Personalien — Denkmalpflege — Wettbewerbe — Funde — Sammlungen 148
Stücke im Handel und in ausländischen Kunstsamm-
lungen aufgetaucht, dieses ganze unvergleichliche
Material zur Kenntnis der österreichischen Plastik, das
die Akademie schon aus Pietät treu zu hüten ver-
pflichtet gewesen wäre, ist für Österreich unwieder-
bringlich verloren. Völlig unwürdig ist auch die
Verwahrung der Handzeichnungen. Zu hunderten
ungeordnet in zu kleinen Kartons eingepfercht, Meister-
zeichnungen aller Zeiten und Schülerübungen wahl-
los durcheinandergeworfen, empörend für den Kunst-
historiker, der in diesem zum Wust degradierten
Reichtum etwas sucht; denn es handelt sich um eine
so ungeheure Fülle von Blättern, daß die Bibliotheks-
beamten der Akademie, die dem Benützer die Unzu-
länglichkeit der Aufstellung durch liebenswürdiges
Entgegenkommen weniger merkbar zu machen ver-
suchen, trotz eifriger Bemühung in den letzten Jahren
nicht imstande sind, hier gründliche Wandlung und
eine anständigere Ordnung zu schaffen. Und da sollten
die Kunsthistoriker wirklich erst von den Künstlern
zu lernen haben, wie man mit dem ehrwürdigen Erbe
alter Kunst umzugehen hat? HANS TIETZE.
PERSONALIEN
Otto Hauser, der bekannte Prähistoriker, hatte bei
Beginn des Krieges seine Ausgrabungsstätte in der Dor-
dogne im Stiche lassen müssen. Jetzt hat er durch Ver-
mittlung der Schweizer Regierung von der französischen
Regierung die Erlaubnis erhalten, nach Beendigung des
Krieges in seinen Pachtungen weiter zu graben. Diese
Pachtungen sind entgegen den zuerst aufgetretenen Ge-
rüchten nur wenig beschädigt. Die ihm aufgezwungene
Muße hat Hauser, wie Qeimrat Schuchhardt in der Sitzung
der Berliner anthropologischen Gesellschaft mitteilen konnte,
dazu benutzt, ein großes Werk über die Station von La
Micocque zu schreiben.
Professor Dr. Georg Biermann ist zum General-
direktor der Städtischen Kunstsammlungen in Köln
ernannt worden.
Ludwig Dettmann, der seit 1904 an der Spitze der
Akademie in Königsberg steht, hat sich entschlossen, dieses
Amt eines Leiters freiwillig niederzulegen; er will als freier
Künstler in Berlin leben. Dettmann hat verstanden, dem
Königsberger Kunstleben neuen Inhalt zu geben, vor allem
gelang es ihm, frische bedeutendere Kräfte nach Königsberg
zu ziehen; hier brauchen nur Namen wie Karl Albrecht,
Olaf Jernberg, Otto Heichert und Heinrich Wolff genannt
zu werden. In diesem Zusammenwirken sind denn auch
eine ganze Reihe tüchtiger Künstler gebildet worden, die
sich bald selber einen Namen geschaffen haben und damit
auch den Ruf ihrer Lehrer weiter trugen, wie z. B.
Waldemar Rösler, Theo von Brockhusen. Dettmanns
Name ist besonders wieder in letzter Zeit viel genannt
worden anläßlich der Ausstellung von Bildern, die er auf
dem östlichen Kriegsschauplatze geschaffen hat.
DENKMALPFLEGE
Frankfurt an der Oder will seinen alten Rathaus-
giebel weiter ausgestalten. An dem reichen gotischen
Mittelbau ist das mittlere Portal von altersher geschlossen;
die hierdurch gebildete Nische zwischen den beiden anderen
Eingangstüren soll nunmehr künstlerisch ausgebildet und
geschmückt werden. Der architektonische Gedanke hierzu
stammt von dem jüngst zum Direktor der Königsberger
Kunstgewerbeschule berufenen bekannten Berliner Archi-
tekten Regierungs-Baumeister Edmund May. Er sieht das
Standbild eines trutzigen mittelalterlichen Kriegers vor, der
unter einem einheitlich zur Giebelarchitektur durchgebil-
deten Baldachin vor der Nische stehen soll. Die plastische
Gestaltung des Ritters liegt in der Hand des Stuttgarter Bild-
hauers Bruno May. Das Modell ist bereits vollendet; mit der
endgültigen Ausführung wird demnächst begonnen werden.
WETTBEWERBE
Preisverteilung in der Berliner Akademie der
Künste. Den für das Jahr 1915 auf dem Gebiete der
Malerei ausgeschriebenen Schmidt-Michelsen-Preis in
Höhe von 1500 Mark zu Stipendienzwecken wurde auf
Grund des Urteils der Preisrichter dem Maler Walter
Miehe verliehen. Die zu diesem Wettbewerb eingelaufenen
Arbeiten werden in den Räumen der Akademie öffentlich
ausgestellt.
