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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919

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Nr. 11
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https://doi.org/10.11588/diglit.54677#0234
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224

Notizen

worden. Doch diefe Anregungen fchlugen
ihn nicht in den Bann einer entfchiedenen
Abhängigkeit: er blieb felbftändig nach
Geilt und Formcharakter. Und fchließ*
lieh weichen feine Schöpfungen auch im
Format von dem, was heute häufig ift,
ab: er hält fich da in durchaus mäßigen
Grenzen, denn er weiß, daß er auch auf
enger begrenzter Fläche »groß« wirken
kann. Der fchöne Ernft der Empfindung
und Gefialtung zeichnen neben Gethfe*
mane, wo die Figuren in die Bildungen
des welligen Bodens feinfühlig eingeglie*
dert find und eine köftliche Farbe be-
zaubernd auffirahlt aus dem Dämmer
einer feierlichen Mondnacht, auch den er-
regt einherftürmenden Asketen und die
Kreuzabnahme aus, während die gleich*
falls religiöfe Themen behandelnden, mun-
ter plaudernden Farbenholzfchnitte doch
etwas fpielerifch geraten find und darum
kühl laßen.
Egger-Lienz, der mit heben Werken
charakteriftifch vertreten war, wählt im
Gegenfatz zu Schaffer die großen For*
mate. Da er der geborene Freskomaler
ift, hat er ein gutes Recht dazu. In feiner
Kunft geht es allerdings ohne allerlei
Patenfchaft nicht ab: hier kommt ein Stück
Millet, dort eine Portion Meunier und
da wieder ein tüchtiger Zufchuß Hodler
zum Vorfchein. Solche zuweilen gar zu
deutliche Reminifzenzen werden durch ein
höchft muskulös fich gebärdendes Kraft*
meiertum nicht weniger augenfällig. Wirk*
lieh bedeutend aber ift Egger-Lienz immer
da, wo er heroifche körperliche Kraft*
anwendung zum Inhalt feiner Werke macht.
So in dem bekannten, 1911 entftandenen
»Totentanz«, fo in dem Sturmangriff der
über einen Acker wild hervorbrechenden
deutfehen Soldaten und fo auch in der
»Milfa heroica«, einem monumentalen Ent*
wurf, der die mächtigen Leiber gefallener
Soldaten in einem tief aufgewühlten Trich-
tergelände zeigt. Dr. Höhn.
VERMISCHTES
Reform der Architekten-Aus =
bildung? An der Akademifchen Hoch*

fchule für die bildenden Künfte in Berlin-
Charlottenburg wird die Einführung einer
Abteilung zur Ausbildung von Baukünft*
lern geplant. In diefem Zufammenhange
macht Prof. Oswald Kuhn, der Lehrer
der Architektur an der Hochfchule, jetzt
bemerkenswerte Ausführungen in der
»Deutfehen Bauzeitung« zur Frage einer
Reform unferes Bauwefens. Seine For*
derung ift folgende: die künftlerifche Ober*
leitung von Bauten liegt künftig in den
Händen von Baukünftlern, denen Bau*
beamte für das bautechnifche und rechne*
rifche Arbeitsfeld zur Seite liehen, wie
fich das fchon jetzt in den Fällen, in denen
Architekten mit der baulichen Leitung von
Staats* oder ftädtifchen Bauten betraut
wurden, als gangbarer Weg erwiefen hat.
Diefe Baukünftler bilden zugleich ein Kol*
legium zur Förderung der bildenden Kunft
im Lande. — Der Aufftieg in diefen Wir*
kungskreis ift nicht mehr wie bisher bei einzel*
nen hervorragenden Bauten dem Zufall
überlaffen, fondern erfolgt planmäßig von
unten auf. Die vorbereitende Schulung hat
fpäteftens mit der Bildungshöhe des »Einjäh*
rigen« einzufetzen. Die baukünftlerifche
Ausbildung folgt an der Akademifchen
Hochfchule und hat fich in Ergänzung der
vorausgegangenen Vorbereitung vor allem
auf eigenes Können auf den künftlerifchen
und den kunfttechnifchen Gebieten zu er*
Itrecken. Hier forgt auch ein den Malern
und Bildhauern gemeinfamer Ergänzungs*
Unterricht für den notwendigen Erfatz
der bei diefem Bildungsgang unter Um*
Händen ausgefallenen Gymnafialbildung.
Die Berufsausbildung im eigentlichen Sinne
folgt dann in der Praxis. Die Aufgabe
der Akademien ift im Gegenfatz zu Ein*
zellehrftätten die, eine Überficht über das
ganze Gebiet, die der letzteren, die Praxis
zu lehren. Die jungen Baukünftler an den
akademifchen Hochfchulen werden ihre
Praxis nach Abfolvierung derfelben in den
Ateliers und bei den Bauausführungen
von Baukünftlern finden, zu denen auch
die Inhaber der »Meifterateliers« an den
Akademien gehören, welche ihren Zweck
dann belfer erfüllen können als jetzt.

Schluß des Redaktionellen Teiles. — Verlag von E. A. Seemann, Leipzig.
Druck von Ernft Hedrich Nadif., G, m. b. H., Leipzig.
 
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