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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0210
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401

Ausgrabungen

402

fast 10 m tief gebohrte Löcher, die nachher mit gutem
schwarzen Schlamm ausgefüllt waren. Nach und nach kam
man darauf, daß diese Bohrlöcher zum Einpflanzen von
Bäumen gedient hatten. Denn es zeigten sich sowohl Wurzel-
teile wie Baumstümpfe. Jedes derartige Loch umfaßte
einen von einem niedrigen Ziegelwall umgebenen Baum,
der also sozusagen in einem »Baumtopf« stand.

Nachdem die Amerikaner den Nordlauf des Dammweges
so rasch hatten fixieren können, teilten sie ihre Arbeiter und
ließen die eine Hälfte den Graben im Osten und Nordosten
verfolgen, während die andere Hälfte nach Süden zu arbei-
tete. Hier fand man wohl den Graben, aber auch das Ende
eines Kalksteinpflasters (Plattenbodens) hoch über dem
Niveau der Mentuhotep-Periode. Es muß ein sehr großes
Gebäude hier gestanden haben, welches die Arbeit im Süden
vorerst hemmte. — In der gleichen Lage mußte während
der 12. Dynastie ein großes Grab mit einem Portikus gegen
den Dammweggraben auf dieser südlichen Seite errichtet
worden sein. Der Portikus war zusammengefallen und
die Hauptgrabkammer war geplündert und leer, aber ein
anderer Schacht am Portikus führte in eine bereits zu-
sammengefallene Grabkammer; und hier wurden Töpfe-
reien, zwei blaue Marmorvasen und eine ganze Reihe von
Schmuckgegenständen in Silber, Amethyst, Lapislazuli und
Karneol gefunden. Es sind Halsketten, Tiernachbildungen,
Perlen aus Halbedelsteinen usw.

Auf der Nordseite des Dammweggrabens kam man
zu der Annahme, daß dieser Graben in der Nähe des kul-
tivierten Landes sich stark verbreitern würde. Jetzt fand
man bei an diesen Punkten begonnenen Ausgrabungen eine
kleine Ziegelpyramide mit ihrer Kapelle und einer Reihe
von Gräbern gegen den Einschnitt gerichtet, so daß man
sie also auf eine spätere Zeit als den Graben datieren durfte.
Eine der Grabkapellen gegenüber dem Graben zeigt noch
Spuren von Dekorationen aus der 17. oder 18. Dynastie.
Einige konische Grabbeigaben waren mit Namen der ur-
sprünglichen Grabbesitzer gezeichnet, darunter ein Hohe-
priester des Amon, der Kanzler Tehuti, der unter Ahmes I.,
dem ersten König der 18. Dynastie gelebt hat. Ein anderer
genannter Amonpriester lebte unter Amenhotep I. So sind
diese Gräber in die Zeit von 1580 bis 1540 v. Chr. zu datieren
und die Erweiterung des Einschnittes muß schon vorher
und zwar wahrscheinlich zur Zeit der Erbauung des Damm-
weges stattgefunden haben.

Die mittlere Straße des Dammweges ist noch nicht auf-
gefunden, aber es ist kein Zweifel, daß Bäume — die ganze
Länge der Avenue entlang — sie einschlössen, und daß
sie höchstwahrscheinlich von Statuen des Mentuhotep als
Osiris, wie der Egypt Exploration Fund früher eine solche
an dem Grabtempel des Mentuhotep gefunden hatte, flan-
kiert gewesen ist.

Der Taltempel muß jenseits der jetzigen Grenze der
Wüste unter jetzt kultiviertem Grund gelegen haben. Hier
hört allerdings die Konzession der Amerikaner auf, aber sie
bezweifeln nicht, mit den Grundbesitzern eine Abmachung
für Ausgrabungen nach dem Taltempel treffen zu können. Die
Gründe, die eine Lokalisierung an dieser Stelle bedingen,
sind erstens der Fund einerStatue des Amenemhat HI. ausder
12. Dynastie in schwarzem Granit, zweitens die Erweiterung
des Dammweges zu einer Plattform und drittens die Sichtung
von Gräbern aus dem mittleren Reich, in denen die Hof-
leute sich im Tode wie zu Lebzeiten auch um ihre toten
Fürsten gruppierten. Die Anlage dieser um 2100 v. Chr.
enstandenen Bauten muß eine gewaltige und imponierende
gewesen sein. Um jene Zeit lag das Niltal einige Meter
tiefer als heutzutage, und der noch auszugrabende Taltempel,
der jetzt unter angebauten Feldern liegt, stand an dem
Rande der Wüste. Von hier gingen die Prozessionen aus

und stiegen den 1200 m langen Prozessionsweg in die
Höhe bis zu dem ersten Pylonen. Der Dammweg war
17 m breit, die Weite der ganzen Avenue betrug nicht
weniger als 90 m. In Zwischenräumen ragten Statuen des
Königs als Totengott. Auf jeder Seite standen Baumreihen
nahe aneinander, dazwischen blendende Kalksteinmauern,
die über Hügel und Täler zu dem Vorhof des Totentempels
führten.

