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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Wettbewerbe — Sammlungen — Krieg und Kunst — Vermischtes

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gangen. Baumbach stammte aus Würzen und war Schüler
der Berliner Akademie unter Schaper und Reinhold Begas.
Im Auftrage des Kaisers führte er die Bronzestandbilder
der protestantischen Fürsten für die Speyerer Protestations-
kirche aus. Der Kaiser stiftete hier die Figur seines Ahn-
herrn Georg des Frommen, Markgrafen von Brandenburg.
Bei dem Dresdner Wettbewerb um ein König-Albert-Denk-
mal ging Baumbach als Sieger hervor, und sein Entwurf
wurde mit dem ersten Preise von 6000 Mark ausgezeichnet.

Am 17. September fiel in Rußland der Düsseldorfer
Landschaftsmaler Carl Jutz der Jüngere, ein Sohn des
bekannten jetzt im 77. Lebensjahre stehenden Tier-
malers. Er war am 14. März 1873 in Düsseldorf geboren
und studierte in Karlsruhe unter Schönleber, darauf an
der Kunstakademie seiner Heimatstadt unter Dücker.
Auf den Düsseldorfer Kunstausstellungen war Jutz
regelmäßig mit Landschaften in Öl und Aquarell ver-
treten, deren Motive die Ergebnisse ausgedehnter Studien-
reisen, u. a. nach Siebenbürgen, waren. Am glücklichsten
war der Künstler jedoch, wenn er den Wald seiner rhei-
nischen Heimat schilderte. Eine Nachlaßausstellung, die
von der städtischen Kunsthalle in Düsseldorf vorbereitet
wird, wird Gelegenheit geben, auf das Schaffen dieses
liebenswürdigen Künstlers und Menschen zurückzukommen.
Ein Aquarell von ihm erwarb kürzlich das Historische
Museum in Düsseldorf. c.

WETTBEWERBE

Zur Erlangung von Vorentwürfen für den Neubau
eines Gesellschaftshauses für die Bürger-Ressource in
Stralsund wird jetzt ein öffentlicher Wettbewerb unter
reichsdeutschen Architekten ausgeschrieben. 2000 Mark
stehen für Preise zur Verfügung, ein erster von 700, ein
zweiter von 500, ein dritter von 300 sowie drei weitere
Preise von je 150 Mark. Die drei ersten Preise können
aber auch in anderer Weise verteilt werden. Die Entwürfe
müssen bis zum 1. Februar nächsten Jahres eingereicht werden.

SAMMLUNGEN
In München soll ein ethnographisches Museum

errichtet werden. Im Staatshaushalt des Jahres 1916—1917
sind 25000 Mark für Voranschläge dazu vorgesehen.

Dem Berliner Kunstgewerbemuseum ist in letzter
Zeit eine interessante Erwerbung gelungen, die besonders
wegen ihrer Seltenheit bemerkenswert ist: ein gotisches
Straußeneiziborium. Das Ei, mit abnehmbarem Deckel,
bildet den äußeren Mantel eines gleich geformten, innen
blank vergoldeten Silbergefäßes. Der aus kraftvoll gebo-
genem Blattwerk aufsteigende Schaft ist als Baumstamm
gebildet. Der Übergang zum Gefäß ist mit krausen Blättern
umhüllt. Die Silberfassung trägt den Salzburger Stempel.
Das Ganze ist eine Arbeit um die Wende des 15. Jahr-
hunderts. Im Innern des Deckels enthält das Widerlager
des Kruzifixes, eine starke Silberscheibe, ein Stifterwappen.
Es ist entweder das Wappen des Salzburger Ritter-
geschlechtes von Haunsperg oder des Stiftes Mattsee, das
am Haunsberg liegt. Das Bild des Gekreuzigten auf dem
Deckel läßt darauf schließen, daß das Gefäß nicht für
Reliquien, sondern als Hostienbehälter bestimmt. In
Deutschland gibt es überhaupt nur vier dieser, im Mittelalter
außerordentlich geschätzten Straußeneierziborien.

Der preußische Kultusminister hat der Stadt Düssel-
dorf die Marmorgruppe »Eine Mutter« von Professor
Franz Dorrenbach in Charlottenburg, einem geborenen
Düsseldorfer, als Geschenk überwiesen.

