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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Zoege von Manteuffel, Kurt: Zwei Bode-Festschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0096

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179 Zwei Bode-Festschriften l8o

brisch bestimmt) darstellend, zum Ausgangspunkt, um
die Strömungen zu untersuchen, die im 13. Jahrhundert
die toskanisch-umbrische Malerei beherrschten. Das
Resultat ist etwa, daß eine stark byzantinisch beein-
flußte Richtung, deren Ausgangspunkt Pisa ist, mit
einer einheimischen verschiedenartige Verbindungen
eingeht, wobei in Florenz die byzantinischen Elemente,
in Siena die einheimischen vorherrschen. Als dritter
Faktor kommt gegen Ende des Jahrhunderts ein starker
französisch-gotischer Einschlag hinzu, der besonders
auch in Umbrien eine starke Wirkung ausübt. — Eine
bisher fast ganz übersehene signierte Zeichnung von
Dürer mit der Darstellung des Salomourteils führt
Max J. Friedländer in die kunstgeschichtliche Literatur
ein. Wie er nachweist, ist sie offenbar die Kopie eines
italienischen Gemäldes und daher wahrscheinlich in
der Zeit von Dürers Aufenthalt in Venedig entstanden.
Die von Friedländer zur Diskussion gestellte Frage,
ob es sich um eine Kopie nach Oiorgiones nur durch
Zahlungsurkunden bekannten Bilde für den Gerichts-
saal des Dogenpalastes handele (für das man eine
derartige Darstellung wohl vermuten kann), ist schwer-
lich zu bejahen. Als sicher ist aber wohl anzunehmen,
daß das Original aus der Schule Giovanni Bellinis
stammte. — Peter Jessen bespricht einen Pokalentwurf,
der vor einigen Jahren als Arbeit des Etienne Delaune
in die Bibliothek des Kunstgewerbemuseums gelangte.
Seine Bestimmung als deutsche Arbeit des 16. Jahr-
hunderts wird durch Jessen sichergestellt. Die ver-
suchte Zuschreibung an den jüngeren Holbein dürfte
aber doch einigen Widerspruch erregen. — Das »Werk«
eines sehr seltenen holländischen Malers stellt Eduard
Plietzsch zum erstenmal zusammen. Es handelt sich
um Paulus Bor aus Amersfoort, von dem im Ganzen
noch 9 Bilder nachzuweisen sind, während seine be-
deutendsten Malereien im Schloß Honselaarsdyck zer-
stört und, wie Plietzsch nachweist, z. T. in Zeich-
nungen des Kupferstichkabinetts im Entwurf erhalten
sind. Der Künstler, der etwa um 1600 geboren sein
dürfte, hat, wie aus dem zusammengestellten Werke
hervorgeht, sehr verschiedenartige Einflüsse von gleich-
zeitigen Holländern erfahren; am stärksten hat Rem-
brandt auf ihn gewirkt. Eine sicher bezeugte italienische
Reise ist fast ohne Einfluß auf seine Kunst geblieben.

Otto von Falke hat eine sehr wichtige Unter-
suchung über Peter Flötner und die noch so wenig
erforschte süddeutsche Tischlerei der Renaissancezeit
beigesteuert. Man darf nach seinen Ausführungen an-
nehmen, daß dieser Führer der nürnbergischen Re-
naissancebewegung nicht nur als Musterzeichner und
Bautischler, sondern auch als Möbeltischler tätig war.
In seiner Werkstatt müssen der Holzschuherschrank
von 1541 im Germanischen Museum zu Nürnberg
und ein sehr ähnlicher Schrank im Kunstgewerbe-
museum zu Berlin, sowie der bekannte Bandwirker-
rahmen und acht Brettsteine derselben Sammlung ent-
standen sein. Eine wichtige Gruppe von sieben ver-
wandten Schränken gehört einem seiner Schüler, der
seinen Stil später in die Bodenseegegend verpflanzt
hat. Dorthin möchte Falke auch den bekannten Meister
H. S. versetzt wissen, der bisher für einen Nürnberger

