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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Die Rayski-Ausstellung in dem Berliner Kunstsalon Paul Cassirer
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Verschiedenes / Inserate
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Personalien — Vermischtes

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bald erschöpft, und denen nichts bleibt, als sich selbst
zu wiederholen, bis das Schicksal sie von ihrem
Handwerke befreit. Es gibt andere, die Zeit ihres
Lebens von fremden Formeln leben, und es darf
gesagt werden, daß die große Mehrzahl aller derer,
die sich Künstler nennen, zu dieser Klasse gehört.
Und es gibt endlich die wenigen, deren innerer Reichtum
sich niemals erschöpft, deren Schaffen immer tiefere
Schächte ihres Seelenlebens enthüllt, je länger das
Schicksal sie am Werke läßt.

Zu keinen von diesen allen gehört ein Mann wie
Rayski. Er war nicht so mit ganzer Seele Künstler,
daß sein Dasein nichts gewesen wäre als eine große
Selbstoffenbarung. Und darum haben doch in ge-
wissem Betracht die recht, die ihn einen Dilettanten
nennen. Er kannte fremde Formeln. Er hat nicht
nur die Akademie besucht, sondern er hat ganz gewiß
auch die Kunst anderer mit Eifer studiert. Ein frühes
Bild gemahnt noch an Gräff. Später kommt er
Winterhalter nahe. Der Eindruck englischer Porträt-
kunst, vor allem des Thomas Lawrence, wird in ein-
zelnen Werken offenkundig. Aber kein Vorbild nimmt
ihn ganz gefangen. Es ist nicht viel mehr, als daß
er sich in der einen oder der anderen Art versuchte.
Und es gibt neben diesen Versuchen auch immer
einen eigenen, einen selbständigen Rayski, einen, der
sich niemals ganz ausgibt, weil er niemals einen Weg
ganz bis ans Ende geht. Auch dieser eigentliche
Rayski kann darum — und wieder in einem anderen
Sinne — ein Dilettant heißen, denn er verzichtet auf
erlernte Methoden und begnügt sich mit Andeutungen,
wo es ihm nicht gelingt, der eigenen Vision den
letzten Grad der Realisierung zu leihen. Dies aber
zeichnet ihn aus, daß er selbständig sieht, daß er mit
naiver Unbekümmertheit ein Stück Welt schaut und
gestaltet. Daß er alle Eigenschaften besaß, die ihn
zu echter Künstlerschaft befähigten, beweisen gerade
diese Werke. Aber niemand vermag mehr zu ent-
scheiden, ob er ein wahrhafter Meister geworden wäre,
wenn er seinen Weg zu Ende gegangen wäre, oder
ob er bald die bequemere Formel eines persönlichen
Stiles gefunden hätte, die ihm ein leichtes Schaffen bis
an sein Lebensende, der Kunstgeschichte eine bequeme
Rubrizierung gestattet hätte.

Wie es kam, mußte Rayski schließlich den Pinsel
niederlegen, denn er hatte es versäumt, sein Werk
zum Ende zu führen. Er starb als einsamer Sonder-
ling, und er bereitete sich selbst das Schicksal, daß
er der Kunstgeschichtsschreibung auch weiter als
solcher gelten muß, ob er gleich einzelne vollendete
Arbeiten hinterließ, von denen leider die besten, die
das Dresdener Museum besitzt, nicht in dieser Aus-
stellung gezeigt werden konnten, und einzelne eigen-
willige und — man darf es sagen — bedeutsame
Werke wie die beiden großen Jägerbildnisse, in denen
eine eigene Welt sich kündet, die mit ihrem Schöpfer
zu Grabe ging. GLASER.