KRIEG UND KUNST
Die Berliner Bildhauer-Vereinigung wendet sich
zur Benagelungsfrage mit folgender Anregung an die Öffent-
lichkeit: Damit sich vaterländischer Opfersinn betätige,
benagelt man heute die ungeeignetsten Dinge. Ist zum
Beispiel die zur sinnlosen Größe verzerrte Wirklichkeits-
erscheinung unseres Hindenburg, wie sie in Berlin steht,
ein Gegenstand zum Benageln? Oder die naturgetreue
Nachbildung eines deutschen Feldgrauen? Hindenburg zu
»vernageln« ist, wenn es nicht gelingt, sein Abbild völlig
zu einem Symbol in unwirklicher und ornamentierter Form
zu gestalten, mindestens so geschmacklos, wie ihn auf
Schnupftüchern usw. darzustellen. Betriebsame Ästheten
haben sich der allgemeinen Nagelwünsche angenommen
und suchen nach dankbaren Objekten dafür. Da der Er-
folg immerhin zweifelhaft ist, so fragen wir: warum erst
mühsam und mit Kosten fragwürdige Gegenstände ent-
stehen lassen, um sie zu benageln, statt sich solcher aus
unserer Umgebung zu bedienen, die sich durch ihre Art
dazu eignen, ohne den Beschauer durch ein falsches Pathos
zu falschem Maßstab zu nötigen? Eine Rathaustür, ein
Brunnenstock usw. sind zum Beispiel tausendmal geeigneter
und besser für den Zweck als fragwürdige realistische Statnen.

VERMISCHTES
Ein Freskogemälde in Dresden. Über die Zinsen
der Freiherr von Bielschen Fresken-Stiftung hatte in diesem
Jahre die Dresdner Kunstakademie zu verfügen. Unter den
Bewerbern erhielt das Dresdner Bankhaus Gebrüder Arnhold
das Gemälde zugesprochen. Die Wahl war gut, denn in
dem Kassenraume dieses Bankhauses werden viele Menschen
das Gemälde sehen, während eine Reihe anderer Gemälde,
die mit Hilfe dieser Stiftung ausgeführt worden sind, selten
jemand zu Gesicht bekommt, weil sie an abgelegenen Orten
unverrückbar fest an die Wand gebannt sind. Es ist sicher,
daß die Stiftung noch weit besser ihrem Zwecke dienen
würde, wenn die Gemälde alle an viel besuchte Stellen
vergeben würden. Das Dresdner Bild stammt von dem
Dresdner Maler Rudolf Scheffler und ist eine sehr tüchtige
Leistung. Es befindet sich im Kassenraume des Arnold-
schen Bankhauses an einer Fensterwand und stellt in Form
eines breiten Rechtecks in allegorischen Gestalten die Be-
deutung des Bankwesens als Vermittlungsstelle für Handel,
Gewerbe, Landwirtschaft und Industrie dar. Links steht
Merkur, der Gott des Handels, dann folgt eine Gold-
wägerin, die ihre Aufgabe an der »Bank« ausführt, weiter
folgen als weibliche Gestalten Gewerbe und Landwirtschaft
mit entsprechenden Abzeichen, ein Arbeitsmann als Vertreter
der Industrie und ein Kind mit der Sammelbüchse als Hin-
weis auf die Wichtigkeit des Sparens. Die Gestalten, die
nackt oder mit leichten Gewändern angetan sind, heben
sich reliefartig von dem warmtönigen, dunkelroten Hinter-
grund ab. Der Künstler hat die Allegorie durch Handlung
und Bewegung zu frischem Leben erweckt und seine Ge-
stalten geschickt zusammengestellt, so daß sie den Raum
in ungezwungener Weise in wohlgeschlossener Anordnung
erfüllen. So dürfen wir uns dieses stilgerechten Kunst-
werkes als einer wohlgelungenen Gabe der Biel-Kalkhorst-
schen Fresko-Stiftung ohne Einschränkung freuen. ^

Inhalt : Der neue Tizian in der Wiener akademischen Galerie im Lichte der akademischen Qaleriekommission. Von Bode. — Ein englisches Urteil
über deutsche kunstwissenschaftliche Publikationen und ihre Zukunft nach dem Kriege. — Prof. Dr. Otto Raschdorff f; Prof. Dr. Wolfgang
Heibig t; Sir William van Hörne f; Prof. Max Baumbach f; Carl Jutz der jüngere t- — Wettbewerb für den Neubau eines Oesellschafts-
hauses in Stralsund. — Ethnographisches Museum in München. Berliner Kunstgewerbemuseum. Marmorgruppe »Eine Mutter« in Düssel-
dorf. — Die Berliner Bildhauer-Vereinigung. — Ein Freskogemälde in Dresden.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., q.m.b.H., Leipzig
 
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