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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Todesfälle. — Kunstlitteratur.

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schen Renaissance (Frankfurt 1885, Keller), welches
mit großem Fleiß das ganze Material in einem hand-
lichcn Bande znm praktischen Gebrauch der Architekten
zusammendrängte. Da setzte ein plötzlicher Tod seinem
rastlosen Ringen nnd Schaffen ein gar zn friihes
Ende.

T Paul Baudry, der hervorragendste Maler Frankreichs
auf dem Gebiete der monumentalen dekorativenMalerei, ist, wie
schon gemeldet, in der Nacht vom t 6. zum 17. Januar um 4 Uhr
morgens zu Paris im achtundfünfzigsten Lebensjahre an einer
Herzlähmung gestorben. Nächst Delacroix, mit welchem seine
kühle, dem modernen Tagesgeschmack folgende Malerei freilich
keine Ähnlichkeit hatte, hat kein zweiter französischer Künstler
so zahlreiche dekorative Gemälde in öffentlichen und Privat-
gebäuden ausgeführt. Eine ausführliche Charakteristik des
tresflichen Künstlers, welcher den Geist seiner Nation mit
ihren Tugenden und Schwächen so unbefangen und doch so
charakteristisch wiedergegeben hat wie kein zweiter, findsn
die Kunstsreunde in Meyers „Geschichte der mvdernen sran-
zösischen Malerei", die bis 1867 reicht, und im Anschlutz daran
in der „Geschichte der modernen Kunst" von A. Rosenberg.
Zur Vervollständigung dieser Charakteristik haben wir nur
noch solgende Züge aus dem Leben und der Thätigkeit des
am 7. November 1828 in La Roche-sur-Donne in der Vendös
geborenen Künstlers hinzuzusügen. Baudry war der Sohn
eines Holzschuhschnitzers, der für ihn kein schöneres Los
träumte, als datz er der Nachfolger des Dorfmusikanten wer-
den sollte, der jahraus jahrein von einer Kirchweih zur
anderen, von einer Hochzeit zur anderen zog und dabei ein
schönes Stück Geld verdiente. Der junge Baudry ging denn
auch bei dem einzigen Oktroibeamten des Ortes, welcher zu-
gleich der einzige Musiklehrer war, in die Lehre und brachte
es so weit, daß er den Bauern im Takte zum Tanz vorgeigen
konnte; aber einen besonderen Beruf für die Kunst der Töne
fühlte er nicht in sich, dagegen einen um so größeren für die
Malerei. Er pilgerte endlich in Holzschuhen von La Roche-
sur-Donne nach Paris, fand Aufnahme in dem Atelier Drol-
lings und arbeitete unter den schwersten Entbehrungen, bis
er, 22 Jahre alt, 1850 den Orauck krix cks Roms davon-
trug. Aus den letzten Jahren seiner Thätigkeit sind beson-
ders der „Triumph des Gesetzes" für den Pariser Kassations-
hof, die „Entführung der Psychs" und der „Hl. Hubert", die
Malereien sür den kürzlich verstorbenen Vanderbilt in New
Aork und den Herzog von Aumale zu nennen. Für seine
Denkungsart ist bezeichnend, datz er einst einem Freunde,
welcher in dem Bilde der „Komödie" ini Foyer der großen
Oper eine Reminiszenz an die Heldinnen des Gymnase-
Theaters zu entdecken glaubte, zur Antivort gab: „Aber ich
bitte Sie, wir leben im Iahre 1874, und ich habe daher die
.Komödien' von Dumas fils gemalt."

6. v. k?. Prof. Niels Simonsen, einer der Veteranen der
dänischen Malerkunst, ist am 12. Dezember zu Kopenhagen
im Alter von 78 Jahren verstorben. Als Schlachtenmaler
hat er aus dem ersten dänisch-deutschen Kriege zahlreiche
Scenen in vorzüglichen Bildern fixirt, von denen sich „Das
Bivouak nach der Schlacht bei Schleswig", „Die Belagerung
von Frederiksstadt" und „Die Schlacht bei Idstedt" 'in der
königlichen Galerie zu Kopenhagen befinden. Seine Arbeiten
aus dissem Gebiet gewannen außerordentliche Popularitnt
durch Vsrvielfältigung mittelst Lithographie, Kupferstich und
Photographie Simonsen war Ehrenmitglied dsr Akademien
von München und Stockholm.

»*, Bernhard von Ncher, der frühere Direktor der
Kunstschule in Stuttgart, deffen Hinscheiden wir bereits ge-
meldet, war ein Schüler von Cornelius und hat sich vor-
nehmlich durch sein Frescobild am Jfarthor in München,
Einzug Kaiser Ludwigs des Bayern nach der Schlacht bei
Ampfing, durch seine Ausmalung des Goethe- und Schiller-
zimmers im Schlosse M Weimar und durch seine Lehrthätig-
keit als Direktor der Malerakademie in Leipzig (1841—1846)
und als Direktor der Kunstschule in Stuttgart seit 1854 be-
kannt gemacht. Seine Hauptthätigkeit konzentrirte sich auf
Altarbilder und Kartons für Glasgemälde.

