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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Ein englisches Urteil über deutsche kunstwissenschaftliche Publikationen und ihre Zukunft nach dem Kriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0029

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45

Nekrologe

46

Nach einigen Bemerkungen über die Anordnung der Illu-
strationen im Text, die der Rezensent unpraktisch findet,
was hier aber ohne Interesse ist, schließt Conway seine
Besprechung mit folgender Anpreisung: »Alles in allem,
das Buch gehört zu jenen, die in jeder Kunstbibliothek
vorhanden sein müßten, aber da jetzt niemand ein Exemplar
aus Deutschland beziehen kann, ohne in verräterischer
Weise mit dem Feinde Handel zu treiben, werden sich
verspätete Abnehmer ohne dasselbe behelfen müssen, so-
lange der Krieg dauert.«

* . *

*

Ach, ach, wir törichten Deutschen, die wir so befähigt
waren, »geisteswissenschaftliche Arbeit für die Welt im all-
gemeinen« zu verrichten und diese, auch \»on Sir Martin
Conway wohlwollend gebilligte Tätigkeit nun durch das
»eitle Bestreben, die Weltherrschaft zu erlangen, für wenig-
stens ein Menschenalter vernichtet« haben —!

So sei denn, in der Hoffnung, daß, so wie uns jener
Aufsatz des Burlington Magazine nicht entgangen ist, auch
diese Zeilen den Herren drüben zu Gesicht kommen mögen,
ihnen folgendes mitgeteilt: das »zum Untergang verdammte
Unternehmen« über die Bayerischen Kirchenschätze schreitet
ohne Stockung fort. Prof. Bassermann-Jordan beschäftigt
sich jetzt mit der Drucklegung des zweiten Bandes und
den Vorarbeiten für spätere Bände.

Auch die Unternehmungen des Deutschen Vereins für
Kunstwissenschaft sind nicht ein für allemal tot und erledigt;
die angefangenen Arbeiten nehmen ihren ruhigen Fortgang,
und gerade für eine wichtige neue Veröffentlichung, näm-
lich »Die Deutschen Kaiser-Pfalzen« ist letzter Tage das
umfangreiche Material zum ersten Bande vom Herausgeber
dem Verleger übergeben worden, so daß die Drucklegung
nächstens beginnen wird. Bekanntlich läßt sich ja auch
unser großes Künstlerlexikon durch den Krieg nicht stören;
mit ruhiger Sicherheit ist der elfte Band während des Krieges
ausgegeben worden und der zwölfte derzeit unler der Presse.

Wohingegen es auf dem französischen Büchermarkte
sehr böse auszusehen scheint: nach den sicheren Nach-
richten, die wir fortlaufend über den Inhalt der Bibliographie
de la France erhalten, erscheint seit Kriegsausbruch ernst-
hafte, gewichtige Literatur in Frankreich nur noch spärlich;
daß die Gazette des Beaux Arts ihr Erscheinen schon seit
einem Jahre unterbrochen hat, wissen unsere Leser ja bereits.
Auf dem englischen Büchermärkte werden die Verände-
rungen verhältnismäßig weniger stark sein, weil, wie Conway
uns ja selbst hier bestätigt, schon im Frieden die englische
Produktion an bedeutenden wissenschaftlichen Unterneh-
mungen gering war, sogar die größeren Werke oft nur
durch Mithilfe von amerikanischen Verlegern zustande zu
kommen pflegten.

Wenn ein kluger und uns vor dem Kriege als deutsch-
freundlich bekannter Mann wie Sir Martin Conway sich
so wenig Mühe gibt, von den Dingen jenseit des Kanals
klare Vorstell ungen zu haben, gleichzeitig aber in seiner
eigenen Heimat, die er doch sicher gut kennt, solche
Lücken findet: so dürfen wir es getrost abwarten, in wel-
chem Lande das wissenschaftliche Geistesleben bald als
eine Periode bezeichnet werden muß, »die ebenso tot und
vergangen ist, wie die Feudalzeit«.

