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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Czihak, Eugen von: Die schlesische Glasindustrie früherer Zeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0069

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DIE SCHLBSISCHE GLASINDUSTRIE FRÜHERER ZEITEN.

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Einen stärkeren Aufschwung nahm die schlesische
Glasindustrie gegen das Ende des 16. und am An-
hing des 17. Jahrhunderts, zu derselben Zeit, als auch
im angrenzenden nördlichen Böhmen diese in den
zwei Hauptcentren, dem heutigen Haidaer und dem
Gablonzer Industriebezirk empor zublühen begann. Die
lebhafte Entwickelung der Glasmacherkunst, welche
sich damals in vielen Hüttengriindungen äußerte,
gelangte schließlich bis an die südlichen Ausläufer
des Riesen- und Isergebirges. Sie machte jedoch vor
dieser Gebirgsmauer nicht Halt, sondern drang über
sie weg in Schlesien ein, und zwar sind ihre Träger
Mitglieder derselben weitverzweigten Glasmacher-
i'aniilien, welche auch in Böhmen eine Rolle spielen
und deren Herkunft auf das sächsische Erzgebirge
weist. In Schlesien ist es die Familie Preußler,
welche für dieses Land eine ähnliche Bedeutung
hat, wie die Schürer von Waldheim für Böhmen.
1617 erbaute Wolfgang Preußler aus Witkowitz
eine Glashütte an der Weißbach bei Schreiberhaii,
einem Orte, welcher schon von alters her ein
Sitz der schlesischen Glasfabrikation war und zu
dem Gebiete der freien Standesherrschaft Kynast,
der späteren Reichsgrafen Schaffgotsch gehörte. Die
i reußler scheinen aus der zunächst der Grenze
gelegenen böhmischen Herrschaft Starkenbach ein-
gewandert zu sein, wo sie ungefähr um die näm-
liche Zeit auf den Glashütten zu Reiditx*) und
Sahleubacli.x) (einer Vorläuferin der gräflich Harrach-
schen Hütte zu Neu weit) als Hüttenmeister saßen.
Zu gleicher Zeit aber treffen wir sie in einem weit
entfernten Teile Böhmens, im Böhmerwald zu See-
wiesen1, Prachiner Kreises, im königlichen Wald-
hwozd oder Gebiet der königlichen Freibauern.
Die Schreiberhauer Hütte erfuhr im Laufe der
Zeit mehrfache Ortsveränderungen; sie rückte dem
abnehmenden Waldbestande nach höher ins Gebirge
hinauf. Der Enkel Wolfgang Preußlers, Johann
Christoph (geb. 1630, gest. 1706), legte weiter auf-
wärts am rechten Ufer des Zacken, unter dem
Weiberberge eine zweite Glashütte an und be-
trieb sie abwechselnd mit der älteren Hütte an der
Weißbach. 1752 gingen beide Hütten ein; an ihrer
stelle wurde in einem noch weiter aufwärts, hart
an der böhmischen Grenze belegenen Bezirk die
Hütte Karlsthal erbaut und 1754 in Betrieb ge-
nommen. Dazu trat 1706 die eine Stunde von
Karlsthal entfernte Hütte Hoffn ungsthal. Die Schreiber-

1) Sehebck, Böhmens Glasindustrie und Glashandel,

30, 31, 42, 43, 45, 46, XXII.

hauer Hütte ist in ununterbrochener Gesohlechts-
folge bei der Familie Preußler bis 1841 ver-
blieben. In diesem Jahre trat der letzte Träger
des Namens, Carl Christian die Karlsthaler Hütte
seinem Schwiegersohne Franz Pohl ab.

Mit Ausnahme einer Zeit des Niedergangs in
der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, der kurz
nach dem Übergänge Schlesiens an die preußische
Herrschaft sich einstellte, ist die Schreiberhauer
Hütte stets die erste und berühmteste Schlesiens
gewesen. Diesen Ruf hat sie sich bis in die
Neuzeit zu erhalten gewusst; denn die 1841
durch den Grafen Leopold Schaffgotsch gegründete
Josephin enhütte ist die Nachfolgerin der alten
Schreiberhauer Hütte. Ihr erster Leiter, der be-
reits erwähnte Franz Pohl, hat den Ruf der Hütte
insbesondere durch die Wiederentdeckung der alten
venezianischen Millefioritechnik, der retikulirten
Gläser und des Rubinglases in den vierziger und
anfangs der fünfziger Jahre in alle Welt getragen
und ist vielfach durch Staatspreise und Anerken-
nungen auf Ausstellungen ausgezeichnet worden.
Er hat das Verdienst, die Josephinenhütte zu einem
in erster Reihe stehenden Kunstinstitut erhoben zu
haben. — Die Karisthaler und Hoffnungsthaler Hütte
wurde nach 1841 von der gräflichen Verwaltung in
Pacht genommen; die erstere wird noch heute in
dieser Weise betrieben, während Hoffnungsthal seit
1868, hauptsächlich seiner ungünstigen Betriebsver-
hältnisse halber, eingegangen ist.

Von der Glasindustrie des schlesischen Riesen-
gebirges, insbesondere der Schreiberhauer berichten
denn auch seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts die
verschiedenen Landesbeschreibungen und Chroniken.
Der 1600 zu Leipzig erschienene „Stirpiurn et Fos-
silium Silesiae Catalogus" des Hirschberger Arztes
Caspar Schwenckfeldt(1563— 1609) erwähnt sie1), und
die „Schlesische Chronika" des kaiserlichen Rates und
Kammerfiskals in Oberschlesien, Schickfus schreibt
folgendermaßen2): „Es mangelt in Schlesien auch
nicht an Glashütten, darinnen die Gläser von allerley
Arten und Manieren erdacht und gemacht werden
Es sind darumb (wm Warmbrunn) auch viel Dörfer
. . . . Schreiberan, dabei, es in den Gebirgen eine Glas-
hütten hat."

1) S. 407. In Schreiberali supra Zacuui üuvium pro-
bantur vitra rnaxime quae Candida et pellucida sunt

2) Jena 1025. IV, 34, 20, 92. Vergl. auch Hemlius ab
Hennenfeld, Silesiographia Francof. 1613 p. 15 und in der
mit den Schoben des Mich. Jos. Fibiger versehenen Ausgabe
(Sileeiographia renovata. Lips. et. Wratisl 17041 11,1 1
cap. III, S. 309. ;'

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