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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Hellwag, Fritz: Richard Kuöhl
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0175

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SPRECHSAAL FÜR DIE LESER

sicherem Instinkt zu beurteilen, welche Form und
technische Behandlung ihnen angemessen ist. Neben
dieser gründlichen handwerklichen Schulung entwarf
der Künstler zahlreiche Modelle aller Art, besonders
für Keramik und Bronze. Letztere wurden von
der Firma Otto Schulz in Berlin zur Ausführung
erworben und bald siedelte Kuöhl nach Berlin über,
um sich ganz dieser Firma zu widmen. Nun stellte
auch der äußerliche Erfolg sich ein: Kuöhl erhielt
für das Dresdener Spielzeug und für seine Berliner
Bronzearbeiten auf der »Dresdener Kunstgewerbeaus-
stellung 1906« die große silberne Staatsmedaille. □
□ Aber seine wirkliche Bestimmung fand Richard
Kuöhl erst, als er begann, in Stein zu arbeiten. An-
fänglich haftete seiner Konzeption für dieses Material
noch etwas keramisch Gedachtes an, aber bald fand
er sich zurecht und sein in langer Übung geschärfter
Instinkt für die Erfordernisse jeder Materialart kam auch
hier zum Durchbruch. Jede Steinart verlangt schon
von dem Entwurf ein besonderes Empfinden in bezug
auf die Form der Behandlung. Um ein grobes Bei-
spiel zu sagen: eine detaillierte Durcharbeitung, wie
sie bei dem Marmor möglich ist, verbietet sich
bei dem Muschelkalk, der eine großzügige Konzeption
erfordert, ganz von selbst. Dazwischen liegen aber
ungezählte Nuancen. Mit dem gefühlsmäßigen Ein-
gehen auf die Bedingungen des Materials erschöpft

SPRECHSAAL FÜR DIE LESER
□ »Gezeichnet oder genehmigt!?« Es ist verdienst-
lich, diese wichtige Frage auch mal im »Kunstgewerbe-
blatt« aufgeworfen zu haben; daß sie durch das Kunstschutz-
Gesetz noch mehr in das »Geschehen von Amts wegen«
hineingeschoben wird, sollte allen Herrschenden und Die-
nenden zum Bewußtsein kommen. Der »Urheber« sollte
selbstverständlich überall da genannt werden, wo er auch
in einem dienstlichen Verhältnis geistige oder künstlerische
Arbeit leistet, sei das im Hoch- oder Tiefbau, im Straßen-
oder Wasserbau, im Maschinen- oder Schiffsbau, in der
Ingenierkunst oder sonst wo! Das »Genehmigt« drückt
nur ein Einverständnis, eine Gutheißung, natürlich auch
die Übernahme einer gewissen Verantwortlichkeit aus.
Es kommt ja heute schon des öfteren vor, daß man da-
neben auch das »Gezeichnet« von X Y Z besonders ver-
merkt findet. Ich würde noch weitergehen und die Ver-
merke für alle Behörden pp. ob Staat, Kommune oder
Privatunternehmen, verbindlich machen, und dafür etwa
folgende Staffelung vorschlagen: Nach Ideenskizzen ge-
zeichnet, bearbeitet oder entworfen von .. . .; technische Be-
arbeitung, Grundrisse, Schnitte, Konstruktionen pp. von ....;
künstlerische Gestaltung von . . . .; entworfen und ge-
zeichnet von . . . .; oder entworfen von . . . .; gezeichnet
von .... Es gibt also viele Möglichkeiten, Mitarbeit und
Urheberschaft durch solche oder doch ähnliche Testate zur
Beachtung und Anerkennung zu verhelfen. Sehr häufig
ernten Dank und Anerkennung nur die Herren Vorgesetzten,
während Fehlschläge, Geschmacklosigkeiten, Konstruk-
tionsfehler auf die anfänglich nicht genannten Mitarbeiter
und Untergebenen nicht selten abgewälzt werden. Berufs-
freudigkeit wird dadurch natürlich nicht gefördert. □
Karl Heinrich Otto.

sich natürlich die Fähigkeit eines tüchtigen Plastikers
und insbesondere eines Architektur-Plastikers keines-
wegs. Er hat den Rhythmus der Architektur, der Bau-
schöpfung (sofern eine solche vorhanden ist!), mit
seinem ganzen Wesen zu erfassen und festzuhalten;
ihm hat sich seine Mitarbeit, die ja jenen Rhythmus
ornamental ausklingen lassen soll, unbedingt ein-
und unterzuordnen. Ein anderes Moment, das der
Bildhauer wohl zu beachten hat und nur allzu oft
unberücksichtigt läßt, ist der Grad der Körperhaftig-
keit seiner Plastik. Außer der Stärke der übrigen
Bauglieder ist hier die Richtung und Intensität des
Lichtauffalles maßgebend usw. a
□ Alle diese Dinge sind eine besondere Stärke Kuöhls,
die der Leser an der Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit
der hier abgebildeten Proben ausgeführter Arbeiten
selbst nachprüfen mag. Kuöhls Erfahrung und prak-
tische Übung auch in allen anderen plastischen Arbeiten
des Hauses, in Beleuchtungskörpern, Öfen, Decken
usw. lassen ihn, sehr zum Vorteil der Einheitlichkeit
der Bauschöpfung, zum »universalplastischen« Mit-
arbeiter des Architekten berufen erscheinen. □
□ Vielleicht gibt sich auch einmal die Gelegenheit,
Richard Kuöhl mit einem Lehramt zu betrauen —
jüngst stand er schon für die Besetzung eines Bild-
hauer-Lehrpostens in der Charlottenburger Kunstge-
werbeschule in allerengster Wahl. □


Richard Kuöhl-Berlin, Entwurf und Ausführung einer angetragenen
Deckenrosette und farbiger Betonintarsien
 
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