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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Bernoulli, Rudolf: Von alten und neuen Posamenten: Bericht über die Sonderausstellung des kgl. Kunstgewerbe-Museums in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0190
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VON ALTEN UND NEUEN POSAMENTEN

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Zuweilen aber kommen saftlose, milchige Farben vor,
helles Schweinfurter Grün, Blaßblau mit Hellrot und
Gelb oder Lila-Violett mit den unglaublichsten Farben
kombiniert. Es gibt einem ein bängliches Gefühl,
dabei zu bedenken, daß das nun das Ausgewählte
vom Besten ist, was deutsche Posamentierkunst zu
leisten vermag. Und die Muster sind kaum besser.
Wohl hie und da reizende geometrische Figuren oder
geschickt stilisierte Blumen und Girlanden, aber sonst
viel Unerfreuliches, Überladenes. Am geschmack-
vollsten sind hier wiederum die Arbeiten von Flem-
ming und von den Vereinigten Werkstätten für Kunst
im Handwerk; auch die von dem Maler Paul Arndt
entworfenen Borten, von dem jüngst verstorbenen
Posamentierer Paul Engel ausgeführt, sind sehr aner-
kennenswert. Im übrigen sind die Nachwehen des
Jugendstils noch nicht ganz überwunden. Sogar die
Arbeiten der Städtischen Höheren Webeschule in
Berlin sind nicht frei von solchen Reminiszenzen an
die Schnörkel- und Seerosen-Epidemie von 1900.
In anderer Hinsicht sind freilich gerade diese Arbeiten
sehr erfreulich. Man lernt die vielseitige Tätigkeit
dieser Schule schätzen; da wird gezeigt, wie eine
Naturstudie umstilisiert wird, um ein Band- oder
Bortenmusfer zu bilden, wie dasselbe Muster in ver-
schiedenen Techniken aussieht, wie die Zeichnungen
für die Maschine patroniert, d. h. auf das in kleine
Quadrate liniierte sog. Patronenpapier übertragen wer-
den. Und unter den mannigfachen Schülerarbeiten
sind doch einige, welche etwas versprechen. Für die
Durchdringung der Industrie mit künstlerischen Grund-
sätzen sind diese Schulen von unschätzbarem Wert.
Ihre Zöglinge werden nicht zu dienstbaren Geistern
für den Ungeschmack des großen Publikums, sondern
zu unabhängigen, künstlerisch empfindenden Tech-
nikern herangebildet. Wo sie in den praktischen Werk-
betrieb eingreifen können, werden die Grundsätze der
neuen Kunst allmählich durchdringen. Zudem ist
das ein viel natürlicheres Mittel zur Reform des Kunst-
gewerbes, als das gelegentliche Heranziehen von Ma-
lern und Architekten, die sich erst in die Technik
hineinfinden müssen; freilich hat auch dieses Verfahren
glänzende Resultate gezeitigt, die aber nur bei den
Werkstätten, wo die Künstler dauernd mitarbeiten,
von wirklich einschneidender Bedeutung sind. o

□ Am anziehendsten sind die Beispiele von An-
wendungen der ausgestellten Posamenten. Da zeigt
sich erst, ob das Ornament einer Borte sitzt, ob die
Fransen richtig fallen und ob die Farben passend
gewählt sind. Wo sich die Posamenten zwanglos
und harmonisch in das Gesamtbild des Wohnraumes
oder doch des Einzelmöbels einfügen, werden wir
ihre Berechtigung anerkennen müssen, obwohl immer
wieder der Widerspruch in uns rege wird, daß sich
dieselben Wirkungen vielfach besser durch Holzleisten
oder durch einfarbige Bänder oder ungarnierte, leicht
fallende Stoffe erreichen lassen. Man fühlt den Bei-
spielen an, daß überall, wo es geht, Posamenten an-
gebracht werden. Eine Übersicht der zum großen
Teil ausnehmend gelungenen Verwendungsbeispiele
läßt dieses Gefühl zur Gewißheit werden.



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HM #1

Entwürfe aus den kunstgewerblichen Meisterkursen
des Bayerischen Gewerbe-Museums in Nürnberg
unter Leitung von Richard Riemerschmid-München,

□ Ausführung von Jean Arold in Nürnberg o

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