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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Breuer, Robert: Architektur und Gartenbau auf der Breslauer Jahrhundert-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0190

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DIE BRESLAUER JAHRHUNDERT AUSSTELLUNG

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will gelobt sein; die bunte Wirrnis,
die das Wesen solch einer Alotria-
maschinerie ausmacht, wurde ge-
schickt angeordnet und damit wirk-
samer gemacht. In weitem Bogen
galoppiert die Maskerade der Chi-
noiserien und Alpenfexereien; die
Chose hat Tempo und Rasse. □
□ Was nun die Hallenbauten be-
trifft, so ist die Jahrhunderthalle des
Stadtbaurats Berg eine kühne und
geistreiche Architektur, die Ausstel-
lungshalle des Professors Hans
Poelzig ist die reifere. Beide wurden
in Eisenbeton konstruiert; beide sind
typische Dokumente des neuen, durch
dieses Material bestimmten Stiles.
Besser: des sich gegenwärtig erst
bestimmenden Stiles. Denn das ist
gerade das Interessante an diesen
beiden Bauten, daß man sieht, wie
aus den Möglichkeiten des neuen
Baustoffes heraus, neuen Aufgaben
Gehorsam, neue, die geschichtliche
Kontinuität indes nicht wild durch-
brechende Formen gesucht werden.
Man muß sich darauf besinnen,
daß die Baukunst seit den Tagen
der Gotik sich nicht wieder in ähn-
licher Lage fand, wie heute: eine
völlig neue Konstruktionsmöglichkeit
und ein völlig neues Massengefühl.
So erklärt es sich, daß, genau wie
im dreizehnten und vierzehnten
Jahrhundert, plötzlich der Bauwille
in das Grenzenlose schweifen möchte.
Wie damals die schlanken Pfeiler
in den Himmel gejagt wurden und
die Spitzbogen Räume umspannten,
die alle Bedürfnisse weit hinter sich
ließen, um allein die Unermeßlichkeit
des neuen Empfindens zum Ausdruck
zu bringen, so drängte der erste
Rausch der Eisenkonstruktion den
Eifelturm gegen die Wolken, so
wachsen jetzt die verwirrenden Span-
nungen von Brücken, die gigan-
tischen Hallen für die Konzentra-
tionen der Industrie. So wuchs
auch die Breslauer Halle der Zehn-
tausend zugleich als Triumph des
neuen Systems und als Monument
des inzwischen entscheidend ge-
wordenen Volkswillen. Eisenbeton
und Demokratie gehören zusammen.
Von außen angeschaut erinnert die
Bergsche Halle an die bekannte

Hans Poelzig, Detail des Ausstellungsgebäudes
Stadtbaurat Berg, Grundriß der Festhalle der
Jahrhundertausstellung in Breslau



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