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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI issue:
1./2. Juniheft
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Schweinfurth, Philipp: W. N. Masiutin über Thomas Bewick
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0317
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stock übertragen. Der Kupferstich arbeitet mit
schwarzen, der Holzschnitt mit w e i ß e n Linien.
Bei der Kupferplatte haftet die Farbe in den Vertiefun-
gen, während sie von der Oberfläche entfernt wird, so
daß die Spur des Stichels beim Abdruok eine
schwarze Linie liefert. Beim Holzstock dagegen
haftet die Farbe an der überfläche, ohne die Vertiefun-
gen zu füllen, so daß die Spur des Stiehels beim Abdruck
w e i ß erscheint. So stellt die Entdeokung Bewicks,
mit Hilfe eines und desselben instrumentes, die Vermitt-
lung her zwischen den beiden entgegengesetzten natür-
lichen Methoden der Graphik. Beide konnten sich nun.
unterschieden wie Negativ und Positiv, auf ihren eige-
nen Wegen fortentwickeln. Erst mit der Entdeckung
Bewicks konnte sich der Holzsclmitt von der ihm auf-

tin 'hat das Verdienst, sie nach allen Seiten hin zu be-
leuchten.

Seine neue Teohnik hat Bewick zwar nicht selber
geschaffen. Sie wurde bereits um ihn herum verschie-
dentlich ausgeübt. Über ihre Grundsätze hat Papillon
bcreits 1766 ein interessantes, übrigens überaus nega-
tives Urteil ausgesprochen, das Masiutin anführt. Be-
wick lernte die neue Technip vor allem während seines
Londoner Au'fenthalts 'kennen. Das Entscheidende ist,
daß er ihr als Erster fortzeugendes Leben eingehaucht
hat. Er hat das nur in wenigen großen Einzelblättern
getan, wie im „Stier von Chillingham“ (24X19 cm).
Der Hauptteil seines Werkes besteht in Holzschnitt-
illustrationen kleinen Formates und in Schlußstücken,
Dingen die Masiutin in ihrer ruhigen Vollendung und in

gezwungenen Rolle eines bloßen Reproduktionsmitteis
freimachen, konnten sich die Künstler einem freien
Schöpfertum überlassen. Jetzt erst wurden unendlich
mannigfaltigen und komibinationsreichen Anordnungen
schwarzer und weißer Flecken, aus denen sich Kompo-
sitionen schaffen lassen, die den Farbenkompositionen
ebenbürtig sind. Bewick begründete den T o n -
s c h n i 11, der den früheren Linienscbnitt ersetzen
sollte. Die „Errungenschaften“ der Jüngsten, so vor-
eilig sie selbst sich auch Flüchtigkeit, Unbehoifenheit
des Könnens und zufällige Unregelmäßigkeit des Druck-
verfahrens als Verdienst anrechnen, sind Krank-
heitssymptome der Zeit — störend, aber nicht gefähr-
lich. Wenn diese moderne Holzschnittmanier auch
nicht gerade das Andeuten des großen Meisters Bewick
wachruft — es schwingt in ihr doch ein sicheres Ge-
fühl für das Material und das entschuidigt so manches,
was da sonst gesündigt wird.“

Die Techni'k Bewicks, die die Jüngsten angeht, be-
riiiirt sich zugleich mit dem Ältesten, da sie grundsätz-
lich dieselbe wie die der Schrotblätter ist. Die Stel-
lung des Meisters in der Gesamtentwicklung des Holz-
schnittes ist unleugenbar höchst interessant, und Masiu-

der tiefen Harmonie ihres Leuchtens richtig mit Perlen
vergleicht. —

Von den hauptsächlichsten lllustrationsfolgen Be-
wicks sind hervorzuheben:

Die „Select Fables“ von 1784 (2. Aufl. 1820);

Die Naturgeschichte der Vierfiißler, „A General
History of Quadrupeds“ Von 1790 (sieben Auf-
lagen, die letzte 1820);

Die Vögel Engländs, „History of British Birds“, von
1797, der 2. Band 1804, mehrere Auflagen;

Der Aesop, „The Fables of Aesop and others“, von
1818;

Verschiedene Darstellungen von Fischen, von 1825.

Die Beschreibung der in den genannten Serien enthal-
tenen Holzschnitte sind von Masiutin auf das sorgfäl-
tigste gegeben. Zusammenfassend kommt er zum
Scliluß, daß sich im graphischen Werke Bewicks drei
Typen von Holzschnitten unterscheiden lassen, in denen
sich das Aufsteigen der Technik ausprägt. Die drei
Stufen sind durch entsprechende Abbildungen vor-
geführt.

Indem wir das Büchlein aus der Hand legen, fühlen
wir, daß wir um neue Eindrücke von großem, bleiben-

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