Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0182

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Forschungen

Vermischtes

Bildnis einer jungen Frau, um 1633 gemalt, früher bei
Madame Pereire in Paris (Bode II, T. 92) und ein großer
E. de Witte, in der Komposition ganz verwandt dem einen
Hamburger Bild ; unter den Franzosen des 18. Jahrhunderts
Chardin und Oreuze, unter den Englandern Oainsborough
mit drei Bildnissen und (täuscht mich meine Erinnerung
nicht) Hogarth. Nicht viel, aber eigentlich nur Gutes.

Ferner fallen der Sammlung eine Reihe von modernen
Bildern zu, darunter das Porträt des Stifters von Sargent;
eine Zahl von 36 modernen Franzosen aber, unter denen
die besten Namen erscheinen, erhält die Londoner National
Oallery, die sie schon seit einiger Zeit als Leihgabe aus-
stellen durfte, zum Zweck der Gründung einer Galerie
moderner Kunst des Kontinents, die in London noch fehlt.
So hat dieser feinsinnige Mann seinem Vaterland ein
wahrhaft glänzendes Vermächtnis ausgesetzt, das sein An-
denken dauernd zu erhalten bestimmt ist. Gronau.

FORSCHUNGEN

Das Datum von Carpaccios Glorie der hl. Ursula
in der venezianischen Akademie macht B. Berenson
im Januarheft der »Rassegna d'arte* zum Gegenstand einer
methodisch interessanten Besprechung. Das Gemälde, das
den Altar der »Scuola« schmückte und den Mittelpunkt des
durch den berühmten Zyklus geweihten Raumes bildete,
trägt außer dem Namen des Künstlers diejahresangabe 1491.
Ohne deren Echtheit zu bestreiten, glaubt der Verfasser
das Bild um rund zwanzig Jahre später datieren zu müssen;
er will es in die Zeit rücken, in der etwa Carpaccios
schönstes Altarbild, die ursprünglich in San Giobbe, jetzt
in der venezianischen Akademie bewahrte Darbringung im
Tempel (um 1510) entstanden ist. Eins der lediglich stil-
kritischen Argumente des Verfassers weist auf die vor
Jahren zuerst von Colvin nachgewiesene Tatsache hin, daß
Carpaccio sich hier für die zwei, Maria begleitenden Frauen
derselben Studienblätter in der Sammlung Gathorne-Hardy
bediente, die ihm bereits für zwei Frauengestalten, die links
von der hl. Ursula knien, gedient hatten. Berenson hält,
ohne die Möglichkeit, daß der Künstler Studien des Jahres
1491 noch einmal 1510 verwandt habe, auszuschließen, dies
für unwahrscheinlich: Studien, die für mehrere Werke eines
Meisters gedient haben, seien erst entstanden, als diese
sämtlich in seinem Innern vorhanden waren, wie sich dies
an zahlreichen Fällen bei Leonardo und Michelangelo, bei
Sarto und Pontormo nachweisen lasse. Als fernere Gründe
dienen ihm: der Ausdruck sentimentaler Ekstase der tiaupt-
figur fände sich nirgends sonst im ganzen Zyklus, ebenso-
wenig im Zyklus von S. Giorgio, auch wo sich Gelegenheit
dazu geboten hätte. Die gleiche und noch stärkere Sen-
timentalität beobachtet man an den Köpfen der anbetenden
Frauen, deren eine rechts eng verwandt dem Kopf des hl.
Sebastian auf dem Altarbild in Capo d'lstria um 1516 erscheint.
Noch gesteigert ist dieser Ausdruck bei dem hl.Stephanus des
Stuttgarter Bildes von 1520'). Die um die Heilige flattern-
den Engel — ein spätes Motiv, das Correggio und Lotto
präludiert — finden sich nur ein einziges Mal bei Carpaccio
wieder, auf dem Fries unter der Madonna in der Schiavoni-

1) S. die Anmerkung in Langes Stuttgarter Katalog,
2. Auflage, 1907, Nr. 452.

