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Kunstnachrichten — 1.1911/​1912

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No. 5/6 (15. Januar 1912)
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https://doi.org/10.11588/diglit.57913#0018
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18 —

hätte fassen sollen, alle ihm obliegenden Pflichten
nach seinen besten Kräften zu erfüllen.“
Nachdem noch 140000 Taler in das Etablis-
sement hineingesteckt waren, dem auch sonst be-
sondere Privilegien, wie freier Holzbezug,. Akzise-
und Zollfreiheit, eigene Gerichtsbarkeit, Siegel mit
Adler und Zepter, verliehen wurden, kam es vor
allem darauf an, den Absatz zu steigern. Hatte
sich schon Gotzkowsky verpflichten müssen, mo-
natlich für 6000 Taler Porzellan abzunehmen,
so wurde nun den Juden auf erlegt, ein bestimm-
tes Quantum Ware für den Vertrieb im Auslande
zu erwerben, die General - Lotteriepacht - Sozietät
mußte für 6000, später für 9600 Taler jährlich
kaufen, und es wurde, dafür gesorgt, daß der
Porzellandebit an gewandte Kaufleute gegen
Kautionsstellung nach auswärts vergeben wurde.
So- betrug denn der. Umsatz in den ersten vier-
undzwanzig Jahren der Manufaktur 2,188309
Taler, 27 Silbergroschen, 61 Pfennig, bei einem
Reingewinn von 464 050 Talern, 7 Silbergroschen,
6 Pfennigen für die königliche Schatulle.
Noch in demselben Monat September des
Jahres 1763 machte Friedrich der Anstalt einen-
zweiten Besuch und erkundigte sich, woher man
das Rohmaterial bezöge. Als man ihm Passau
in Bayern als Provenienz bezeichnete, sagte er
zum Direktor Grieninger: „Ich erinnere mich,
daß ich in Schlesien an verschiedenen Orten, und
besonders auf dem Wege, der von Tannhausen —
hat Er eine Schreibtafel ? schreibe Er sich die
Namen auf! — nach Charlottenbrunn und weiter
nach Langenwaltersdorf führt, ungefähr eine halbe
Meile von Tannhausen, eine schöne weiße Erde
wahrgenommen habe. Er muß an meinen Mi-
nister von Schlabrendorf schreiben und von
Schlesien Proben kommen lassen.“ Auf die
weitere Frage des Direktors, an wen er über den
Erfolg der anzustellenden Proben zu rapportieren
habe, war die Antwort: „Er berichte an mich,
und am Schluß eines jeden Monats schicke Er
mir einen summarischen Kassenextrakt.£? Es ge-
lang denn auch wirklich, in Ströbel am Zobten
und später in Brachwitz bei Halle eine brauch-
bare Erde zu finden, die noch heute ver-
wendet wird.
Fürstliche Besuche waren meist von größeren
Ankäufen begleitet, was Friedrich umsomehr
Freude bereitete, als er selbst Erwerbungen mit
den Worten abzulehnen pflegte: „Sieht Er, das
ist schön und schöner, als ich’s zu Meißen ge-
sehen habe; aber ich kann’s nicht kaufen, ich
habe kein Geld.“
Das Interesse für die Porzellan - Manufaktur
blieb dem König bis in die letzten Jahre seines
Lebens, als er einsam und alternd sich mehr und
mehr auf seine Residenz Potsdam beschränkte.
„Der König wohnte in dem neuen Schloß und
ließ mir befehlen, dahin zu ihm zu kommen. Ich

war gleich den anderen Tag Morgens nach 6 Uhr
vor seiner Tür, vernahm aber von seinem Kam-
merhusaren mit Schrecken, daß der König vom
Podagra und vom Chiraga die allergrößten Schmer-
zen erdulden und ausstehen müsse. Ich hatte
etliche, mit couleur de rose, des Königs Favorit-
farbe, bemalte und' vorzüglich gut geratene Stücke
von der Manufaktur mitgenommen, die ich, da
er mich vor sich kommen ließ, bei seinem Bette
auf einen Tisch stellte. Kaum daß er dieselben
ins Auge bekommen hatte, mußte ihm eins nach
dem andern ins Bett gegeben werden.“
„Den 9. Januar 1781 kam der König die
Wachparade in •dem auf der Porzellanmanufaktur
Grund und Boden stehenden Exerzier-Hause zu
sehen. Beim Zurückfahren stieg er beim Vorder-
hause aus dem Wagen und ging mit dem General-
lieutenannt von Möllendorff auf das Hauptwäaren-
Lager. Im Hinaufgehen sägte er auf der Treppe
zu mir: weiß er wohl, wie lange es schon ist,
daß ich nicht hiergewesen bin ? Sie werden in-
dessen viele schöne Sachen gemachet haben! “
Ueber dieVorräthe war der allergnädigste König
sehr zufrieden, nur befremdete ihn, daß so viele
davon weiß und unbernalt waren; da er aber
hörte, - daß seit einiger Zeit der Absatz von be-
malten Porzellanen stärker als der von weißen
gewesen, dadurch aber auch die Einnahme um
so ergiebiger geworden wäre, sagte er: das ist gut
und daß der bemalten bald wieder mehrere vor-
räthig sein, dafür werden Sie schon sorgen. Daß
das Waarenläger zu enge sei, wie Er mir gesagt
hat, das sehe ich wohl ein;, ich werde es er-
weitern, und die zwei niedrigeren Nebengebäude
dem Corps de Logis gleich hoch aufführen lassen.“
Schon den anderen Tag kam der Hauptmann
von Gontard, um das ganze Gebäude aufzuneh-
men und dasselbe mit den beiden zu erhöhen-
den Nebengebäuden in einen Riß zu bringen.
Da der König den 12. September 1781 vor der
Manufaktur vorbeiritt, ließ er mich zu sich an’s
Pferd kommen und fragte: ob bei der Manu-
faktur viele auswärtige Bestellungen in Anfertigung
wären? Auf meine bejahende Antwort und Be-
nennung einiger Bestellungen von London, von
St. Petersburg, von Warschau, sagte er: „das ist
mir lieb, Sie werden schon fleißig arbeiten. Leb’
Er wohl! Mit meinen Bestellungen hat es noch
Zeit.“'
„Schon seit dem 9. Januar 1781 hatte die
Manufaktur des Glücks, ihren geliebtesten König
bei sich zu sehen, wegen desselben so sehr ge-
schwächten Gesundheit entbehren müssen. Erst
heute, den 4. Januar 1784, kam er zu aller
inniger Freude wieder auf das Hauptwaarenlager
und ging durch alle Abtheilungen desselben, um
die während seiner Abwesenheit zu Stande ge-
brachte Erhöhung der beiden Seitengebäude und
die dadurch gewonnene Erweiterung des Haupt-
 
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