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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Zoege von Manteuffel, Kurt: Zwei Bode-Festschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0097
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Zwei Bode-Festschriften

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vorkommt. Mit dem Thema der Wanderung von
Kunstformen beschäftigt sich auch der Aufsatz von
F. von Luschan über »Zusammenhang oder Konver-
genz.« Er untersucht die Umstände, unter denen man
bei ähnlichen kulturellen Erscheinungen verschiedener
Länder eine Beeinflussung oder eine unter ähnlichen
Bedingungen an verschiedenen Orten unabhängig von
einander entstandene Ähnlichkeit (Konvergenz) anzu-
nehmen hat. Von den angeführten Beispielen heben
wir folgende hervor. Ein kleiner chinesischer Fisch
mit einem Reiter aus Nephrit im Berliner Völker-
kundemuseum muß als eine Übernahme der griechischen
Arionfigur angesehen werden. Die bekannte Gany-
medgruppe des Leocliares wäre über Indien nach dem
Bismarckarchipel gewandert und wäre letzten Endes das
Vorbild für primitive Holzschnitzereien, die einen
Vogel mit einem Menschen oder einer Schlange in
den Klauen darstellen. In die neue Welt führt auch
Eduard Seiers Untersuchung über ein fast einzigartiges
altperuanisches Gewebe aus Nazca im peruanischen
Küstenlande. Das dekorativ wie farbig hervorragend
schöne Stück, das mit Dämonenfiguren bestickt ist,
gehört, wie der Vergleich mit altperuanischen, in Gräbern
gefundenen Töpfen beweist, der älteren Ica-Kultur an.
Der dargestellte Dämon ist der, auch auf Töpfen
häufig vorkommende »Herr der fünf Himmelsrich-
tungen«, der vom Himmel herabkommt und den
Menschen die Lebensmittel schenkt.

Aus dem Münzkabinett stammen zwei Aufsätze.
Kurt Regling schreibt über die kunsthistorische Stel-
lung byzantinischer Münzen und kommt zu dem
Resultat, daß die Blütezeit der Münzprägung in Byzanz
etwa in das 10. und 11. Jahrhundert fällt. Die um
diese Zeit geprägten Stücke zeigen eine sehr stilge-
rechte und sichere künstlerische Durchbildung. Die
frühbyzantinischen Münzen dagegen sind konventionell
und schablonenhaft, die der Spätzeit zeigen einen
deutlichen Verfall der künstlerischen Qualität. Am
Schluß des Bandes steht ein Aufsatz von Julius Me-
nadier, der eine Schaumünze mit den Bildnissen des
Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg, seiner Söhne
Johann Georg und Sigismund und seines Enkels
Joachim Friedrich behandelt. Das interessante Stück,
dessen Rückseite einen Triumphzug der genannten
Fürsten zeigt, muß von einem Berliner, allerdings
nicht sicher zu bestimmenden Medailleur stammen.
Im Anschluß an dieses Stück beschreibt der Verfasser
noch einige andere hohenzollernsche Schaumünzen
des 16. und 17. Jahrhunderts, unter denen sich einige
von hoher Qualität befinden.

* *

Das »Verzeichnis der Schriften Wilhelm von Bodes«
wurde von einem der bekanntesten Berliner Sammler,
Marcus Kappel, dem Jubilar überreicht; durch ihn
wurde auch seine Zusammenstellung und Heraus-
gabe ermöglicht. Mit einem kurzen Widmungswort
hat es M. J. Friedländer begleitet. Diese drei Seiten
sind vielleicht das Prägnanteste, was gelegentlich dieses
Festes über Bode geschrieben wurde. Sie umreißen
die Linien seiner Persönlichkeit, schildern die Färbung

seiner Tätigkeit mit einer vollendeten Sicherheit, die
wie die Quintessenz aus den Erfahrungen und Erleb-
nissen einer jahrelangen Mitarbeit in der nächsten
Nähe des Meisters wirkt. Die große Arbeit dieses
Buches fiel Ignaz Beth zu, der seit mehreren Jahren
die »Internationale Bibliographie der Kunstwissenschaft«
herausgibt und dadurch zu einer derartigen Aufgabe
vor Allen berufen schien. Und die Aufgabe war
nicht leicht. Bei der weitgreifenden literarischen
Tätigkeit Bodes mußten die verschiedenartigsten Publi-
kationen und Zeitschriften durchgesehen und manches
Vergessene an entlegendsten Stellen wieder aufgesucht
werden. Das ist denn auch mit aller Sorgfalt ge-
schehen. Die Ordnung der Aufsätze und Bücher ist
in einem ersten Teil, der ausführliche Nachweise gibt,
in chronologischer Reihe vorgenommen. Ein zweiter
nach sachlichen Gesichtspunkten geordneter Teil soll
zur Übersicht über die behandelten Gebiete dienen.
Er gibt daher nur die Überschriften und verweist
auf die Nummernfolge des ersten Teils. Ganz weg-
gelassen sind anonyme Artikel und die Mehrzahl der
unter Chiffern erschienenen; Aufsätzeaus Tageszeitungen
und populären Zeitschriften sind nurdannaufgenommen,
wenn ihnen eine dauernde Bedeutung zukommt. Diese
Einschränkung auf das dauernd Wertvolle verteidigt
Beth in seiner »Vorbemerkung« mit guten Gründen.
Hätte doch die Aufnahme alles je Gedruckten die
Zusammenstellung unnütz beschwert und das Bild von
Bodes literarischer Tätigkeit gefälscht. Von den wissen-
schaftlichen Aufsätzen fehlt sicher keiner.

Mit dem Jahre 1869 setzt die wissenschaftliche
Arbeit Bodes ein. Bilderbesprechungen aus der
Braunschweiger Galerie, die ihm zuerst die alt-
niederländische Kunst näherbrachte, machen den
Anfang. Es folgen Studien aus anderen Galerien
Deutschlands, zusammenfassende Aufsätze über einzelne
niederländische Maler, Rezensionen neuerschienener
Bücher über die niederländische Malerei. Ihren ersten
vorläufigen Abschluß finden diese Arbeiten in den
grundlegenden »Studien zur Geschichte der hollän-
dischen Malerei« von 1883. Aber schon 1878 tritt
ein neues Forschungsgebiet auf. Die italienische Früh-
renaissanceplastik wird zuerst in Dohmes »Kunst und
Künstler«, dann in zahlreichen Zeitschriftenaufsätzen
und Einzelpublikationen behandelt. Seit 1883 kommt
die italienische Malerei des Quattrocento hinzu. Der
Kreis erweitert sich immer mehr und umfaßt bald
das ganze Gebiet der italienischen Malerei und Plastik.
Seit 1879 besorgt Bode die zahlreichen Neuauflagen
von Burckhardts »Cicerone« und legt in ihnen die Re-
sultate seiner Forschungen nieder. 1887 ist das Ge-
biet der deutschen Plastik erobert. Es erscheint die
erste »Geschichte der deutschen Plastik«, zugleich mit
einem Werk über »Italienische Bildhauer der Renais-
sance«. Und immer höher schwillt die Fülle der
Gegenstände: Orientalische Teppiche, italienischeMöbel,
altflorentinische Majoliken werden in bahnbrechenden
Arbeiten behandelt; gelegentlich erscheinen Aufsätze
über moderne Maler und Radierer, neues Kunstge-
werbe; dazwischen aktuelle Artikel über Museums-
fragen, über Denkmalpflege, Kunsthandel, Ausstellungen.
 
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