gehalten wurde, während seine Arbeiten einerseits nach
Augsburg, andererseits nach dem Thurgau weisen.
Sein Schüler dürfte dann wieder der sogenannte Meister
H. S. sein. Einen zweiten Beitrag aus dem Gebiet
des Kunstgewerbes bringt Frida Schottmüller mit ihrer
Besprechung eines Teppichs im Kaiser-Friedrich-Mu-
seum, der Darstellungen aus der Europasage, Herkules
und Lydias und den Raub der Proserpina zeigt. Er
gehört zu jener kleinen Gruppe von Teppichen der
Frührenaissance, die nach Kartons italienischer Maler
in den Niederlanden oder in Italien von niederlän-
dischen Wirkern ausgeführt wurden. Für das vor-
liegende Stück möchte die Verfasserin eine Vorlage
aus dem Kreise der ferraresischen Maler vom Ende
des 15. Jahrhunderts annehmen; sie denkt etwa an
Escole de'Roberti. Auch als Ort der Ausführung
schlägt sie Ferrara vor, wo im 15. Jahrhundert eine
1436 von dem Flamen Giovanni d'Angelo begrün-
dete Teppichwirkerei bestand. Jedoch ist auch bei dieser
Arbeit eine Vermischung italienischer, der Voilage an-
gehöriger Stilelemente mit niederländischen, vom aus-
führenden Atelier eingeführten deutlich zu erkennen.

Von weitgreifendster Art ist der Aufsatz von
C. Schuchhardt über den nordischen Einfluß im my-
kenischen Ornament. Der Verfasser geht von einem
in Berlin gefundenen, zur Gruppe der thüringischen
Schnurkeramik gehörigen Topf aus und zeigt zuerst,
daß die Verzierungsart mit eingeritztem sog. Schnur-
ornament von dem Flechtornament der Megalithkultur
Nordwestdeutschlands und Skandinaviens abhängig ist
und nur die Verkümmerung eines solchen Ornaments
ist. Dann stellt Schuchhardt die interessante Hypo-
these auf, dieses Ornament sei durch Böhmen und
Slavonien nach Süden gewandert, wo es in Apulien
und Sizilien auftritt und dort das einheimische Orna-
ment verdrängt und andererseits in der mykenischen
Kunst Bedeutung gewinnt. Dabei paßt es sich den bereits
vorhandenen einheimischen Gefäßformen an und wird
aus einem Ritzornament ein gemaltes. Besonders
überraschend ist, wie der Verfasser mehrere der be-
kanntesten Motive der mykenischen Dekoration als
von der lebhafteren südlichen Phantasie bereicherte
und umgewandelte Motive der einfachen, nordischen
Flechtmotive erklärt. Darunter fällt auch jenes be-
rühmte Ornament des Alabasterfrieses aus Tiryns, das
bei seinem ersten Bekanntwerden fälschlich als eine
Vorstufe des klassischen Triglyphenfrieses angesprochen
wurde. Als Haupfargument für die Richtung der er-
wähnten Wanderung erscheint, daß die erwähnten
Motive im Norden und in Thessalien in der Steinzeit,
weiter im Süden aber in der Kupferzeit und in der
Bronzezeit, ja selbst noch später auftreten. Ähnliche
Wanderungen künstlerischer Formen behandelt Albert
Grünwedel in seinem »Athene-Vajrapani« genannten
Aufsatz. Er führt aus, wie griechische Kunstwerke
bis nach Chinesisch-Turkestan ihre Wirkung üben.
Insbesondere möchte er als Vorbild für eine Figur
des Vajrapani aus der Kaminhöhle von Qyzyl eine
archaistische Figur der Athena Promachos angesehen
wissen, die in Turkestan bekannt gewesen sein muß,
da sie auf einem mehrfach dort benutzten Siegel
 
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