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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 9.1912

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Nr. 7 (17. November 1911)
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https://doi.org/10.11588/diglit.51756#0078
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DER KUNSTMARKT

Alles, was die zeitgenössische Graphik an hervor-
ragenden Leistungen erzeugt hat und die moderne Buch-
kunst der verschiedensten Länder in den letzten Jahren
in so erfreulicher Weise erreichte, auf einer groß angelegten
Ausstellung vereinigt zu sehen, wird in absehbarer Zeit
ermöglicht werden und damit wird einem großen Sammler-
kreise Gelegenheit geboten, eine Übersicht über das Ge-
leistete zu bekommen, wie es bisher in solch ausgedehntem
Maße kaum vorher der Fall war. Die Vorarbeiten für die
Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und
Graphik Leipzig 1914, deren Zustandekommen schon
seit Monaten gesichert ist, haben in den letzten Monaten
erhebliche Fortschritte gemacht. Das Königlich Sächsische
Ministerium des Innern hat, vorbehaltlich der ständischen
Genehmigung, zu dem Qarantiefond den Betrag von
200000 Mk. bewilligt. Der Rat und die Stadtverordneten
der Stadt Leipzig haben für die Ausstellung nicht nur ein
400000 qm großes Gelände unentgeltlich zur Verfügung
gestellt, sondern auch für den Garantiefond ebenfalls den
Betrag von 200000 Mk., darunter 50000 Mk. als festen Bei-
trag bewilligt. Von privater Seite sind, ohne daß bis jetzt
eine besondere Werbung erfolgte, 150000 Mk. zu dem
Garantiefond gezeichnet, dessen Höhe augenblicklich
550000 Mk. beträgt. Die Ausstellungsbedingungen nebst
genauem Gliederungsplan usw. sind ausgearbeitet worden
und werden, nach endgültiger Beratung und Genehmigung
durch das Direktorium, im Dezember zum Versand kommen.
Als weiteres ausführendes Organ ist ein Bauausschuß ge-
wählt worden, dem als Mitglieder angehören die Herren:
Baurat Franz Theodor Franke, Stadtbaurat Fritz Peters,
Architekt Hermann Schmidt, Professor Max Seliger, Stadt-
bauinspektor Hans Strobel und Dr. Ludwig Volkmann.
Am 2. Dezember ign nachmittags x/24 Uhr findet in der
Gutenberghalledes Deutschen Buchgewerbehauses in Leipzig
eine Versammlung statt, zu der nicht nur Vertreter künst-
lerischer, technischer und wirtschaftlicher Vereinigungen,
sondern auch namhafte Persönlichkeiten des Deutschen
Buchgewerbes, der Graphik und Photographie eingeladen
sind. Neben eingehenden Mitteilungen über Größe der
Ausstellung, deren Organisation, Durchführung usw. sollen
auch von Seiten der Anwesenden Vorschläge für die so
wichtigen eigentlichen Arbeitsausschüsse gemacht werden,
da das aus fünf Personen bestehende Direktorium nur die
Gesamtleitung in der Hand haben wird.
Am 20. und 21. November gelangt bei J. M. Heberle
(H. Lempertz Söhne) in Köln a. Rh. eine ausgewählte und
umfangreiche Sammlung von Gemälden älterer und
neuzeitiger Meister zum Verkauf, die aus dem Besitze
des Herrn ;G. E. Adler stammen und das Interesse der
weitesten Sammlerkreise verdienen. Der größte Teil sind
neuzeitige Meister, namentlich der Düsseldorfer, Münchner
und Wiener Schule. Durch treffliche Arbeiten ist der ge-
niale Duxa vertreten, ferner die Landschaftsmaler Reiß
und Fedder, von denen namentlich der letztere sich durch
mehrere äußerst stimmungsvolle einfache Flußlandschaften
auszeichnet, die interessante Beleuchtungsprobleme lösen.
Agricola mit einem Bildnis Kaiser Ferdinands, Kupelwieser
mit mehreren Herrenbildnissen, Egger-Lienz und Knüpfer
mit trefflichen Studienköpfen, Gabriel Max mit einem träu-
merisch blickenden Frauenbildnis, Dirck mit einem Familien-
bild, Recknagel mit einem lieblichen Kinderbildnis, Nonnen-
bruch, Nitsch, Rotschild, Schlegel u. a., die Landschaften
und Genrebilder von Frey, Quaglio, Thill u. a. verdienen
ebenfalls Interesse. Schließlich müssen wir noch die Zeich-
nungen von Grützner, Lindenschmidt und Herterich hervor-
heben. Die an Zahl zwar kleine Abteilung von Gemälden
älterer Meister ist ebenfalls wichtig, hier ist manches gute
Stück u. a. ep St. Sebastian von Cavaraggio. Ferner van

