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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Fritz Burger
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Daun, Berthold: Nicht Veit Stoss, sondern Meister Paul
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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXVII. Jahrgang 1915/1916 Nr. 36. 2. Juni 1916

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11 a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

FRITZ BURGER |

Am 22. Mai hat Fritz Burger als Artillerieoffizier
vor Verdun im Kampf fürs Vaterland sein Leben
lassen müssen. Erst 38 Jahre war er alt, so viel hatte
er noch vor, so viel läßt er unvollendet zurück. Nicht
alle waren ihm als Universitätslehrer und als schreiben-
dem Kunsthistoriker hold. Aber heute, wo er von uns
genommen ist, werden wohl auch seine wissenschaft-
lichen Gegner mit seinen Freunden darin überein-
stimmen, daß Fritz Burger eine Persönlichkeit war,
ein vollsaftiger Mensch, dem die Kunst nicht etwas
war, worüber sich alles mögliche sagen und schreiben
läßt, sondern der ein wahrhaftiges, enges Verhältnis
zur Kunst hatte, der mit der Leidenschaft und der
Begeisterung eines Apostels seine Ideen verkündete,
unbekümmert darum, ob er damit Gefallen erregte
oder nicht. Burger war eine durch und durch roman-
tische Natur. Es ist das Tragische in seinem. Leben,
daß es bei ihm zum malenden Künstler nicht ganz
langte (wenngleich er Talent zum Malen und Bild-
hauern besaß wie viele andere, die als Künstler sich
und anderen das Leben verbittern), auf der anderen
Seite er sich an den »trockenen Ton«, an wissen-
schaftliche Klarheit und Einfachheit nie recht gewöhnen
wollte und konnte. Burger war mit fast zu vielen
Talenten ausgestattet, vielseitig interessiert, für Tech-
nisches nicht weniger wie für Kunstphilosophisches,
und so ist naturgemäß bei einer zu geringen wissen-
schaftlichen Selbstzucht ein gewisser dilettantischer Zug
nicht ausgeblieben.

Eine außergewöhnliche Arbeitskraft war ihm eigen
und nicht minder eine große Rednergabe. Wie er
begeistert war, wußte er auch seinen Hörern Be-
geisterung mitzuteilen. Mit Kleinigkeiten gab sich
Burger nicht ab, er ging immer aufs Ganze. Daß
ein großer Zug in allem liegt, was er unternahm,
wird niemand leugnen wollen. Ihm war ein älterer
Meister nicht ein Mann, der so und so viele eigen-
händige Werke geschaffen — das kam bei ihm in
letzter Linie. Ihn interessierten die großen Zusammen-
hänge, Fragen, die nie so sehr die Künstlergeschichte,
sondern die Kunstgeschichte betreffen. Er wollte mit-
helfen an dem Ausbau einer wahren Kunstwissenschaft,
und wenn auch sehr viel von dem, was Burger hier
geleistet, sich nicht halten kann, so kommt ihm doch
das Verdienst zu, auf diesem Gebiet sehr viel und
sehr viele angeregt und gefördert zu haben. Voller
Ideen und geistreicher Einfälle hat er manch guten
Gedanken ausgesprochen.

Fritz Burger kam 1877 in München zur Welt.
Er studierte in Heidelberg bei Thode und habilitierte
sich 1906 an der Universität seiner Vaterstadt. Neben-

bei war er Lehrer an der Akademie der Bildenden
Künste. 1904 erschien seine »Geschichte des Floren-
tiner Grabmals«, 1907 seine Habilitationsschrift über
Francesco Laurana und im gleichen Jahre »Studien
zu Michelangelo«. Eine der besten Leistungen Burgers
ist sein Werk über dieVillen des Andrea Palladio (1909).
1912 gab er einen »Führer durch die Schackgalerie«
heraus, im nächsten Jahr ein sehr diskutables Buch
über die moderne Kunst: »Hodler und Cezanne«.
Eine Darstellung der bayrischen Plastik ist nicht über
wenige verheißungsvolle Lieferungen hinausgekommen.
Torso ist auch seine auf zwei Bände berechnete »Deutsche
Malerei vom Ausgang des Mittelalters bis zum Ende der
Renaissance« geblieben, die ebenso wie die »Malerei
und Plastik des 19. und 20. Jahrhunderts« (von der nur
die ersten Lieferungen erschienen sind) einen Teil des
von ihm begründeten und herausgegebenen »Hand-
buchs der Kunstwissenschaft« bildet. Mit großem Ge-
schick hatte Burger für dieses groß angelegte Werk
geeignete Mitarbeiter geworben, und es steht zu hoffen,
daß das »Handbuch« auch nach dem Tode seines ersten
Herausgebers weitergeführt wird. Burger wollte hier die
ungeheuerangewachsenen kunstgeschichtlichen Materien
zum erstenmal zusammenfassen und ordnen. Es war
sein Plan, keine Kunstgeschichte hier zu geben, sondern
eine wahrhafte Geschichte der Kunst, und die ganze Fach-
welt wie auch die Künstler und Kunstfreunde haben allen
Grund, Burger dafür dankbar zu sein, daß er es unter-
nommen hat, mit einer reichen Schar von Mitarbeitern
diesen Plan in die Tat umzusetzen. A. L. M.

NICHT VEIT STOSS, SONDERN MEISTER PAUL

Von Berthold Daun

Ein Veit Stoß ist am 13. Januar 1523 als Mitglied
der Kronstadter vereinigten Tischler-, Glaser-, Maler-
und Bildschnitzerzunft bezeugt. Diese Tatsache führte
zu der Annahme, daß dieser Veit Stoß mit dem alten
Nürnberger Meister Veit Stoß identisch seil). Durch
diese Hypothese kam neue Verwirrung in die Stoß-
Forschung der jüngsten Zeit.

Die Kronstadter Aufzeichnung besagt nichts in-
betreff der Herkunft des Kronstadter Veit Stoß. Zu-
nächst erscheint es mir als zweifelhaft, daß der alte
Nürnberger Veit Stoß, der damals schon das hohe
Alter von etwa achtzig Jahren erreicht hatte2), die

1) Fr. W. Seraphin, Der Nürnberger Bildschnitzer Veit
Stoß in Kronstadt. Korrespondenzblatt des Vereins für
siebenbürgische Landeskunde, XXIX, S. 97 ff.

2) Laut Sebalder Totengeläutbuch,Nürnberg,Germ. Mus.
Bibliothek, Ms. 6277, Fol. 40, ist Veit Stoß 1533 gestorben.
Hat Neudörfer recht, daß der erblindete Veit Stoß ein Alter
von 95 Jahren erreicht hat, wäre der Meister im Jahre 1523
 
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