Kirche, von etwa 1510. Eine einzelne Reitertigur des
Hintergrundes begegnet auf mehreren Bildern der Zeit
um 1508 von neuem. Ebenso spricht ein der Tracht ent-
nommenes Argument zugunsten späterer Datierung: die
Art, wie das Haar mehrerer anbetender Frauen in Chignon-
form angeordnet ist, findet sich in der venezianischen Kunst
zuerst auf einem 1505/6 datierbaren Bild, vielleicht von
Sebastiano, in Treviso. Und so ist das Haar bei dem
jüngsten der drei Porträtköpfe links in einer Weise ange-
ordnet, die typisch »giorgionesk« ist, also auch einer Zeit
angehört, die kaum vor 1505 anzusetzen sein wird.

Alle diese Gründe bestimmen den Verfasser zu der
Annahme, daß das Sankt Ursula-Altarbild um 1510 ent-
standen sein muß. Für die Datierung 1491 weiß er keine
Erklärung; der Vermutung, er habe das Datum des Be-
ginns des Werkes festhalten wollen, widerspricht die Da-
tierung 1490, die das Bild der »Ankunft in Köln« trägt.
B. macht sich zur Erklärung die Annahme Ludwigs, dieses
sei nicht ursprünglich für die Serie bestimmt gewesen, zu
eigen. — Eine Überprüfung dieser Gründe mit Hilfe
reichen Abbildungsmaterials ergibt deren Stichhaltigkeit.
Ich bemerke, daß nicht nur eine Reiterfigur des Hinter-
gundes, sondern drei (bei zweien sind allerdings die Beine
der Pferde von der Linie des erhöhten Bodens über-
schnitten) zu wiederholten Malen von Carpaccio benutzt
worden sind. So finden sich zwei — der nach rechts
reitende Orientale und neben ihm haltend ein zweiter, von
vorn gesehen, mit Streitaxt in der Rechten — nahezu
identisch auf dem Bild, wie Sankt Georg die Heiden tauft,
aus der San Giorgio-Serie, 1508 oder später; durch eine
andere Reiterfigur getrennt kommen sie auf dem Berliner
Bild der Stephans-Serie (1511 datiert) vor, woselbst sich
der erstgenannte Reiter im Hintergrund rechts noch ein
zweites Mal findet. Galoppierende Orientalen, wie sie auf
dem Ursulabild zweimal erscheinen, werden auf dem Bild
der Stephanus-Serie in Stuttgart (1520) wiedergefunden.
Diese Figuren sucht man vergebens auf dem gesamten
Ursula-Zyklus, trotzdem an Hintergrundsfiguren hier wahr-
lich kein Mangel ist. Was die vom Verfasser gemachte
Beobachtung bezüglich der Haartracht der Frauen angeht,
so stimmt die späte Datierung zu den beiden Beispielen,
die Ludwig in seinem Aufsatz über den »Venezianischen
Hausrat « (Italienische Forschungen I, p. 275/6) dafür bei-
bringt. Auch die sonstigen Argumente, sei es allgemei-
neren, sei es speziellen Charakters, erweisen sich als stich-
haltig, so daß man sagen muß, würde man das Bild allein
auf Grund stilkritischer und kostümgeschichtlicher Kritik
datieren, so dürfte der späte Ansatz, den Verf. vorschlägt,
unzweifelhaft anzunehmen sein. Allen diesen Gründen
steht die Datierung auf dem Werk entgegen; sie läßt sich
nicht beiseite schieben und bietet der Erklärung die größte
Schwierigkeit. Dadurch wird dieser Fall methodisch so
interessant, als wichtig. Das Problem ist, wenn auch vom
Verfasser nur einseitig gelöst, so doch wenigstens gestellt
und harrt weiterer Diskussion. o. Gr.

VERMISCHTES

Max Regers Totenmaske hat Karl Seffner in Leipzig
abgenommen, die Hände hat Richard Engelmann modelliert,
und Max Klinger hat den Toten gezeichnet.

nhalt: Ausstellung von Handzeichnungen holländischer Meister aus dem Besitze von Dr. C. Hofstede de Qroot in der Tuchhille in Leiden Von
M. D. h. - Herbert Hörne t; Max Kurzweil t- - Wettbewerb für Heldenhaine. - Ausstellungen in Leipzig München Wien Hamburg
und Berlin. - Ein Vermächtnis an die Galerie in Dublin. - Das Datum von Carpaccios Glorie der hl. Ursula in der venezianischen
Akademie. — Max Regers Totenmaske.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Frnst HFnRir.h Nachf., O.m.r.h., Leipzig
 
Annotationen