PERSONALIEN
Hamburg. Am 1. Dezember ist Hamburgs ältester
und einflußreichster Architekt, Martin Haller, in sein
achtzigstes Lebensjahr getreten. Ein Sohn des alten, von
engen winkeligen Straßen und spitzgiebeligen Fachwerk-
häusern durchzogenen Hamburg, war es Martin Haller
gegönnt, nicht nur der Umwandlung der alten in eine,
allen Anforderungen der Neuzeit Rechnung tragende
moderne Seestadt vom Anfang an mitzumachen, er durfte
auch an führender Stelle diesen fundamentalen Um-
wandlungsprozeß in seinen wichtigeren Äußerungsformen
mitbestimmen. Sehr zu statten war ihm im Beginn seiner
Tätigkeit seine Eigenschaft als Schüler der Pariser Ecole
des beaux Arts gekommen, zu deren Lehrsätzen sich auch
die in der damaligen Baukünstlergemeinde Hamburgs maß-
gebenden Architekten Chateauneuf und Meuron bekannten.
Mit dem Einfamilienhaus beginnend, zählte Martin Halier
um die Zeit, als Olacis und Stadttore fielen, und damit
weite Flächengebiete für die Bebauung gewonnen waren,
bereits zu den beschäftigtsten Architekten der Stadt, so daß,
hierin unterstützt durch seine Familienbeziehungen, sein
ausgreifender Ehrgeiz auch vor dem Wettbewerb in groß-
zügigen staatlichen Aufgaben nicht mehr Halt zu machen
brauchte. Ja, das Betätigungsgebiet Hallers wuchs all-
mählich in solchem Maße, daß in den letzten Jahrzehnten
kein größerer Bau in Hamburg entstand, bei dem er, wenn
schon nicht als alleiniger Schöpfer, so doch als Mitarbeiter
(wie z. B. beim Bau des neuen Rathauses) und gern ge-
hörter Berater beteiligt gewesen wäre, nicht zum Schaden
des Oesamtbildes der Stadt. Denn sowohl die von Martin
Haller selbständig aufgeführten, wie auch die von ihm nur
beeinflußten Bauten sind bei aller strengen Wahrung des
Zweckdienlichen doch stets auch von einem aus den ver-
schiedensten architektonischen Nährquellen gespeisten
und wohlgebildeten Geschmack getragen, dessen indivi-
dualistische Prägung stark genug ist, um sich auch gegen-
über den Forderungen der neuesten Zeit wirksam zu be-
haupten, w.

VERMISCHTES
Originalradierungen zum Besten unserer Ver-
wundeten. Die Maler Hans Bohrdt, Lovis Corinth, Karl
Langhammer, Max Liebermann, Hans Looschen, Emil Orlik,
Karl Walser haben als Erinnerung an die große Zeit Ra-
dierungen geschaffen, die sie dem preußischen Landesverein
vom Roten Kreuz für seine Zwecke der Verwundetenpflege
stifteten. August Qaul hat für den gleichen Zweck eine
silberne Erinnerungsmünze hergestellt. Das preußische
Rote Kreuz ist daher in der Lage, jedem, der ihm einen
Betrag in gewisser Höhe überweist, als Ehrengabe ein
Andenken von künstlerischem Wert überreichen zu können.
Jeder Spender von 10 Mark erhält nach Wahl eine Original-
radierung, die die Form eines Lesezeichens hat. Die Künst-
ler haben sich bereit erklärt, die Lesezeichenradierungen
für die Stifter von 50 Mark handschriftlich zu unterzeichnen.
Da jedoch höchstens 250 Blatt von jedem Künstler signiert
werden, so können diese, außerdem mit einer Nummer
versehenen Radierungen nur soweit abgegeben werden, als
der Vorrat reicht. Gegen Einzahlung von 100 Mark wird die
Oaulsche Erinnerungsmünze aus Silber gewährt. Sendungen
und Anfragen sind zu richten an Abteilung VI des Zentral-
komitees vom Röten Kreuz, Berlin W. 35, Schöneberger
Ufer 13. Postscheckkonto: Berlin 21681.

Inhalt: Wie Jaro Springer fiel. — Die Rayjki-Ausstellung in dem Berliner Kunstsalon Paul Cassirer. Von Olaser. — Personalien. — Original-
radierungen zum Besten unserer Verwundeten.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o.m.b.H., Leipzig
 
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