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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Brun, Carl: Aus dem Nachlaß Friedrich Webers
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0035

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2s. Iahrgang.

Nr.

Aunstchronik

^885'86. > ^ 5. November.

N)ochenschrift für Aunst und Aunstgewerbe.

Ankündigungsblatt des verbandes der deutschen Uunstgewerbevereine.

Herausgeber:

Larl v. Lützow und Arthur j)abst

Wien Berlin, W.

Cheresianumgafse 25. Aurfürstenstraße 3.

Lxpedition:

Leixzig: L. A. Seemann, Gartenstr. zs. Berlin: W. Ls. Aühl, Jägerstr. 7Z.


Aus dem Nachlaß Friedrich Webers.

Als am 17. Februar 1882 Friedrich Weber in
Basel aus dem Leben schied, fragten sich die vielen
Freunde des Meisters: Wer wird nun den angefangenen
Stich der Unäona nux trois rosss vollenden? Be-
reits 1879 war dem Künstler die Aufgabe geworden,
dieses Bild Luini's für den schweizerischen Kunstverein
zu stechen, und da die Presse, unter anderen auch
dieses Blatlch, hiervon schon vielfach Notiz genommen
hatte, so lag es im Jnteresse aller, die Herausgabe
des Vereinsblattes mvglichst zu beschleunigen. Glnck-
licherweise kannte man wenigstens die Wünsche Webers.
Kurz vor seinem Tode hatte Lerselbe geäußert, es solle
die dreiviertel fertige Platte dem französischen Kupfer-
stecher Franyois zur Vollendung übergeben werden,
in dessen Kvnnen der Verewigte das größte Vertrauen
setzte. Die Sektion Basel, welche die Verhandlungen
leitete, schickte sie also nach Paris. Frantzois nahm
auf die Empfehlung von Hcnriquel Dupont hin an
und legte das schriftliche Versprechen ab, noch vor
Ende des Jahres 1882 die Platte druckfertig zu machen.
Man sollte meinen, die Angelegenheit sei nun auf das
bcste erledigt gewesen; allein dem war nicht so. Eines
Tages traf die Platte unberührt und ohne stichhaltige
Gründe wieder in Basel ein. Jetzt sah man sich ge-
zwungen, einen anderen Mitarbeiter zu suchen. Durch
die Vermittelung Stückelbergs wandte sich der Kunst-

1) Vergl. 16. Jahrg., Nr. 27 vom 14. April 1881,
S. 44« und 17. Jahrg., Nr. 82. vom 25. Mai 1882, S. 506.

verein an Burger in München, der zwar ebenfalls
ablehnte, aber seinen Freund A. Wagenmann als
die geeignete Persönlichkeit empfahl. Endlich war die
Vollendung der Madonna im Rosenhag gesichert.
Wagenmann begab sich nach Mailand, um die Zeich-
nung Webers mit dem Originale in der Brera zu
vergleichen, und ging dann frisch an die Arbeit.
Laut Vertrag vom 5. Januar 1884 verpslichtete er sich,
bis Ende Oktober die Kupferplatte zu beendigen, und
nachdem ihm noch eine Frist bis zum 1. Dezember
bewilligt war, wurden die Stiche abgeliefert und unter
die verschiedenen Sektionen verteilt tz.

Die heilige Jungsrau im Nosenhag, dem Leser dnrch
den Holzschnitt in Lübke's Geschichte der italienischen
Malerei (Bd. II, S. 453) leicht zugänglich, ist jedensalls
eins der vollendetsten Tafelbilder Luini's. Jn der Kom-
position sowohl als auch in Ler Technik verrät es die ge-
diegene Schule der Mailänder Akademie; die emailartige
Gußfläche des Gemäldes erinnert direkt an Leonardo.
Das Bild, ehemals im Besitz der Karthäuser zu Pavia,
ging von dort in Privatbesitz über und hängt seit
1825 in der königlichen Akademie der schönen Künste.
Mutter und Kind sitzen vor einem Rosenhag und sind
von vorn gesehen. Christus auf dem Schoße Maria's
weist mit der linken Hand aus eine Vase hin, aus der
seine Rechte einen Blütenzweig (^gniloAig,) empor-

1) Näheres im Protokoll der Verhandlungen der Sek-
tionen des schweizerischen Kunstvereins von 1884 und 1885.
St. Gallen 1885 , Zollikofersche Druckerei. S. 24-27,
S. 54, 58 und 82.
 
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