Thuldens St. Franziscus, (lebensgroße Halbfigur von packen-
der Auffassungskraft), Malombres flott komponiertes Gemälde
»Die Zöllner« sowie Böckhorsts »Diana krönt einen Jäger«.
Schließlich sei noch auf das Herrenbildnis von Pesne, die
Landschaften von Tassone und den lesenden Mönch von
Zurbaran hingewiesen.
Über die Sammlung ist von der leitenden Firma ein
reich illustrierter Katalog herausgegeben worden, der auch
manchen anderen bekannten Meister aufweist.
Auktionen in der Galerie Helbing, München.
Über drei aufeinanderfolgende Versteigerungen Helbings
ist zu berichten. Am 23. November wird die Miniaturen-
Sammlung des Kommendatore J. Th. Ethofer-Salzburg
versteigert: Viele bemerkenswerre Porträtminiaturen des
17. bis ig. Jahrhunderts, besonders reich ist die Zeit von
Kaiser Franz I. bis ungefähr 1840 vertreten, dabei viele
hübsche Bildnisse der Empirezeit; unter den späteren findet
sich auch eine Arbeit Daffingers. Der Katalog reproduziert
38 der interessantesten Stücke auf sieben Lichtdrucktafeln.
Am 24. November vormittags kommt eine Sammlung von
Ölgemälden alter Meister zur Versteigerung. Es ist
Schweizer Besitz, stellt aber eine in Brügge zusammenge-
brachte alte Sammlung dar. Mehrere Gemälde haben bekannte
englische Sammlerzeichen. Der Katalog reproduziert 30 Bilder
auf 20 Kupferdrucktafeln; in den Benennungen ist große
Zurückhaltung geübt, manches sehr bemerkenswerte Werk als
unbekannter Meister der betreffenden Zeit bezeichnet. Hervor-
zuheben sind zunächst eine sehr schöne Marine (Geschichte
des Jonas) des Andries van Artvelt, ein hervorragend feiner
Cornelis Huysmans, ein hübscher Simon van der Does, ein
treffliches Damenporträt des Nocolaes Maes, daneben einige
andere diesem Meister zugeschriebene Bilder, auch ein sehr
schöner van der Tempel, sowie ein großes, dekoratives Bild
der englischen Schule des 18. Jahrhunderts. In zweiter
Linie sind zu nennen eine bemerkenswerte Atelierkopie
nach Jan Steen, ein Bildhaueratelier, David Teniers zuge-
schrieben, einige gute Marinen (Porcellis, De Vlieger usw.),
Stilleben und Blumenstücke (z. B. ein Abraham Mignon
sowie eine große Zahl von Niederländern), die näherer Be-
achtung zu empfehlen sind.
Gleichzeitig kommt am Freitag, den 24. November nach-
mittags 3 Uhr, eine sehr gute Kollektion von Schmuck-
gegenständen aus Frankfurter Privatbesitz zum Aufwurf.
Es befinden sich darunter ein hervorragendes Perlen-Sautoir
von 332 Perlen.
Der Katalog mit sechs Lichtdrucktafeln ist ebenso wie
die beiden übrigen Kataloge durch Hugo Helbing-München
zu beziehen.
Soeben ist bei der Firma C. O. Boerner in Leipzig
der große Auktionskatalog der Geibelschen Autographen-
sammlung II. Teil erschienen, der die umfangreichen und
äußerst wertvollen historischen und wissenschaftlichen
Autographen enthält. Ein Originalporträt Nelsons von
Heinrich Schmidt (Dresden) vom Jahre 180t ist dem Katalog
in Farbendruck beigegeben. Insbesondere sind die Auto-
graphen der deutschen Fürsten-Familien in einem Umfang
verzeichnet, wie sie kaum je eine Sammlung enthalten hat
Die wertvollsten Stücke dürften davon dem Hause Brandenburg
angehören, wo die Abteilung Friedrichs des Großen den
Glanzpunkt bildet. Kostbare Nummern enthält ferner die
Abteilung berühmter Frauen. Die Wissenschaftler wurden
vielfach zu umfänglichen Sammlungen vereinigt, um das
übergroße Material einigermaßen auf den Umfang eines
Auktionskataloges bringen zu können. — Der Katalog, der
in Umfang und Ausstattung demjenigen der ersten Abteilung
gleicht, wird von der Firma C. G. Boerner, Leipzig, wie
jener, zum Preise von 3 Mk. versandt.
 
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