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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0024
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Vermischtes

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trotz Farbenpracht und sonstiger hervorragender Eigen-
schaften der Tafel zurückgekommen. Vielmehr glaubt Roger
Fry, daß die Gewandverzierung und Handstellungauf Adriaen
Ysenbrant oder einen anderen Maler aus Brügge, der mit
ihm zusammen arbeitete, schließen lassen und daß die nicht
ganz verschwundene Unterzeichnung und die Übermalung
von ein und derselben Hand herrühren, nicht daß man in
Spanien oder Portugal vor Verbringung des Bildes nach
Abyssinien den zu länglichen Kopftypus verkürzt habe. —
Das andere Bild mit einer Geschichte ist ein Napoleon-
porträt von David. Napoleon hat es seinem Schwager,
dem General Le Cterc, zum Geschenke gemacht, als dieser
die Expedition nach San Domingo führte. Bei der Über-
gabe von San Domingo an die Engländer im Jahre 1809
erhielt der Befehlshaber der englischen Streitkräfte, General-
major Carmichael, das Napoleonporträt von Le Clercs Nach-
folger General Le Barquier. In der Familie Carmichael
hat es sich nebst seiner Geschichte vererbt und ist jetzt
im Besitze eines Urenkels des Empfängers des Mr. John
Carmichael Ferrall. Das nach dem Leben gemalte Porträt
des großen Korsen ist nicht ganz ausgeführt; Napoleon
sieht nicht älter als 30 Jahre aus, obwohl er, da es un-
gefähr 1804 gemalt sein muß, schon 35 Jahre alt war.
Dieses Bild ist der Napoleonikonographie bis jetzt entgangen;
es ist von großer Wichtigkeit, da der Kaiser der Franzosen
damals noch ein etwas längliches und nicht so ausgefülltes
Gesicht und einen klaren, offenen Blick hatte. m.

Sieben Wandteppiche, die der Baron von Erlanger
in Paris dem englischen Volke geschenkt hat, werden jetzt
in der Cartoon Gallery zu London ausgestellt. Die Teppiche
gehören zu einer Reihe, die Jean Raes in Brüssel im 17. Jahr-
hundert nach den berühmten Kartons Raffaels gemacht hat;
sieben von den Originalzeichnungen befinden sich im South
Kensington-Museum. Neun Teppiche bildeten einen Teil
der Sammlung des Herzogs Alba, die 1877 aufgelöst wurde.
Sie sind auf Kosten Erlangers gründlich restauriert worden.
(Die Dresdener Galerie besitzt bekanntlich sechs solche
Teppiche in Wiederholungen.)

Corrado Ricci hat den Priorenpalast von Volterra,
der seit jeher köstliche Schätze des Florentiner Quattro-
cento und Cinquecento und speziell Arbeiten des Daniele
da Volterra barg, als öffentliches Museum eingerichtet.

Arthur Fitger wird wieder einmal Gelegenheit haben,
in Bremen in großem Maßstab seine Kunst zu entfalten.
Er wird für den Kaisersaal des Künstlervereins eine Reihe
von Gemälden nach Szenen aus Ovids »Metamorphosen«
schaffen, zu welchem Zwecke eine kunstsinnige Bremer
Dame eine bedeutende Summe gestiftet hat.

Der Verlag der Hof- und Staatsdruckerei in Wien ver-
öffentlicht einen Prospekt über ein im nächsten Frühjahr
igoö erscheinendes Werk über die Wiener Porzellan-
manufaktur, das eine Auswahl der glänzenden Leistungen
der Fabrik in Abbildungen mit historischem Text bringen
soll. Die Bearbeitung der vorkaiserlichen Periode der Fabrik
sowie die der figuralen Plastik hat der Direktor des Kaiser
Franz Joseph-Museums für Kunst und Gewerbe in Troppau
Dr. E. W. Braun, die der kaiserlichen Periode mit Ausschluß
der Plastik der Kustos am österreichischen Museum Re-
gierungsrat J. Folnesics übernommen.

In Berlin ist zu den bereits vorhandenen Kunstsalons wie-
der ein neuer in der Potsdamer Straße Nr. ig durch Herrn von
Bayer, den ehemaligen Geschäftsführer des Vereins Berliner
Künstler, eröffnet worden. Die erste Ausstellung bringt
Werke und Studien des russischen Meisters Julius von
Klever, ferner Bilder des Spaniers Gallegos und des be-
kannten römischen Aquarellisten Corelli, einen Frauenkopf
Lenbachs und andere Werke der Modernen.

Auf der nordwestdeutschen Kunstausstellung zu
Oldenburg wurde aus den Mitteln der Roland Stiftung eine
Brunnenfigur (»Knabe mit Fisch«) des Bildhauers Emil
Obermann, München erworben. Sie gelangt in Oldenburg
zur öffentlichen Aufstellung.

