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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Schulze, Otto: Nachlese von der Weltausstellung Brüssel
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0023

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16

NEUE ARBEITEN VON ALBIN MÜLLER IN DARMSTADT


licher werden. Von
solchen Waren, von
Abgüssen und Imi-
tationen kann der
bescheidenste Ta-
gesbedarf am kultu-
rellen Leben nicht
gedeckt werden. —
Um nochmals bei
unseren beiden Ge-
nossen zu verwei-
len. Auf den Aus-
stellungen soll doch
zum mindesten un-
sergeistigerund kul-
tureller Besitz aus-
getauscht und die
Völker einander nä-
hergebracht werden.
Diebloßen Handels-
beziehungen kamen
ja durch unsere
Platzvertreter und
Reisende bisher
auch so ganz befrie-
digend zustande.
Selbst Japan hat das
eingesehen, ist in
Brüssel nur mit ei-
nem sehr klug ab-
gezwickten Kram-
budenplatz vertre-
ten, schickt aber
seine Reisenden hin-
aus, man denkt so-
gar an Hausierer,
um uns schlechte
moderne Kunster-
zeugnisse aufzuhän-
gen. Kam auch zu
mir neulich ein
schwarzhaariger
gelber Jüngling mit
seiner Mustertasche,
die eine minderwer-
tige Nephritarbeit enthielt. »Nix kaufen, Herr?« »Nein, nix
kaufen, Freund!» »Nix?« »Nein, nix, zu schlecht!« »Oh —
Tag, Herr.« »Tag, Herr.« Und doch sind mir die Japaner so
überaus sympathisch, ich habe sie noch in bester Erinne-
rung von Paris 1900 her, wo sie noch die Fäden mit ihrer
Tradition nicht zerschnitten hatten. Es ist eigentlich traurig
für Europa, sich von der asiatischen Rasse so gering ein-
geschätzt zu sehen, daß es mit einer so mangelhaften
Exportware überschüttet werden darf, die hinter den deut-
schen Imitationen noch zurückbleibt. Und nun europäi-
siert Japan darin noch, namentlich in der Keramik, in
minderwertigem Porzellan. Wenn je die gelbe Gefahr für
uns verhängnisvoll werden sollte, dann wird sie es auf
dem Gebiete unseres industriellen Lebens. Aber Japan
fängt am schlechtesten Ende an; es macht es so wie
Deutschland bis 1890 etwa, bis wohin Reuleaux’ berühmtes
Wort galt: »billig und schlecht«. Kommen wir nicht in
Rückfall, dann behalten wir das Heft der kulturellen Füh-
lung und Führung in der Hand für etwa zwei Fünftel der
Bevölkerung der Welt. Aber die anderen drei Fünftel
brauchen nach wie vor Massenware, Blendwerk, Tand,
und es wäre wirtschaftlich ganz unklug von Deutschland,
an diesem Handelsgeschäft sich nicht nach wie vor zu be-

teiligen. Das bedingt schon die Lösung der Lebensmittel-
und Rohproduktenfrage, in der wir vom Auslande immer
abhängig bleiben werden. □
□ Unser deutsches Kunstgewerbe, Kunst, Wissenschaft
und Unterricht werden immer nur die Besuchskarte des
Deutschtums bleiben, denn gerade das Gute und Schöne,
das wir bieten, kommt im großen und ganzen nur der
Menschheit zugute; den Säckel muß nach wie vor die
eigentliche Arbeit füllen. Unsere Zimmer, Keramiken,
Metallarbeiten, Gemälde, Plastik und Kleinkunstsachen
werden auch künftig nur zu allererst bei der germanischen
Rasse Gegenliebe finden; die romanische Rasse lehnt sie
nach wie vor ab. Und so ist auch das Verständnis für
unser künstlerisches Streben nur bei unsern Sprachver-
wandten zu finden, mit denen wir, wenn auch divergierend,
so ziemlich am gleichen Strange ziehen. n
□ In Unterrichtsfragen, in allgemeiner Erziehung, im
Sanitätswesen, in Aufklärungsarbeit, kurz in unserer durch-
greifenden Arbeitsleistung an unserm Volke, die auch eine
solche an der Menschheit an sich umfaßt, dann auch im
Ingenieur- und Maschinenwesen, finden wir die Spuren
unserer Aussaat in allen Staaten. Ein Vergleich mit un-
serer Gesamtdarbietung bestätigt das. Für unser gesamtes
 
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