Die Pfadfinder dabei waren verschiedene Dilettanten,
die sich schon vor dem Kriege als Kunstliteraten, Kunst-
händler, Kunstverleger und Propagandisten für mo-
dernste Kunst mit Erfolg versucht hatten, sich sicher
durch den Krieg gebracht und sogar wä'hrend des-
selben nach allen diesen Richtungen betätigt hatten.
Sie kannten die kleine, aber im Kriege kaum vermin-
derte, später noch gewachsene Gemeinde reicher
„Bücherfreunde“, die sic'h keine Luxuspublikation über
Kunst entgehen lassen wollten, durch ihre Beziehungen
zu den Frauen und Töchtern der zahllosen Neureiohen,
deren Betätigungsdrang sich mit Vorliebe die mo-
dernste Kunst als dankbares Feld aussuchte und die in
dieser Art von „Kunstpflege“ zugleich ein Mittel zur Ka-
pitalsverschleierung erblickten. Aucli war es ihnen ein
Bedürfnis, Dekorationen für die tausende von Luxus-
wohnungen zu beschaffen, Wohnungen mit 10 bis 20
Zimmern, von z. T. sehr großen Abmessungen, die sich
diese Kriegsgewinnler, Devisenhändler usw. dadurch
zu verschaffen wußten, daß sie dem Wohnungsamt
ihren Obolus für den Bau von Arbeiterwohnungen ent-
richteten, während andere Sterb'liche auf ein paar
Räume beschränkt und mit unerwünschter Einquar-
tierung belegt wurden. Die großen Wände mußten
ihren Bilderschmuck haben; die Tische in den Sälen
und in der „Bibliothek“ verlangten Mappen mit Radie-
rungen, Lithographien, Photographien usf. Das Geld
saß bei diesen Berren lose, Verständnis war fast nie
vorhanden: es war also die schönste Gelegenheit, große
Geschäfte zu machen. Sie ist von geschickten Verle-
gern glänzend ausgenutzt worden, ja sie wird heute
noch ausgenutzt, so ,daß „die Überschwemmung mit
prachtvollen Kunst- und Bilderbüchern“ die Entrüstung
unserer früheren Feinde hervorruft und uns dauernd
dem Vorwurf aussetzt, wir heuchelten nur Armut,
hätten aber in Wahrheit noch ungeahnte Schätze ver-
steckt !
Ich kann nicht daran denken, hier die Titel der
hauptsächlichsten Prachtwerke aufzuführen, die im
Laufe weniger Jahre entstanden sind, oder auch nur die
neuen Verlagshandlungen aufzuzählen, die wie Pilze
aus der Erde schossen und sich die schönsten antiken
Namen — bis herab zum Mistkäfer, freilich dem heiligen
ägyptischen Skarabäus — beizulegen verstanden. Ich
lasse auch die hunderte von Radier- und Litographien-
sammlungen beiseite, die nach dem klassischen Vorbild
von Slevogt und Liebermann von der auf den Expres-
sionismus und Kubismus eingesc'hworenen Jugend bei
alten und neuen Verlegern sofort freudige Aufnahme
fanden, und in den Vörzugsausgaben, mit eigenhändi-
ger Künstlerunterschrift u. a. Kunstkniffen schon vor
der Ausgabe verkauft waren. Aber auch was sonst an
Prachtpublikationen erschienen ist, ist fast unüberseh-
bar! Das Bedürfnis, die Meisterwerke der Kunst
mustergültig wiederzugeben und zu veröffentlichen,
war ja schon Jahre vor dem Krieg lebhaft empfunden,
und gerade wir Deutsche dürfen stolz darauf sein, daß
wir die verschiedensten Aufgaben in wissenschaftlicher
und künstlerisch vorzüglicher Weise bereits gelöst oder
weit gefördert hatten. Die Veröffentlichungen der „In-
ternationalen Graphischen Gesellschaft“, der „Chalko-
Kunstwissenschaft“, die Dürer-Zeichnungen, Ad. Gold-
schmidts Elfenbein-Werk, Lehrs’ kritischer Katalog der
Stecher des 15. Jahrhunderts, die verschiedenen Rem-
brandt-Publikationen, das Dürer-Werk, das Granach-
Werk, die Veröffentlichungen der „Reichsdruckerei“,
die Aufnähmen der „Meßbildanstalt“, und ähnliche
Publikationen, die i-n den letzten zwanzig Jahren vor
dem Kriege und z. T. während des Krieges erschienen
sind, sind von den dazu berufensten deutschen
Kräften unter der Beihilfe und dem allgemeinsten Bei-
fall aller Fachgenossen und Kunstfreunde im In- und
Auslande ausgeführt worden. Es sind das für Jahr-
zehnte abschließende Werke, echte standard works, die
für verhältnismäßig bescheidene Preise ausgegeben
wurden. Was jetzt in ein paar Jahren an ähnlichen
Werken in Deutschland veröffentlicht wurde, ist zehn-
mal so viel und zehnmal so teuer, aber nur selten von
den berufenen Persönlichkeiten ausgeführt und kommt
noch seltener einem wirklichen Bedürfnis entgegen. In
dem ersten Arbeitshunger nach der knappen Kriegszeit
waren wir alle froh, an dieser oder jenen Kunstpublika-
tion mit beteiligt zu werden und unsern Einfluß zu einer
wissenschaftlichen Ausgestaltung mit geltend machen
zu können. Aber der weitaus größten Zahl dieser Publi-
kationen sieht man es an, daß das gute Geschäft, das in
Aussicht stand, Modesucht und der Wunsch, Geld zu
verstecken, sie entstehen ließ. Der Erfolg, den sie
hatten, brachte immer neue Unternehmungen auf den
Markt, und immer wieder fanden sie dankbare Käufer.
