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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Zimmermann, Ernst: Porzellanstil
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0237
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PORZELLANSTIL

SCHREIBTISCH, STÜHLE UND UHR, ENTWURF VON OTTO KLÖDEN, DRESDEN
AUSFÜHRUNG VON FRIEDRICH PARTHEN, BODENBACH

Ist die plastische Behandlung des Porzellans um
ihrer vielen kunsttechnischen Beschränkungen willen
schwierig, so ist es die koloristische um der Mög-
lichkeit ihres Reichtums und ihrer Kraft, ja überhaupt
ihrer großen Bedeutung willen, die das in erster Linie
künstlerisch wirksame Element für das eine farbige
Kunst darstellende Porzellan besitzt. Zwar auch beim
Auftrag der Farben auf das Porzellan muß man stets
den kommenden Brand im Auge behalten, der allen
Farben erst ihren richtigen Charakter verleiht. Auch
hier ist Voraussicht, Berechnung der lähmende, un-
sicher machende Teil der Arbeit, den nur Praxis und
Ahnungsvermögen zu verringern imstande sind. Doch
das eigentlich künstlerische Gefühl wird erst völlig
in Anspruch genommen durch die Lebhaftigkeit und
darum Aufdringlichkeit der das Porzellan schmücken-
den Farben, die, da sie das Hauptelement seiner
künstlerischen Erscheinung bilden, doppelt feinfühlig
behandelt sein wollen. Wird doch diese Aufgabe
noch dadurch erschwert, daß diese ganze Lebhaftig-
keit trotz alledem jene Delikatesse und Zartheit
bewahren muß, die das Porzellan aus so vielen an-
deren Gründen gebieterisch verlangt, daß sich mithin
hier Elemente miteinander vereinigen sollen, die im
Grunde genommen Widersprüche sind.

Diese Lebhaftigkeit der Farbigkeit erscheint im
Porzellan wie etwas Selbstverständliches. Sie ist zu-
nächst die Folge ihrer Möglichkeit, zufolge des

die Leuchtkraft der Farben hebenden Glasurgrundes,
sowie der den Emailfarben beigegebenen Glasflüsse,
die vielleicht nur noch durch die des Glases selber über-
troffen wird. Sie ist aus diesem Grunde etwas so
Natürliches, daß nach ihr bisher alle künstlerisch ge-
sunden Völker und Zeiten ohne Zurückhaltung gestrebt
haben, da jede Kunst eben diejenigen Kräfte in sich am
meisten ausbilden wird, die ihre stärksten und reich-
sten sind. Doch diese Lebhaftigkeit der Farben wird
auch gebieterisch gefordert durch das lichte Weiß
des Porzellans und den Glanz seiner Glasur, mit
denen nur gleichfalls reine, kräftige und leuchtende
Farben rivalisieren und ganz in Harmonie treten
können. Zu Kraft darf sich nur wieder Kraft ge-
sellen. Freilich stellt sich schon hier die Forderung
nach Delikatesse im Porzellan ein und verlangt starke
Rücksichtnahme: die Farbengebung darf bunt, aber
nicht schreiend, muß rein, aber nicht grell sein. Die
linke Seite des Spektrums muß eine größere Rolle
spielen als die rechte, und nicht aus Zufall steht das
Blau auf diesem Stoffe so gut, das ein gütiges Ge-
schick hier in den bekannten Kobaltblau mit so
besonderer technischer Bequemlichkeit zur Anwen-
dung kommen läßt. So ist hier im Porzellan stets
eine ganz besondere Vorsicht, eine ganz besondere
koloristische Feinfühligkeit erforderlich, die andere
Stoffe in diesem Maße durchaus nicht verlangen.
Dieselbe Feinfühligkeit erfordert die Anordnung
 
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