FUNDE
Bei der Durchführung von Innenherstellungen in der
Sollislauer Kirche in Böhmen kamen an der nördlichen
Schiffswand der Kirche Bruchstücke eines Freskos zum
Vorschein, das anscheinend den auferstandenen Heiland
mit der Familie des Stifters darstellt. Das ganz verblaßte
und stark beschädigte Bild, das nur die untere Hälfte der
Heilandsfigur und einige Bruchstücke der knienden Ritter
deutlicher erkennen ließ, gehört wahrscheinlich der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts an. Leider war eine Erhaltung
der ganz zusammenhanglosen Fresken nicht möglich, und
ihre Übertünchung ist beschlossen.
SAMMLUNGEN
Die Handschriftenabteilung der Berliner könig-
lichen Bibliothek hat trotz des Krieges erfreulichen Zu-
wachs zu verzeichnen. Nicht weniger als 102 Handschriften
in abendländischen Sprachen, darunter 45 in deutscher
Sprache, kamen in die Sammlung, ferner noch 45 in orien-
talischen Sprachen. Von diesen 147 Neuerwerbungen wur-
den 6 der Abteilung zum Geschenk gemacht. Besonders
erwähnenswert sind unter den deutschen Handschriften
ein Gebetbuch aus dem 14./15. Jahrhundert mit Miniaturen
nach älteren Vorbildern, das Schachbuch des Jacobus
de Cassollis, um 1430 entstanden mit 14 kolorierten Feder-
zeichnungen; Otto von Passau: Die 24 Alten, geschrieben
1462, mit getuschten Federzeichnungen; ein Missale in
niederländischer Übersetzung, um 1450 entstanden; die
Historie von der schönen Magelone mit Federzeichnungen,
aus der Zeit um 1500.
Sieben der orientalischen Handschriften sind besonders
wichtig wegen ihrer Herkunft aus den Küstengebieten des
Meerbusens von Guinea. Eine davon enthält 30 Porträts
osmanischer Sultane. Ferner ist noch zu nennen die tür-
kische Reichschronik in zwei Prachtbänden, eine auf Birken-
rinde in Säradä-Charakteren geschriebene Handschrift eines
Fragmentes aus der Kasimir-Rezension des Rämäyana,
endlich eine Chronik der Stadt Muang Hongsavadi, der
Hauptstadt von Pegu, in siamesischer Sprache.
Stücke im Handel und in ausländischen Kunstsamm-
lungen aufgetaucht, dieses ganze unvergleichliche
Material zur Kenntnis der österreichischen Plastik, das
die Akademie schon aus Pietät treu zu hüten ver-
pflichtet gewesen wäre, ist für Österreich unwieder-
bringlich verloren. Völlig unwürdig ist auch die
Verwahrung der Handzeichnungen. Zu hunderten
ungeordnet in zu kleinen Kartons eingepfercht, Meister-
zeichnungen aller Zeiten und Schülerübungen wahl-
los durcheinandergeworfen, empörend für den Kunst-
historiker, der in diesem zum Wust degradierten
Reichtum etwas sucht; denn es handelt sich um eine
so ungeheure Fülle von Blättern, daß die Bibliotheks-
beamten der Akademie, die dem Benützer die Unzu-
länglichkeit der Aufstellung durch liebenswürdiges
Entgegenkommen weniger merkbar zu machen ver-
suchen, trotz eifriger Bemühung in den letzten Jahren
nicht imstande sind, hier gründliche Wandlung und
eine anständigere Ordnung zu schaffen. Und da sollten
die Kunsthistoriker wirklich erst von den Künstlern
zu lernen haben, wie man mit dem ehrwürdigen Erbe
alter Kunst umzugehen hat? HANS TIETZE.
PERSONALIEN
Otto Hauser, der bekannte Prähistoriker, hatte bei
Beginn des Krieges seine Ausgrabungsstätte in der Dor-
dogne im Stiche lassen müssen. Jetzt hat er durch Ver-
mittlung der Schweizer Regierung von der französischen
Regierung die Erlaubnis erhalten, nach Beendigung des
Krieges in seinen Pachtungen weiter zu graben. Diese
Pachtungen sind entgegen den zuerst aufgetretenen Ge-
rüchten nur wenig beschädigt. Die ihm aufgezwungene
Muße hat Hauser, wie Qeimrat Schuchhardt in der Sitzung
der Berliner anthropologischen Gesellschaft mitteilen konnte,
dazu benutzt, ein großes Werk über die Station von La
Micocque zu schreiben.
Professor Dr. Georg Biermann ist zum General-
direktor der Städtischen Kunstsammlungen in Köln
ernannt worden.
