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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Danneckers künstlerischer Nachlaß
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0318

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623

Kunstlrttsratur.

624

desselben hervorzuheben wäre, angeführt. Weniger
Bedeutung nehmen die graphischen Entwürfe in An-
spruch. Dannecker war kein hervorragender Zeichner;
vergebens suchen wir in dcn Schöpfungen seines Stistes
nach jener Sicherheit des Zuges, jener souveränen
Beherrschung der Formen, welche die Handzeichnungen
der großen Meister der Renaissance zu Kunstwerken
ersten Ranges erheben, oft die unscheinbarste Linie, die
ihre Hand gezogen hat, durchgeistigen. Dagegen über-
rascht schvn hier der heilige Ernst, die nimmer
ermüdende Sorgfalt, die sich in der stcts ncnen und
neucn Gestaltung und Durchbildung einer Aufgabe
nicht genug thun kann. Und welche Fülle von Ent-
würfen bergen diese Mappen, denen lcider nie plastische
Verwirklichung vergönnt war! Jndem wir sie durch-
blättern, kommt es uns klar zum Bewußtsein, wie viel
des Schvnen uns der Meister in einem langen Leben
zu schenken vermocht hätte, wenn ihn ein günstiges
Geschick statt in die kleine schwäbische Nesidenz, an einen
der großen Brennpunkte künstlerischen Schaffens ge-
stellt haben würde.

0. v. U.

Aunstiitteratur.

li'TVrv b^uirtün pur 0. La^st (Uibliotliögus cko
l'snssiANSmsnt ckss bsunx-nrts). Uonvslls säi-
tion. Uuris, (jnnntin. kl. 8^. 320 S. mit

105 Jllustr.

Die vorstehende Arbeit bildet einen der wertvvll-
sten Bände des bekannten kunstlitterarischen Sammel-
werkes aus dem Quantinschen Verlag. Daß sie auch
beim Pnblikum schnell Anerkennung gefunden, ergiebt
sich aus dem Umstande, daß schon zwei Jahre nach
ihrem ersten Erscheinen eine neue Auflage nötig ge-
wvrden ist. Jn der That war ihr Verfasser wie kaum
jemand unter der jüngeren Generation französischer
Kunstforscher geeignet, den vorliegenden Gegenstand zu
bearbeiten. Außerdem daß er vor den meisten seiner
Kollegen den Vorteil ausgedehntester Autopsie voraus
hat, die er auf wissenschaftlichen Spezialmissionen und
wiederholten Reisen im Orient erworben, hatte er in
seinen von der Fachkritik mit verdientem Beifall aus-
gezeichneten Reoüerslies ponr ssrvir ü l'Instoirs äs
la xsintnrs st äs la ssnlxtnrs sürvtiennss sn
Orisnt, 1879 ebenso Wohl vollständige Beherrschung
des nichts weniger als auf der großen Heerstraße der
Kunstforschung liegenden speziellen Quellenmaterials, als
auch die Fähigkeit selbständiger, gründlichster Forschung
bekundet. Einem so tüchtigen Führer, der seine Auf-
gabe so Vvllkommen beherrscht, wird sich deshalb der
Kunstfreund mit Vertrauen auf einem Gebiet über-
lasien dürfen, dessen Überblick ebenso gewiß zu einem
Gesamtgemälde der Kunstentwickelung gehört, wie es

wegen Mangels einer zusammenfassenden Behandlung
bisher schwer war, sich denselben zu verschasfen. Allein
auch der Fachgelehrte wird der Darstellung Bayets
mit Jnteresse und nicht ohne Nutzen folgen, da ihm
die Angabe der einschlägigen Litteratur bei jeder Frage
das Znrückgehen auf die Quellen erleichtert, und da
er in vielen Partien des Buches die eigenen Forschungcn
des Verfasiers verwertet finden, ja gerade diesen jenes
Jnteresse abzugewinnen nicht verfehlen wird, das die
auf Selbstgeschautem fußende Darlegung einer Frage
stets, und in diesem Falle um so mehr begleitet, als die
Schreibweise des Verfasiers lcicht und gefällig, die Ein-
teilung und Behandlung des Stvffes übersichtlich und
mit nnnötigem Detail nicht überladen ist.

Was jene betrifft, so zerfällt die Arbeit in fünf
Bücher. Das erste behandelt den Ursprung der byzan-
tinischen Kunst und ihre Entwickelung bis auf Justinian,
— das zweite ihr Emporblühen uuter diesem Kaiser,
ihre Übertragung nach Ravenna und ihren teilweisen
Niedergang während der Zeit des Bildersturmes. Das
dritte Buch giebt eine Darstellung ihres Aufschwunges
unter der macedonischen Dynastie iui 9. und 10. Jahr-
hundert, — einer Renaisiance auch in dem Sinne,
daß einerseits das antike Element neuerdings, wie bei
der Entstehung der byzantinischen Kunst, insbesondere
in Ler Miniaturmalerei, formell zu größerer Geltung
gelangt, andererseits die Jkonographie derselben, auf
die Typen und die Weise der justinianischen Epoche,
ja zum Teil bis auf jene der Katakomben zurück-
greisend, sich endgültig fixirt, um dann bis auf den
heutigen Tag unverändert zu bleiben. Das vierte
Buch schildert den Niedergang des Reiches und mit
ihm der Kunst während der Periode der Kreuzzüge
und giebt sodann eine vorzugsweise auf die Monu-
mente der Klöster auf dem Berg Athos gegründete
Darstellung der byzantinischen Kunstweise, wie sie seit
dem 1g. Jahrhundert dort in stetiger und stets gleich-
bleibender Übung verharrte. Die auf wiederholten
Missionen dahin erworbene genaue Bekanntschaft des
Verfassers mit jenen Denkmälern der Kunst ist es, die
gerade dieser Partie seines Buches besonderen Wert,
seiner Darstellung derselben Len Reiz lebendiger Un-
mittelbarkeit verleiht. Daß hier auch das bekannte
Malerbuch (worllber Bayet seither auch in der Rsvns
arolröoloAigns neue Mitteilungen gegeben hat) ein-
gehende Behandlung erfährt, ist selbstverständlich: der
Verfasser ist geneigt, die Fixirung seiner Rezepte auf
die Schnle des Manuel Panselinos von Tessalonika
zurllckzuführen, defsen Wirksamkeit er mit großer Wahr-
scheinlichkeit zu Beginn des 14. Jahrhunderts seststellt,
als unter den Paläologen nach Wiedereinnahme Kvn-
stantinopels ein vorübergehender politischer und kul-
tureller Aufschwnng des Reiches Platz gegrisfen hatte.
 
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