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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Breuer, Robert: Architektur und Gartenbau auf der Breslauer Jahrhundert-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0191

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BRESLAUER JAHRHUNDERT AUSSTELLUNG

1 QA
1 Ö4



Stadtbaurat Berg, Festhalle auf der Jahrhundertausstellung in Breslau

Form der Gaskessel; nur, etagen-
weise verjüngt sich der Bau gegen
seine Höhe. Die Wandungen der
einzelnen Ringe sind ganz in rah-
mendes Gerüst und Glasfläche auf-
gelöst. Um den Hauptkörper lagert
sich ein Kranz von vier Kapellen,
die bis etwa zur halben Höhe des
Zentralbaues emporsteigen. Diese
Ausbuchtungen oder Anbauten sind
keine sehr glückliche Lösung, sie
stören die Wucht der Haupthalle;
sie ließen sich nicht überzeugend
der gebogenen Wandung eingliedern.
Tritt man in das Innere der Halle,
so ist der erste Eindruck über-
wältigend; ein unermeßlicher Raum
wölbt sich, ein phantastischer Kreis
zerbrechlicher Rippen hebt sich
elastisch, scheint in der Luft zu
vibrieren, macht die Sinne wirbeln
und fliegen. Es ist nicht die Klar-
heit des Pantheons, noch die Majestät
der Peterskuppel, die uns umfängt;
diese Spannung von siebenund-
sechzig Metern, diese gewagte Re-
duzierung aller tragenden Teile, diese nur als Tatsache hinzunehmende, aber keineswegs gleich zu verstehende
Konstruktion, das alles wirkt erregend. Man kann auch nicht gleich sagen, ob die Forderungen und Möglich-
keiten des Eisenbetons erfüllt wurden, oder ob ähnliches auch mit einer ummantelten Eisenkonstruktion zu
erreichen gewesen wäre; man kann nicht sofort erfassen, welcher Aufgabe dieses machtvolle Glashaus dienen
soll. Und dies um so weniger, als gegenwärtig durch die ganze Breite und Tiefe des Erdgeschosses ein
bis über den oberen (und einzigen) Umgang hinausreichendes, die Architektonik der Halle sehr gefährdendes
Amphitheater (zum Beschauen des Hauptmannschen Festspieles) eingebaut ist. Für Schauzwecke solcher Art
ist die Halle also nicht ohne weiteres zu benutzen; Versammlungen von zehntausend Menschen werden nicht
immer leicht zu arrangieren sein, und, ob bei einem Konzert die notwendige Akustik sich einstellen wird,
bleibt noch abzuwarten. Es mangelt
der Bergschen Halle also nicht an
Problematik; sie behauptet sich den-
noch als eine Manifestation neuer
Baugesinnung und neuen Konstruk-
tionsgeistes. □
□ Die Ausstellungshalle des Hans
Poelzig, die gebaut wurde, nach-
dem die Bergsche Halle sich als für
Ausstellungszwecke als ungeeignet
erwiesen hatte, ist in ihrer Gesamt-
anlage keineswegs revolutionär; sie
ist aber in allen Einzelheiten eine
sorgfältige Anwendung des Eisen-
betons (die vertikalen Zwischen-
wände sind verputztes Mauerwerk),
sie ist vor allem die geklärte Erfüllung
eines streng formulierten Programms.
Die Ausstellung, die in dieser Halle
ihr Gefäß bekam, wurde dadurch
zu einem lebendigem Organismus.
Aber auch jeder späteren Ausstellung,
die in diesem Haus (das gleich der
Bergschen Halle dauernd bleiben
soll) einziehen wird, dürfte die ab-
wechslungsreiche, praktisch erwogene

Hans Poelzig, Pergola auf der Jahrhundertausstellung in Breslau
 
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