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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Bernhard, Otto: Die zweite Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0039
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DIE ZWEITE AUSSTELLUNG DER DARMSTÄDTER KÜNSTLERKOLONIE

auch Haustein noch nicht genügend klar gemacht
zu haben scheint, wie das Nußbaumschlafzimmer
beweist. Im Ernst - Ludwigshaus und den Dach-
geschossen der Dreihäusergruppe hat Cissarz noch
eine größere Anzahl seiner Zeichnungen, Plakate, so-
wie Holzschnitte, Pastell- und Ölstudien ausgestellt.
Besondere Hervorhebung verdienen: der Buchschmuck
zu Gottfried Schwabs Gedichten, und zum Ausstellungs-
katalog, der ein vollendetes, kleines buchgewerbliches
Kunstwerk ist.

Die Ölmalereien von Cissarz sind ja größtenteils
nicht mehr als echte und rechte Studien, »doch sag

Es wäre wohl nicht nötig gewesen, die sämtlichen
Werke des Künstlers, der doch wohl nur in die Kolonie
aufgenommen worden ist, um ihm die Möglichkeit
zu geben, etwas zu lernen und sich zu entwickeln,
auszustellen; einige Stichproben hätten genügt. Da es
einmal geschehen ist, muß diese Sonderausstellung
auch unter Berücksichtigung der Sonderstellung Grei-
ners innerhalb der Künstlerkolonie, mehr als Schüler
denn als Meister, beurteilt werden, und wäre es falsch,
aus der Mangelhaftigkeit dieser Arbeiten Schlüsse auf
die Kolonie als solche zu ziehen. Das unverkennbar
aus den Sachen sprechende ernste Streben und die

PROFESSOR

J. OLBRICH,

DAS GRAUE HAUS,

ZWEITE

AUSSTELLUNO DER
DARMSTÄDTER
KÜNSTLER-
KOLONIE

ich nicht, daß dies ein Fehler sei!« —■ Gerade das
darin sich ausdrückende Bestreben, erst in ehrlicher
Arbeit vor der Natur die Mittel der Kunst spielend
beherrschen zu lernen, bevor man an größere Auf-
gaben herantritt, verrät innere Tüchtigkeit, und berührt
um so sympathischer, als man in der Sonderausstellung
des jüngsten Koloniemitgliedes Dr. Daniel Greiners
das heutzutage so häufige Bild vor sich hat, daß
Leute, die Talent, aber noch gar kein Können besitzen,
himmelstürmend mit den höchsten Aufgaben der Kunst,
natürlich vergeblich, sich abquälen. Greiner versucht sich
auf allen Gebieten; er macht Radierungen und Holz-
schnitte, Plastik und Kunstgewerbe, sogar Gedichte.

Energie des Mannes berechtigen ja zu Hoffnungen;
es wäre ihm aber doch zu raten, zunächst einmal
allen philosophischen Reflexionsballast über Bord zu
werfen und vor einer ganz nüchternen Aufgabe das
rein Handwerksmäßige sich anzueignen. Für Ludwig
Habich endlich, den Bildhauer der Kolonie, boten sich
an der Dreihäusergruppe wenig Aufgaben. Zwei meister-
hafte Reliefs, das eine an der Türe des Hofprediger-
hauses: »Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn«,
das andere, ursprünglich in Haustein ausgeführt, in
bunt getöntem Gips im Erker des Eckhauses: »Faun-
familie«, sind alles. Dafür sind die letzten Werke
des Künstlers im Ernst-Ludwigshaus als Sonderaus-
 
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