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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Ausstellung badischer Volkskunst in Karlsruhe
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0014

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NEUE ARBEITEN VON ALBIN MÜLLER IN DARMSTADT



Stilornamente beigesellen, oft in reizender Vermischung
mit den bunten Blumen. So ist ein reich bemalter Schrank
aus Waldkirch verziert, dabei die Türfüllungen gar mit
biblischen Darstellungen geschmückt, so ein ähnlicher
Schrank aus Stockach mit Landschaftsbildern auf den Tür-
feldern. Nur Blumenschmuck zeigen fünf aus derselben
Werkstatt, aber zu verschiedenen Zeiten hervorgegangene
Schränke vom hohen Schwarzwald, an denen man auch
das zähe Festhalten der aus der Stilkunst übernommenen
Formen, wie hier der Rokokoschnörkel an den Aufsätzen,
beobachten kann. Aus der zweiten Gruppe seien hervor-
gehoben: [ein Schrank von Tauberbischofsheim mit kräf-
tiger Betonung von Gesimse und Sockel, lisenenartigen
Rändern an der Vorderseite, denen barocke Säulchen auf
derben Maskenkonsolen vorgesetzt sind, und blätterge-
schmückten Auflagen auf den Türmitten; ferner drei
Schränke aus Siegelsbach bei Neckarbischofsheim mit
kräftigen Barockvoluten als Gesimsabschluß und geschnitzten
Blumen und Vögeln auf den Türfüllungen. — Die alter-
tümlichen Bettladen mit ihrem auf Säulchen oder Pfosten
ruhenden flachen oder in der Mitte vertieften »Himmel«
verleihen einzelnen Gruppen einen besonderen Reiz; sie
sind entweder ganz bemalt, wie die mit Tulpen, Rokoko-
schnörkeln, Engelköpfen und Heiligenfiguren ganz naiv
gezierte aus Jestetten, oder es sind nur die innere Kopf-
seite und äußere Fußseite hervorgehoben, wie bei einer
Himmelbettlade aus Villingen, mit Blumensträußen inner-

halb reicher Umrahmungen. Besondere Beachtung ver-
dienen dann die zahlreichen Stühle, insbesondere die
eigentlichen Bauernstiihle mit dem trapezförmigen Sitzbrett,
den gespreizten Beinen und der mehr oder weniger reich
gebildeten Rücklehne, die der einzige Träger des Schmuckes
ist. Am häufigsten ist sie aus einem Brettstück geschnitten
und will dann nur durch die eigenartige Umrißform wirken
oder es sind außerdem auf der Vorderseite ganz flach ge-
haltene Bandverschlingungen, sich ringelnde Schlangen,
Doppeladler usw. angebracht. Weniger zweckdienlich sind
diejenigen Bauernstühle, deren Brettlehnen auf der Vorder-
seite mit kräftigem Relief geschmückt sind, wie einige mit
ausdrucksvollen Masken oder flottem Barock- und Rokoko-
rankenwerk besetzten der Ausstellung. Oft ist die Rück-
lehne auch als trapezförmiger Rahmen gebildet, und die
eingelassenen zierlichen Füllungen bringen dann Mannig-
faltigkeit und Schmuck. — Auch auf die ehemals so wert-
geschätzte .und liebevoll durchgebildete Wiege darf hin-
gewiesen werden, die in unsern Tagen fast ganz durch
den Kinderwagen verdrängt worden ist, besonders auf eine
ganz in Drechslerarbeit gefertigte, mit reichgegliedertem
und bemaltem Stabwerk aus den städtischen Sammlungen
in Freiburg i. Br. Aus weinbautreibenden Gegenden
(Werlheim, der Ortenau, dem Breisgau) sind Faßböden
mit eingeschnittenen Ornamenten und Inschriften und
insbesondere originelle Faßriegel ausgestellt, letztere von
den Küfergesellen selbst in urwüchsiger Schnitzerei als
 
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