Ludwig Dettmann, der seit 1904 an der Spitze der
Akademie in Königsberg steht, hat sich entschlossen, dieses
Amt eines Leiters freiwillig niederzulegen; er will als freier
Künstler in Berlin leben. Dettmann hat verstanden, dem
Königsberger Kunstleben neuen Inhalt zu geben, vor allem
gelang es ihm, frische bedeutendere Kräfte nach Königsberg
zu ziehen; hier brauchen nur Namen wie Karl Albrecht,
Olaf Jernberg, Otto Heichert und Heinrich Wolff genannt
zu werden. In diesem Zusammenwirken sind denn auch
eine ganze Reihe tüchtiger Künstler gebildet worden, die
sich bald selber einen Namen geschaffen haben und damit
auch den Ruf ihrer Lehrer weiter trugen, wie z. B.
Waldemar Rösler, Theo von Brockhusen. Dettmanns
Name ist besonders wieder in letzter Zeit viel genannt
worden anläßlich der Ausstellung von Bildern, die er auf
dem östlichen Kriegsschauplatze geschaffen hat.
DENKMALPFLEGE
Frankfurt an der Oder will seinen alten Rathaus-
giebel weiter ausgestalten. An dem reichen gotischen
Mittelbau ist das mittlere Portal von altersher geschlossen;
die hierdurch gebildete Nische zwischen den beiden anderen
Eingangstüren soll nunmehr künstlerisch ausgebildet und
geschmückt werden. Der architektonische Gedanke hierzu
stammt von dem jüngst zum Direktor der Königsberger
Kunstgewerbeschule berufenen bekannten Berliner Archi-
tekten Regierungs-Baumeister Edmund May. Er sieht das
Standbild eines trutzigen mittelalterlichen Kriegers vor, der
unter einem einheitlich zur Giebelarchitektur durchgebil-
deten Baldachin vor der Nische stehen soll. Die plastische
Gestaltung des Ritters liegt in der Hand des Stuttgarter Bild-
hauers Bruno May. Das Modell ist bereits vollendet; mit der
endgültigen Ausführung wird demnächst begonnen werden.
WETTBEWERBE
Preisverteilung in der Berliner Akademie der
Künste. Den für das Jahr 1915 auf dem Gebiete der
Malerei ausgeschriebenen Schmidt-Michelsen-Preis in
Höhe von 1500 Mark zu Stipendienzwecken wurde auf
Grund des Urteils der Preisrichter dem Maler Walter
Miehe verliehen. Die zu diesem Wettbewerb eingelaufenen
Arbeiten werden in den Räumen der Akademie öffentlich
ausgestellt.
FUNDE
Bei der Durchführung von Innenherstellungen in der
Sollislauer Kirche in Böhmen kamen an der nördlichen
Schiffswand der Kirche Bruchstücke eines Freskos zum
Vorschein, das anscheinend den auferstandenen Heiland
mit der Familie des Stifters darstellt. Das ganz verblaßte
und stark beschädigte Bild, das nur die untere Hälfte der
Heilandsfigur und einige Bruchstücke der knienden Ritter
deutlicher erkennen ließ, gehört wahrscheinlich der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts an. Leider war eine Erhaltung
der ganz zusammenhanglosen Fresken nicht möglich, und
ihre Übertünchung ist beschlossen.
SAMMLUNGEN
Die Handschriftenabteilung der Berliner könig-
lichen Bibliothek hat trotz des Krieges erfreulichen Zu-
wachs zu verzeichnen. Nicht weniger als 102 Handschriften
in abendländischen Sprachen, darunter 45 in deutscher
Sprache, kamen in die Sammlung, ferner noch 45 in orien-
talischen Sprachen. Von diesen 147 Neuerwerbungen wur-
den 6 der Abteilung zum Geschenk gemacht. Besonders
erwähnenswert sind unter den deutschen Handschriften
ein Gebetbuch aus dem 14./15. Jahrhundert mit Miniaturen
nach älteren Vorbildern, das Schachbuch des Jacobus
de Cassollis, um 1430 entstanden mit 14 kolorierten Feder-
zeichnungen; Otto von Passau: Die 24 Alten, geschrieben
1462, mit getuschten Federzeichnungen; ein Missale in
niederländischer Übersetzung, um 1450 entstanden; die
Historie von der schönen Magelone mit Federzeichnungen,
aus der Zeit um 1500.
Sieben der orientalischen Handschriften sind besonders
wichtig wegen ihrer Herkunft aus den Küstengebieten des
Meerbusens von Guinea. Eine davon enthält 30 Porträts
osmanischer Sultane. Ferner ist noch zu nennen die tür-
kische Reichschronik in zwei Prachtbänden, eine auf Birken-
rinde in Säradä-Charakteren geschriebene Handschrift eines
Fragmentes aus der Kasimir-Rezension des Rämäyana,
endlich eine Chronik der Stadt Muang Hongsavadi, der
Hauptstadt von Pegu, in siamesischer Sprache.