Der Sächsische Kunstverein versendet eben seinen
Jahresbericht für 1904. Erfreulich ist darin unter anderem,
daß die Zahl der Mitglieder gegen 1903 um 486 auf 2528
gestiegen ist, womit allerdings der frühere Höchststand
von über 2700 noch nicht wieder erreicht ist. Das Wachsen
ist hauptsächlich der Einrichtung zuzuschreiben, daß die
Mitglieder freien Eintritt nicht bloß in die Vereinsausstel-
lung, sondern auch in die Ausstellungen der beiden Dres-
dener Kunsthandlungen Ernst Arnold und Emil Richter
haben. Die Einnahmen betrugen (ausschließlich einer An-
leihe von 1480 Mark) 47807,28 Mark, die Ausgaben 47755,38
Mark. Ausgestellt wurden 2532 Kunstgegenstände, dar-
unter 1420 Ölgemälde, verkauft wurden 104 Kunstwerke
für 15829 Mark, der Verein selbst kaufte zur Verlosung
66 Kunstwerke für 16390 Mark, dazu illustrierte Werke,
Kupferstiche, Holzschnitte, Radierungen und Lithographien
für 2037,35 Mark. Für das Vereinsblatt wurden 6292 Mark
ausgegeben. Der sächsische Künstlerunterstützungsverein
erhielt 1801,67 Mark, in den Fonds für öffentliche Kunst-
zwecke wurden 1896 Mark abgeführt; der Verwaltungs-
aufwand betrug rund 20000 Mark. Als Vereinsgeschenk
wurde bestimmt eine Radierung von Georg Erler nach
Gotthard Kuehls großem Gemälde von Dresden im Besitz
der Stadt Dresden. Aus dem Fonds für öffentliche Zwecke
wurde 1904 ein Altargemälde für die Kirche in Pobershau
gestiftet. Kürzlich wurde auf Kosten des Sächsischen
Kunstvereins im kleinen Hofe des königl. Schlosses zu
Dresden ein Wandbrunnen zu Ehren des verstorbenen
Königs Georg enthüllt. Über dem Becken erhebt sich ein
Relief, darstellend den hl. Georg zu Pferd, wie er ruhig
über den erlegten Drachen weg reitet, der am Boden liegt.
Der Mantel des tapferen Ritters flattert im Winde. Über
dem Relief ist ein Medaillonbildnis des Königs Georg an-
gebracht, beschirmt durch ein kleines kupfernes Schutz-
dach. Der künstlerisch vornehme kleine Brunnen gibt dem
Schloßhofe eine reizvolle Zierde. Im großen Schloßhof
befinden sich bereits zwei ältere Brunnen.

Wie alljährlich wird auch im kommenden Winter wieder
eine Reihe öffentlicher Vorträge im Kgl. Kunstgewerbe-
museum zu Berlin veranstaltet werden. An je 8 Abenden
werden Direktor Dr. Peter Jessen über die Buchkunst der
alten Meister (Montags), Dr. Wilh. Behncke über das deutsche
Haus der Renaissance (Dienstags) und Dr. Oskar Fischel
über die bildende Kunst im Theater (Donnerstags) sprechen.
Sämtliche Vorträge finden abends von 8'/2— 9'/« Uhr im
Hörsaal des Kunstgewerbemuseums statt.

Inhalt: Der Tag für Denkmalpflege. — Exposition retrospektive de l'art beige depuis 1830. Von Poppelreuter. — F. Gärtner f; E. Seibertz t;

L. Douillard t; J- Hedou f: C. Sara f; C. Viglii f; E. v. Haselberg fi Ch. Textor ti P- Oilardi f; S. Salomon f. — O. Schmalz, Stadt-
banmeister; H. Roßmann und W. Schwarzbach, Professoren; Dr. P. Schubring, Dozent; Professor Dr. Conze, Mitglied der zwölften Zen-
Iraldirektion. — Ankauf des Schlosses d'Azey-le-Rideau. - Denkmäler in Etterbeck, Lüttich und Berlin. — Funde bei Amiternum. — Berlin,
Oktober-Ausstellungen; Baukunst-Ausstellung in St. Petersburg; Kolonialausstellung in Marseille. — Katalog der Gemäldegalerie im königl.
Schlosse zu Schleißneim; Neuerwerbungen der Berliner Museen ; Führer durch die kgl. Sammlungen zu Dresden ; Dresdener Oaleriekatalog;
König-Albert-Museum für Chemnitz. — Zwei Bilder mit einer Geschichte; Wandteppiche in London; Museum in Volterra; Gemälde von
Arthur Fitger; Werk über die Wiener Porzellanmanufaktur; Neuer Kunstsalon in Berlin; Erwerbung einer Brunnenfigur für Oldenburg;
Jahresbericht des Sächsischen Kunstvereins; Vorträge im Kgl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., a. m. b. h., Leipzig
 
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