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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Hellwag, Fritz: Das Bismarck-Nationaldenkmal am Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0120

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DAS BISMARCK-NATIONALDENKMAL AM RHEIN

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sehr eindrucksvolle, monumentale
Wirkung zu erzielen. Dies Bismarck-
Denkmal von Pechstein, Schmidt
und Wünsche wäre der sichere und
richtige plastische Ausdruck unserer
Zeit und könnte dem deutschen Volke
den gegenüberstehenden Tafelaufsatz
auf dem Niederwald-Denkmal nach-
drücklich verleiden. Also kann man
mit Sicherheit annehmen, daß es
nicht ausgeführt werden wird. □
□ Wären die Grundlagen des Wett-
bewerbes, so wie sie vom Preisge-
richt nachträglich substituiert wurden,
von Anfang an klar entwickelt ge-
wesen, so hätte uns dieser Wett-
bewerb vielleicht den Kult - Platz,
die Festspielanlage, den nationalen
Sammelpunkt für gehobene Stunden,
nach dem unsere Zukunft vielleicht
verlangen wird, bescheren können.
So aber ist auch dieses Problem
nur im Nebenamt behandelt worden
und erhielt meist einen antiken Aus-
druck. Man kann sich überhaupt
nicht der Erkenntnis verschließen,
daß es uns an einem gemeinsamen
nationalen Empfinden noch zu fehlen
scheint. (Dies wäre ja auch schon
der Höhepunkt der Monumentalität.)
So machten beinahe alle Künstler
Anleihen bei der Antike oder, was
auf uns noch viel peinlicher wirkt,
bei der unklaren Sagenstimmung
unserer eigenen Vorgeschichte. Ein
nationaler Festplatz ist aber kaum
als Anhängsel zu einem Denkmal von
spezieller Bestimmung zu gestalten,
da er von jenem immer seine geistige
Beeinflussung empfangen würde.
Wir kämen zu einer Anbetung, zu einem Götzen-
dienst und nicht zu einer seelischen Freiheit, mit
dem unsere Nachkommen ihre nationalen Feste feiern
sollen. Wer von den Bewerbern dies empfand, ist
schon aus diesem Grunde dem selbständigen Festplatz-
Problem aus dem Wege gegangen und hat diese An-
lage nur mehr als einen Ausgleich des Terrains, als
ein Verbindungsglied zwischen Denkmal und Natur
behandelt. □
□ So wäre also der Wettbewerb als mißglückt zu be-
zeichnen? Wenn man den Gedankengang des Preis-
gerichtes, dem ganz sicher selbst dabei schwül gewesen
und geworden ist, folgen wollte, ja. Kann man sich
aber von dieser, man verzeihe den Ausdruck, Verbohrt-
heit befreien, so ist die Hoffnung noch lange nicht
aufzugeben. Ein Entwurf von bezwingender Bedeu-
tung ist nicht dabei, wohl aber viele, die von der Be-

gabung und Berufung ihrer Schöpfer deutlich Zeugnis
ablegen. Noch kann man nicht davon schreiben, weil
die Verfasser noch anonym sind. Nur vom einem
Entwurf (60), und er erscheint mir als der bedeutendste,
ist mir der Name bekannt: Wilhelm Kreis. Ein wuch-
tiger Kuppelbau mit breiten vorgebauten halbrunden
Säulen; die Terrasse scharf und klar gebildet. Rich-
tige Architektur vom Großen bis ins Einzelne. Fern
von jeder Symbolik, der widerwärtigen Impotenz der
Literatur-Architekten, voll erfrischender Klarheit und
jugendlicher Kraft und trotz romanischer Anklänge
echt deutsch. Sicher würde auch einer späteren Zeit
durch dieses Denkmal Achtung eingeflößt werden. □
□ Man kann nach dem Gesagten nur noch bitten,
die Entscheidung über die Ausführung nicht zu über-
eilen, sondern auch die Stimmen in der Öffentlichkeit
zu sammeln und zu wägen. n

FRITZ HELLWAG.
 
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