ERNST NEUMANN UND SEINE SCHULE
95
kunst eine Vereinfachung. Solche Vereinfachung
ist Ernst Neumanns Stärke. □
□ Wir haben es vorgezogen, hier nicht einige
der vielen bekannten fertigen Plakate Ernst Neu-
manns abzubilden, sondern wollten lieber die
Leser an den Naturstudien des Künstlers er-
kennen lassen, wie er seine Eindrücke sammelt
und verarbeitet. (Ernst Neumann erzählt glaub-
haft von einem »panischen Schrecken«, den er
bei einem plötzlichen, räumlichen Erlebnis vor
der Natur empfindet.) — Das einzige hier auf
S. 97 abgebildete, für einen bestimmten Zweck
geschaffene Reklameplakat zeigt die Art Neu-
manns, auch auf »kaltem Wege« räumliche
Wirkung zu erstreben. Er stellt naturalistisch
in den Vordergrund zwei weiße Büchsen des zu
annoncierenden Öls, verteilt andere, nur fleckig
und flächig angedeuteten Büchsen bis tief in den
Raum und läßt in farbenprächtigen Gewändern
eine spanische Tänzerin zwischen ihnen hindurch-
schreiten. Die Schrift »Vacuum Oil« hält selb-
ständig den Vordergrund. Auf anderen Plakaten,
besonders auf denen für die Automobil- und
Beleuchtungsindustrie, sind die zu empfehlenden
Objekte in Bewegung dargestellt, räumlich in-
mitten der entsprechenden, markant angedeuteten
Umgebung. In einer Gasreklame sind zwei
Beleuchtungskörper in schwarzweißer Zeichnung
so geschickt gegeben, daß ihre Strahlen aus
dem Raum herausstrahlen und den Beschauer
wirklich blenden. □
□ Seine Art der Naturerfassung und seine
Methode, räumlich zu sehen, zu empfinden, ja,
zu denken, überträgt Ernst Neumann sehr er-
folgreich auf seine Schüler. Er ist seit jeher
ein guter Lehrer gewesen; sein Vermögen, jeden
Eindruck, jedes Ziel auf eine klare, leicht be-
greifbare Formel zu bringen, wird unterstützt
durch seine anregende, suggestive Persönlichkeit.
FRITZ HELL WAG.
Aus dem »Plakatspiegel« von Ernst Growald-Berlin
□ Jedes Plakat muß etwas Sensationelles besitzen.
Die Sensation darf nicht Selbstzweck sein, sonst
macht das Plakat für die Sensation Reklame, aber
nicht fiir den betreffenden Gegenstand. — Die Sen-
sation darf vom Gegenstand nicht ablenken, sondern
soll auf ihn hinweisen. — Von einem guten Plakat
muß eine suggestive Wirkung ausgehen. — Die Sug-
gestion des Plakates muß dahin wirken, daß der an-
gezeigte Gegenstand ein feststehender Begriff wird.
Die Wirkung eines Plakates tritt nicht dadurch
ein, daß der Beschauer einen Willen entwickelt, das
betreffende Plakat anzusehen, sondern das Plakat
wirkt gegen den Willen des Beschauers, ja meistens,
ohne daß er sich dessen bewußt wird. — Ein gutes
Plakat soll nicht nur im ersten Moment wirken,
sondern auch einen derartigen Eindruck hinterlassen,
daß der Beschauer leicht und immer wieder daran
erinnert wird. □
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kunst eine Vereinfachung. Solche Vereinfachung
ist Ernst Neumanns Stärke. □
□ Wir haben es vorgezogen, hier nicht einige
der vielen bekannten fertigen Plakate Ernst Neu-
manns abzubilden, sondern wollten lieber die
Leser an den Naturstudien des Künstlers er-
kennen lassen, wie er seine Eindrücke sammelt
und verarbeitet. (Ernst Neumann erzählt glaub-
haft von einem »panischen Schrecken«, den er
bei einem plötzlichen, räumlichen Erlebnis vor
der Natur empfindet.) — Das einzige hier auf
S. 97 abgebildete, für einen bestimmten Zweck
geschaffene Reklameplakat zeigt die Art Neu-
manns, auch auf »kaltem Wege« räumliche
Wirkung zu erstreben. Er stellt naturalistisch
in den Vordergrund zwei weiße Büchsen des zu
annoncierenden Öls, verteilt andere, nur fleckig
und flächig angedeuteten Büchsen bis tief in den
Raum und läßt in farbenprächtigen Gewändern
eine spanische Tänzerin zwischen ihnen hindurch-
schreiten. Die Schrift »Vacuum Oil« hält selb-
ständig den Vordergrund. Auf anderen Plakaten,
besonders auf denen für die Automobil- und
Beleuchtungsindustrie, sind die zu empfehlenden
Objekte in Bewegung dargestellt, räumlich in-
mitten der entsprechenden, markant angedeuteten
Umgebung. In einer Gasreklame sind zwei
Beleuchtungskörper in schwarzweißer Zeichnung
so geschickt gegeben, daß ihre Strahlen aus
dem Raum herausstrahlen und den Beschauer
wirklich blenden. □
□ Seine Art der Naturerfassung und seine
Methode, räumlich zu sehen, zu empfinden, ja,
zu denken, überträgt Ernst Neumann sehr er-
folgreich auf seine Schüler. Er ist seit jeher
ein guter Lehrer gewesen; sein Vermögen, jeden
Eindruck, jedes Ziel auf eine klare, leicht be-
greifbare Formel zu bringen, wird unterstützt
durch seine anregende, suggestive Persönlichkeit.
FRITZ HELL WAG.
Aus dem »Plakatspiegel« von Ernst Growald-Berlin
□ Jedes Plakat muß etwas Sensationelles besitzen.
Die Sensation darf nicht Selbstzweck sein, sonst
macht das Plakat für die Sensation Reklame, aber
nicht fiir den betreffenden Gegenstand. — Die Sen-
sation darf vom Gegenstand nicht ablenken, sondern
soll auf ihn hinweisen. — Von einem guten Plakat
muß eine suggestive Wirkung ausgehen. — Die Sug-
gestion des Plakates muß dahin wirken, daß der an-
gezeigte Gegenstand ein feststehender Begriff wird.
Die Wirkung eines Plakates tritt nicht dadurch
ein, daß der Beschauer einen Willen entwickelt, das
betreffende Plakat anzusehen, sondern das Plakat
wirkt gegen den Willen des Beschauers, ja meistens,
ohne daß er sich dessen bewußt wird. — Ein gutes
Plakat soll nicht nur im ersten Moment wirken,
sondern auch einen derartigen Eindruck hinterlassen,
daß der Beschauer leicht und immer wieder daran
erinnert wird. □