Während die deutscben Kunstzeitschriften mehr und
mehr eingingen, Werke wie Thiemes Künstlerlexikon
ins Stocken gerät, die größeren Museumskataloge nicht
mehr erscheinen, werden solche überflüssige Pracht-
werke sofort untergebracht, selbst wenn die Werke
eines M. Grünewald, eines Dürer, Altdorfer usw. fast
gleichzeitig in 3 oder 4 verschiedenen Monographien
erscheinen.
Die Ausführung dieser Publikationen ist vielfac'h
nicht nur luxuriös und teuer, sondern auch gut, ja hie
und da geradezu ausgezeichnet, aber sie haben keinen
sittlichen, wissenschaftlichen Grund und verhindern oft
sogar wirklich wertvolle Veröffentlichungen. Daß aus-
nahmsweise auch eine solche gerade durch den Luxus-
trieb der Zeit ermöglicht und zudem stattlich ausge-
stattet wird, wie D. v. Hadelns vortreffliche Publika-
tionen der Zeichnungen von Tintoretto und von Tizian,
die uns zugleich endlich auch ein wirklich wissenschaft-
liches Werk über Tintoretto in Aussicht stellen, oder
wie Friedländers in demselben Verlag erscheinende
Folge der niederländischen Meister von Jan van Eyck
bis Pieter Bruegel, die Frucht seiner Arbeiten durch
Jahrzehnte, wie die musterhafte Wiedergabe von Els-
heimers Skizzenbuch im Staedel-Museum, daß verschie-
dene meist bescheidenere Monographien und Hand-
bücher, auc'h über asiatische Kunst von Sarre, Große,
Herzfeld u. a. sich in Gewissenhaftigkeit und Tüchtig-
keit ähnlichen früheren Veröffentlichungen anschließen,
die sich schon vor dem Kriege als Kunstliteraten, Kunst-
händler, Kunstverleger und Propagandisten für mo-
dernste Kunst mit Erfolg versucht hatten, sich sicher
durch den Krieg gebracht und sogar wä'hrend des-
selben nach allen diesen Richtungen betätigt hatten.
Sie kannten die kleine, aber im Kriege kaum vermin-
derte, später noch gewachsene Gemeinde reicher
„Bücherfreunde“, die sic'h keine Luxuspublikation über
Kunst entgehen lassen wollten, durch ihre Beziehungen
zu den Frauen und Töchtern der zahllosen Neureiohen,
deren Betätigungsdrang sich mit Vorliebe die mo-
dernste Kunst als dankbares Feld aussuchte und die in
dieser Art von „Kunstpflege“ zugleich ein Mittel zur Ka-
pitalsverschleierung erblickten. Aucli war es ihnen ein
Bedürfnis, Dekorationen für die tausende von Luxus-
wohnungen zu beschaffen, Wohnungen mit 10 bis 20
Zimmern, von z. T. sehr großen Abmessungen, die sich
diese Kriegsgewinnler, Devisenhändler usw. dadurch
zu verschaffen wußten, daß sie dem Wohnungsamt
ihren Obolus für den Bau von Arbeiterwohnungen ent-
richteten, während andere Sterb'liche auf ein paar
Räume beschränkt und mit unerwünschter Einquar-
tierung belegt wurden. Die großen Wände mußten
ihren Bilderschmuck haben; die Tische in den Sälen
und in der „Bibliothek“ verlangten Mappen mit Radie-
rungen, Lithographien, Photographien usf. Das Geld
saß bei diesen Berren lose, Verständnis war fast nie
vorhanden: es war also die schönste Gelegenheit, große
Geschäfte zu machen. Sie ist von geschickten Verle-
gern glänzend ausgenutzt worden, ja sie wird heute
noch ausgenutzt, so ,daß „die Überschwemmung mit
prachtvollen Kunst- und Bilderbüchern“ die Entrüstung
unserer früheren Feinde hervorruft und uns dauernd
dem Vorwurf aussetzt, wir heuchelten nur Armut,
hätten aber in Wahrheit noch ungeahnte Schätze ver-
steckt !