0. v. 1s. Alexandre Seas, einer der begabteren Land-
schafter der älteren französischen Schuls, ist zu Coubron an-

fangs November v. I. im 67. Lebensjahre gestorben. Ein
Schüler von Cogniet und Flers, hatte er seit 1844 den
Salon regelmäßig beschickt und in der Wiedergabe besonders
der Schwermut bretonischer, sowie der Grandiosität korsischer
Motive sich eine eigene Spezialität begründet, womit er viel
Beifall erntete. Das Luxembourg bewahrt von ihm das
große Gemälde: I-ss (llioiuv» üo LertreKounee su Lrstatzue.

0. v. 1?. Gustav Coppieters, einer der begabtesten jün-
geren belgischen Maler. dessen letztes Gemälde „Der Toten-
tanz" noch unlängst in der dortigen Kunstwelt große Sen-
sation machte, ist im 46. Lebensjahre im November v. I. zu
Brüssel gestorben. Der Künstler hatte sich auch auf litterari-
schem Gebiete versucht.

Todesfälle.

— 1)i. Jamcs Ferguffon, der durch feine llistorz- ot
arediteotnre und andere Werke allgemein bekannte englische
Kunstschriftsteller, ist am 12. Januär in London gestorben.

Aunstlitteratur.

Hauptsätze der Perspektivc. Spiegelung uud perspektivischc
Schattenkonstruktion mit Übungsbeispielen von Rudols
Heyn. Herausgegeben durch den Architektenverein am
königl. Polytechnikum zu Dresden. Leipzig 1885,
Arthur Felix. 8".

Eine fleißige und mit pädagogifchem Verständnis durch-
geführte Arbeit, welche sowohl sür den Schulgebrauch als
auch zum Selbststudium bestens empsohlen werden kann.
Wir finden die Sätze der Perspektive in systematischer Folge
methodisch entwickelt und durch instruktive Beispiele erläutert.
Der erste Teil behandelt die Perspektive nach gegebenen
Maßen, der zweite das Psrspektivzeichnen nach der Natur,
welchem sich die wichtigsten Regeln über Spiegelung im
Wasser und über perspektivische Schattenkonstruktion an-
schließen. Der Text ist knapp, klar und verständlich; er ent-
hält neben der Erklärung und Erörterung der Tafeln eine
Reihe praktischer Winke, welche namentlich für den Architek
tur- und Landschaftszeichner von Wichtigkeit sind: so über
das richtige Einstellen der Stasfagen im perspektivischen
Raume, über das perspektivische Rückwärtskonstruiren, d. h.
die Methode, aus perspektivischen Bildern die wirklichen
Dimensionen des Objektes abzuleiten u. a. m. Die (17) Tafeln
sind mit musterhafter Präzision gezeichnet, wie überhaupt
dis ganze Ausstattung des Wsrkes eine lobenswerte ist.

Wegweiser für das Verstäudnis der 4lnatomic beim Zeichnen
nach der Natur und der Antike von C. Schmidl. 2. Aufl.
Tübingen, Verlag der Lauppschen Buchhandlung. 8".

Das handliche, nett ausgestattete Büchlein wurde schon
bei seinem ersten Erscheinen an dieser Stelle beifällig beur-
teilt, und da eine zweite Auflage nötig geworden, ist der
Beweis geliefert, daß es in weiteren Kreisen Beifall und
Verbreitung gefunden hat. Die Tafeln sind namentlich dem
Anfänger ein guter Bshelf, um den Bau und daS Formen-
relief der menschlichen Gestalt verstehen zu lernen. Die ana-
tomisch korrekten Zeichnungen geben ihm über die Knochen-
und Muskellagen hinreichend klare Auskuuft, um auch in
der bewegten Gestalt über die Form sich zu oricntiren. Tas
Werkchen ist allerdings nur ein „Wegweiser" zum Verständ-
nis in der Anatomie und der Künstler wird zum Studium
des „lebendsn" Menschen die größeren Arbeiten von Harleß,
Roth, Luschka oder Langer heranzuziehen haben: vor dem
Modelle und vor der Äntike aber werden ihm Schmidts
Tafeln die besten Diensts leisten. Eine Tabelle der wesent-
lichsten Proportionsteile des menschlichen Körpers, sowie ein
Verzeichnis der Muskeln mit Ursprung und Ansatz ergänzen
in vorteilhafter Weise das in den Zeichnungen gebotene
Material. 1. I-.

» Dic Sainmluiig dcr „^rtistss o«1ei»r«8" (Paris,
Rouam), deren beim Erscheinen des ersten Bändchens (Dona-
tello) von uns eingehend gedacht wurde, ist soeben um fünf
weitere Künstlerbiographien bereichert worden: Rembrandt
(von E. Michel), Callot (von M. Vachon), Palissy lvon
Ph. Burty), Prudhon (von P. Gauthiez), Fortuny (von
Ch. Ariarte). Die knapp gefaßten und hübsch illustrirten
 
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