NEKROLOGE

Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Otto Rasch-

lo«"ff ist am 14. Oktober in Berlin verstorben. Er hat nur
m Alter von 62Jahren erreicht und folgte seinem berühmteren
'ater, dessen Schüler er als Architekt gewesen ist, bereits
ach einem Jahre im Tode. 1881 wurde Otto Raschdorff

Regierungsbaumeister und zugleich Dozent für Architektur-
zeichnen an der Charlottenburger Hochschule. Als Archi-
tekt betätigte er sich in der Hauptsache an den Bauten
seines Vaters, insbesondere dem Berliner Dome. Seine
eigenen Arbeiten waren mehr architekturgeschichtlicher Art.
So behandelte er die Rheinischen Holz- und Fachwerk-
bauten des 16. und 17. Jahrhunderts und die venezianische
Palastarchitektur der Renaissance. Bekannt ist auch seine
Mitwirkung bei den Ausgrabungen in Pergamon, über die
er eine Publikation herausgegeben hat.

Prof. Dr. Wolfgang Heibig ist sechsundsiebzigjährig
in Rom gestorben. Seit einem halben Jahrhundert war er
in der ewigen Stadt ansässig und hatte hier eine zweite
Heimat gefunden. Sein Haus auf dem Janiculum war vielen
Deutschen, die nach Rom kamen, wohlbekannt. Auch die
Kaiserin Friedrich war eine regelmäßige Besucherin. Die
deutsch-italienischen Beziehungen fanden hier eifrige Pflege,
und der Treubruch unserer ehemaligen Bundesgenossen
mag dem greisen Gelehrten seinen Lebensabend verbittert
haben. Helbigs Name ist der klassischen Epoche deutscher
Archäologie aufs engste verknüpft. Er war ein Schüler
Ritschis, Welckers und Otto Jahns. Als er ein Jahr nach
seiner Promotion im Jahre 1861 als einer der ersten Stipen-
diaten des deutschen Archäologischen Instituts nach Rom
ging, war sein Landsmann Richard Schöne sein Begleiter.
In Rom traf er Heinrich Brunn. 1865 verließ dieser Ita-
lien, um nach München zu gehen und eine Professur zu
übernehmen, und Heibig teilte sich mit dem Epigraphiker
Henzen in die Nachfolgerschaft am Institut. Zwanzig Jahre
lang waltete er des Amtes als zweiter Sekretär, um sich
dann aus dem Staatsdienste zurückzuziehen und ganz seinen
Forschungen zu leben. Sein bekanntestes literarisches Werk
ist der »Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer
Altertümer in Rom«, ein in seiner Art ebenso unentbehr-
liches Handbuch wie Burckhardts Cicerone. Untersuchungen
über die antike Malerei, Forschungen zum Homerischen
Epos, Studien über die mykenische Frage, den Dipylonstil
und manche andere Veröffentlichung zeugt von dem tief-
gründigen Wissen des Mannes, dessen Name immer zu den
besten in der stattlichen Reihe der deutschen Archäologen
zählen wird.

Sir William van Hörne f. Am 11. September starb
in Montreal (Kanada) Sir William van Hörne im 73. Lebens-
jahre. Der Mitbegründer der Canadian Pacific und Organi-
sator gewaltiger Finanzunternehmungen war in seinen
Mußestunden Maler und schuf recht talentierte Landschaften
im Geschmack der Schotten. Weit Bedeutenderes aber hat
er als Sammler geleistet. Er hat es verstanden, als Mann
von durchaus eigenem Urteil und persönlichem feinem Ge-
schmack eine der bedeutendsten Sammlungen chinesischer
und japanischer Keramik zusammenzubringen und mit
großem Geschick eine Reihe ausgezeichneter Werke älterer
und moderner Malerei zu einer der wertvollsten Galerien
Nordamerikas zusammenzuschließen. Auf weite Kreise hat
van Hornes Sammeltätigkeit vorbildlich gewirkt. In der
Galerie sind Rembrandt, Hals, Greco und Goya mit mehreren
Hauptstücken vertreten, daneben Velasquez, Zurbaran,
Guardi, Cranach und van der Heist; unter den modernen
ist Daumier ungewöhnlich glänzend durch fünf Arbeiten
repräsentiert. Ferner sieht man vorzügliche Arbeiten von
Gericault, Rousseau, Delacroix, Courbet, Millet, Lautrec
und Cezanne. Es ist wohl nicht ausgeschlossen,' daß ein
größerer Teil der Sammlung letztwillig dem städtischen
Museum von Montreal vermacht worden ist. „ /

Mit dem am 4. Oktober verstorbenen Professor Max
Baumbach ist ein bekannter Berliner Bildhauer dahinge-
 
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