Ich kann nicht daran denken, hier die Titel der
hauptsächlichsten Prachtwerke aufzuführen, die im
Laufe weniger Jahre entstanden sind, oder auch nur die
neuen Verlagshandlungen aufzuzählen, die wie Pilze
aus der Erde schossen und sich die schönsten antiken
Namen — bis herab zum Mistkäfer, freilich dem heiligen
ägyptischen Skarabäus — beizulegen verstanden. Ich
lasse auch die hunderte von Radier- und Litographien-
sammlungen beiseite, die nach dem klassischen Vorbild
von Slevogt und Liebermann von der auf den Expres-
sionismus und Kubismus eingesc'hworenen Jugend bei
alten und neuen Verlegern sofort freudige Aufnahme
fanden, und in den Vörzugsausgaben, mit eigenhändi-
ger Künstlerunterschrift u. a. Kunstkniffen schon vor
der Ausgabe verkauft waren. Aber auch was sonst an
Prachtpublikationen erschienen ist, ist fast unüberseh-
bar! Das Bedürfnis, die Meisterwerke der Kunst
mustergültig wiederzugeben und zu veröffentlichen,
war ja schon Jahre vor dem Krieg lebhaft empfunden,
und gerade wir Deutsche dürfen stolz darauf sein, daß
wir die verschiedensten Aufgaben in wissenschaftlicher
und künstlerisch vorzüglicher Weise bereits gelöst oder
weit gefördert hatten. Die Veröffentlichungen der „In-
ternationalen Graphischen Gesellschaft“, der „Chalko-
Kunstwissenschaft“, die Dürer-Zeichnungen, Ad. Gold-
schmidts Elfenbein-Werk, Lehrs’ kritischer Katalog der
Stecher des 15. Jahrhunderts, die verschiedenen Rem-
brandt-Publikationen, das Dürer-Werk, das Granach-
Werk, die Veröffentlichungen der „Reichsdruckerei“,
die Aufnähmen der „Meßbildanstalt“, und ähnliche
Publikationen, die i-n den letzten zwanzig Jahren vor
dem Kriege und z. T. während des Krieges erschienen
sind, sind von den dazu berufensten deutschen
Kräften unter der Beihilfe und dem allgemeinsten Bei-
fall aller Fachgenossen und Kunstfreunde im In- und
Auslande ausgeführt worden. Es sind das für Jahr-
zehnte abschließende Werke, echte standard works, die
für verhältnismäßig bescheidene Preise ausgegeben
wurden. Was jetzt in ein paar Jahren an ähnlichen
Werken in Deutschland veröffentlicht wurde, ist zehn-
mal so viel und zehnmal so teuer, aber nur selten von
den berufenen Persönlichkeiten ausgeführt und kommt
noch seltener einem wirklichen Bedürfnis entgegen. In
dem ersten Arbeitshunger nach der knappen Kriegszeit
waren wir alle froh, an dieser oder jenen Kunstpublika-
tion mit beteiligt zu werden und unsern Einfluß zu einer
wissenschaftlichen Ausgestaltung mit geltend machen
zu können. Aber der weitaus größten Zahl dieser Publi-
kationen sieht man es an, daß das gute Geschäft, das in
Aussicht stand, Modesucht und der Wunsch, Geld zu
verstecken, sie entstehen ließ. Der Erfolg, den sie
hatten, brachte immer neue Unternehmungen auf den
Markt, und immer wieder fanden sie dankbare Käufer.
Während die deutscben Kunstzeitschriften mehr und
mehr eingingen, Werke wie Thiemes Künstlerlexikon
ins Stocken gerät, die größeren Museumskataloge nicht
mehr erscheinen, werden solche überflüssige Pracht-
werke sofort untergebracht, selbst wenn die Werke
eines M. Grünewald, eines Dürer, Altdorfer usw. fast
gleichzeitig in 3 oder 4 verschiedenen Monographien
erscheinen.
Die Ausführung dieser Publikationen ist vielfac'h
nicht nur luxuriös und teuer, sondern auch gut, ja hie
und da geradezu ausgezeichnet, aber sie haben keinen
sittlichen, wissenschaftlichen Grund und verhindern oft
sogar wirklich wertvolle Veröffentlichungen. Daß aus-
nahmsweise auch eine solche gerade durch den Luxus-
trieb der Zeit ermöglicht und zudem stattlich ausge-
stattet wird, wie D. v. Hadelns vortreffliche Publika-
tionen der Zeichnungen von Tintoretto und von Tizian,
die uns zugleich endlich auch ein wirklich wissenschaft-
liches Werk über Tintoretto in Aussicht stellen, oder
wie Friedländers in demselben Verlag erscheinende
Folge der niederländischen Meister von Jan van Eyck
bis Pieter Bruegel, die Frucht seiner Arbeiten durch
Jahrzehnte, wie die musterhafte Wiedergabe von Els-
heimers Skizzenbuch im Staedel-Museum, daß verschie-
dene meist bescheidenere Monographien und Hand-
bücher, auc'h über asiatische Kunst von Sarre, Große,
Herzfeld u. a. sich in Gewissenhaftigkeit und Tüchtig-
keit ähnlichen früheren Veröffentlichungen anschließen,