Neben der Entdeckung des großen Dammweges, der
um 2100 v. Chr. erbaut ist und als Zugang zu dem Tempel
des Mentuhotep in Der-el-Bahari diente, hat die amerika-
nische Expedition des Metropolitan Museums noch einen
weiteren großen Erfolg zu verzeichnen. Sie stieß auf den
unvollendeten Totentempel des letzten der Ramseniden,
eines der letzten Abkömmlinge der großen Erobererkönige
von Theben, in dessen Tagen der Thron in die Hände der
Priester vollständig überging und Thebens Macht als ein-
zige Hauptstadt Ägytens für immer zu Ende ging. Die
Stelle, an der die Amerikaner diesen gewaltigen, noch 1lima\
größeren Tempel als der gewalligste Totentempel in Theben
ist, sichteten, war jener Granitblock unter den Bäumen, von
denen oben die Rede war. Dieser gehörte, wie sich später
zeigte, nicht zu Mentuhoteps Taltempel; denn man fand
unter dem Granitblock Teile eines Reliefs mit Darstellungen
von Taten Ramses IL, wie er asiatische Völkerschaften
schlug. Auch das in den Ausgrabungen des Dammweges
geschilderte Kalksteinpflaster gehört zu dieser Ramseni-
dischen Tempelanlage. Das ganze weite Feld war hier mit
Gebäudefundamenten bedeckt, zu denen Steinblock und
Plattenbelag ebenfalls gehört haben. Diese Fundamente
waren so genau zu erkennen, daß, trotzdem für andere
Bauten alles von den Mauern weggeschleppt^worden war,
sich dennoch ein Grundplan dieses Tempels rekonstruieren
ließ. Er gleicht in der Anlage durchwegs dem Tempel von
Medinet Habu, welcher von Ramses III. als sein Toten-
tempel am Rand der Wüste ungefähr 300 m südlich von dieser
Stelle erbaut worden war. Gewaltige Pylonen an der Front
führen in Medinet Habu zu zwei Höfen, die mit Papyrus-
Bündel-Säulen und viereckigen Pilastern umgeben sind, an
denen kolossale Osiris-Statuen Ramses III. stehen. Bis
jetzt ist es den Amerikanern gelungen, den Pylonenbau und
die zwei darauffolgenden Höfe des ähnlichen Baues in den
Fundamenten festzustellen. Mit den weiteren Ausgrabungen
wird zurzeit fortgefahren. — Es war nicht leicht, zu er-
kennen, für welchen König dieser Totentempel errichtet
war. Die Funde sprachen sich nicht deutlich aus, der
Ramsenide mußte nach dem Tode von Ramses III., der zu
Beginn der 20. Dynastie starb, d. h. also nach dem 1167 v.
Chr., geherrscht haben und mußte aus der 20. Dynastie selbst
stammen, da die Priesterkönige der 21. Dynastie mit den
Tempeln von Karnak, über weiche sie herrschten, sich begnügt
haben. Da man den Tempel Ramses III. zu Medinet Habu
kennt und den des Ramses IV. in dem dem Lord Car-
narvon konzessionierten Ausgrabungsgebiete weiß, da ein
gleichzeitiger Papyrus erzählt, daß der Ramses V. und IV.
zugehörige gemeinschaftliche Tempel fertig geworden ist,
während der jetzt von den Amerikanern gesichtete, wie es
scheint, nicht zur Vollendung kam, da endlich diejenigen
Ramseniden,^welche als der VII. und VIII. sowie X. und XI.
bezeichnet werden, ganz ohne Bedeutung waren in ihren
überaus kurzen Regierungszeiten, so bleiben nur Ramses IX.,
der von 1142 bis 1123, oder Ramses XII., der von 1118
bis 1069 v. Chr. regierte, als Tempelbauherren in Betracht zu
ziehen, ohne daß man genau wissen kann, welcher von den
beiden den Ruhm seiner Vorfahren in diesen gewaltigen
Tempelanlagen nachzuahmen bestrebt gewesen ist. m.
 
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