßer Bildcr vou Wereschagin besitzt.
Wandgemäldc Vvn der Hand des letzteren sieht man in der
neuen prachtvollen Heilandskirche zu Mvskau.

sondercn Sympathien zuwandle. Jn Redtenbacher war
künstlerischer Blick mit wissenschaftlichem Sinn ver-
bunden, dazu kam cin ideales Streben nach umfasseii-
der Ausbildung seiner niannigfachen Anlagen, die auch
das naturwissenschaftlich-philvsophische Gebiet, wo be-
sonders Lotze sein Führer war, umfaßte.

Nach Abschlnß seincr Studienzeit bcthäligtc er
sich praktisch bei den Hcrstcllungsarbcitcn deö DvinS
zu Mainz, svdann war er nnter Denzinger bcim Aus-
bau des RegenSburger Dvms beschästigt, dem er 1871
auch beim Neubau des Frankfurter Dointurmes sich
anschloß. Nach Bollendung dieser Arbeiten trat er
eine Studienrcise dnrch Jtalicn an, wv cr in Florenz
bcsvnderS dcm Stndium der Handzeichnungen in den
Uffizien sich hingab. Die „Mitteilungen aus der
Handzeichnungensammlung dcr llfsizien" (Karlsruhe),
die „Borbildcr sür Bautischlerarbcilen nach aus-
geführten Wcrken der Meister der Renaissance (ebenda),
svivic das Werk übcr Pcrnzzi nnd dic Biographicn
Pernzzi's nnd L. B. Alberki's in Dvhme's Sammcl-
j ivcrk sind Früchte seiner italienischen Studien.

Nach seiner Rückkehr aus Jtalien folgte er cinem
Antrage dcr holländischen Regiernng zur Jnvcntari-
' sativn der dortigen Denkmäler, über welche er in ver-
schicdenen tcchnischen Zeitschriften, namentlich in der
RombcrgschenZeitschrist 1875—79 Mitteilungen machtc.
Dcr mittelalterlichen Kunst waren sodann seinc „Bei-
träge zur Kenntnis der mittelalterlichen Bauknnst
in Dcnlschland" (Frankfnrt 1863 ff.) und sein „Leit
faden zui» Studium der mittelalterlichen Baukunst"
(Leipzig 1881) gewidmct. Diescn Arbeitcn folgte nvch
in dcmselben Jahre die „Tcktonik" (Wien) und 1883
dic „Architektvnik" (Berlin). Dancbcn beteiligte sich der
rastlos thätige Fvrscher auch an zahlreichen techni-
schcn Zcitschristcn, sv an der Zeitschrist sllr bilvendc
Knnst.

Überwiegend war vffenbar in ihm das knnstgcschicht-
liche und kunstwissenschaftlichc Jnteressc: doch wurdc
cr neuerdings wicderholt zu kiiustlcrisckien Arbeiten be-
rufen, unter denen wir die Entwürfe zum Ban der
Alexanderkirche in Zweibrückcn, deren Ausführung ihn
in den lctzten Jahren beschaftigte, hervorhcben. Seit
dem Frühling 1885 hattc ihn die badische Regicrung
mit der Jnventarisation der prosanen Kunstdenkmälcr
des Landcö betraut, und er hatte eben im Laufe des
Sommcrs und Herbstes diese ivichtige Arbeit siir dcn
Seekreis zum Abschluß gebracht. Hier hatte er einc
! Aufgabe gefunden, fiir die er, wie wenige, geschaffen
zu sein schien; denn fcrn vvn antiquarischer Einseilig-
keit umfaßte er das gesamte Gebiet der früheren
Kunstepochcn niit glcichcm Eiscr und Jnteresse, wobei
ihn seine reichen Kenntnisse, dcr offene künstlerische Blick
, und der wissenschaftliche Sinn, die ihm gleichmäßig
j eigen warcn, anfs beste unterstiitzten. Ilnermüdlich war
I cr im Durchforschen der vcrbvrgenstcn Winkel, zahl-
! reiche verschollene oder unbekannte Kunstwerke zog cr
! anö Licht, nnd unablässig gab er Nachricht Vvn allem,

! ivas ihm als bedeutsam vder interessant vorgekommen
ivar. Seine ctwaö hastige unrnhige, noch nicht zur
vollen Abklärung gclangte Natur hätte bei dieser Be-
j schästigung vhne Zwcifel diejcnige Ruhe, Entschlossen-
heit und Harmonie geivvnnen, wclche ihm bisher ge-
fchlt hattc. Noch kllrzlich beschenkte er die Wissenschaft
mit cinem Handbnch liber dic Architektur der italieni-
 
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