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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919 (April-September)

DOI issue:
Nr. 29 (2. Mai 1919)
DOI article:
Tietze, Hans: Die Demokratie und die Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0096
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Die Demokratie und die Künitier

Leben der kaum gefetteten neuen Bedungen betreuen, das Zugeftändnis abzu-
trotzen, daß eine Förderung der Künitier eine ftaatiiAe Angeiegenbeit und
ein nationaies Intereile fei,- und nur ein Seibiterhaitungstrieb, der mit der Kunit
niAts zu tun hat, vermag die Künitier zu dem Mißgriff zu verleiten, auf
ihrer Sonderfteiiung zu beitehen und ihren Stand, der vom Abgtanze der
Könige und den Abfäiien der kapitaiiftiiAen GefeifiAaft geiebt hat, nun zum
SAmarotzer der demokratiiAen GefeiifAaft zu maAen.
Gewiß ift die Kunit ein ReiAtum einer Nation,- an ihren HöAitieiitungen
wird die Begabung eines Voikstums, an ihrer Ausbreitung feine aiigemeine
Kuituritufe gemeifen. Aber folAe Kunit hervorzubringen, gibt es kein Mitte!.
iie entwäAft der natüriiAen Befähigung eines Votkes, und der Staat kann
iie nur fördern, indem er feinen Angehörigen das geheimnisvoife Ftuidum
mittei!t, durA das die Vo!ksenergie in Einze!taten ausitrömt. Was er durA
Stipendien, Aufträge und Ankäufe erzieh, wird um fo armfefiger fein, je mehr
er dabei niAt die SaAe der Kunit, fondern das Intereife der Künitier be-
rüAüAtigt und je mehr eine demokratiiAe Organifation der Kunftverwaitung
ihn nötigt, es vieien — im Prinzipe aiien — reAt zu maAen. Seine KuniD
förderung muß, wenn iie einfaA den bisherigen GebrauA übernimmt und
durA Überantwortung feiner Ausübung an die Vertreter der KünitieriAaft
erweitert und fyitematiiiert, in eine Arbeitsiofenunteritützung ausarten — was
ais Notftandsaktion für die gegenwärtige Zeit wirtfAaitiiAen Übergangs be^
reAtigt fein mag —, aber für die Dauer kann er feine Aufgabe niAt darin
fehen, daß er ein Künftierproietariat künitiiA erhäit, fo wenig es die Künitier
auf die Dauer mit ihrer Würde — in deren Namen he doA Förderung
heiiAen — vereinbar finden können, daß he mit A!mofen abgefpeiit werden.
Die Förderung der Künitier durA die Demokratie muß ganz anders,
muß vie! mehr und viei weniger fein. Sie muß hA von jedem direkten Ein-
fiuß auf die künitieriiAe Produktion fernhaiten und davon ausgehen, daß man
die faAiiAe Organifation der Künitier, die ais Stand vor anderen Berufen
niAts voraus haben, auf eine breitere und gefündere Grundiage fteiien hiift.
Es brauAt nur eine einzige Organifation zu geben, an der jeder Angehörige
der künitierifAen Berufe Anteii zu fordern hat und deren Aufgabe es ift,
die Mitgiieder durA gieiAmäßige Ausfteiiungs= und AbfatzmögiiAkeit zu
fördern, durA Aiters^ und Invaiiditätsverforgung zu unteritützen. Fiier find
aite, aus Zeiten akademifAer Kunftauffaffung naAtebende Priviiegien zu
breAen, tief eingewurzeite Vorurteiie auszurotten,- die dem bisherigen Ver-
einigungswefen zugrunde iiegende ungiüAiiAe VerquiAung von geiAäitiiAen
und künitierifAen Zieien hat hier vie! verdorben. Wie die zwittrige Ver-
bindung von Kunfttempei und GeiAäftshaiie der Kunit verhängnisvoi! war,
fo war he auA dem wirtfAaitiiAen Aufbau der künitierifAen Berufe
 
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