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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Märzheft
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Waetzoldt, Wilhelm: An der Bahre Wilhelm v. Bodes
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Bode, Wilhelm von: Bodes letzte Arbeit: Kleinplastik der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0304
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und pol'itischen Aufstiegs Deutschlands zur Weltinacht
fielen. Bodes Stärken und Schwächen, seine Lebens-
und Kunstanschauungen wurzeln in diesen vier Jahr-
zehnten. Unendlich schwer hat sein Stolz und seine
Vatcrlandsliebe daher an den späteren Schicksalen
Deutschlands getragen.

In deu letzten 20 Jahren galt all sein Sorgen,
Kämpfen und Hoffen den Neubauten auf der Museums-
inscl. llire Vollendung noch zu erleben, mit der Eröff-
nung des Deutschen Museums sein Lebenswerk zu
krönen, das war die leidenschaftliche Sehnsucht des
Greises; dieser Wunsch liielt ihn aufrecht, trieb ihn über

alle Hindernisse, über Alter und Krankheit hinweg dem
Ziele zu. Kurz vor dcm letzten Lorbeer ist der Läufer
niedergebrochen. Sein Haus sollten die Neubauten
.werden, sein Denkmal werden sie sein.

Die Berliner Museen, alte wie neue, sind nichts
Erstarrtes, sie sind etwas Lebendiges. Wir können das
Andenken ihres Schöpfers nicht besser ehren, als daß
wir diesem Lebendigen nrit gleicher Treue und gleicher
Hingabe dienen. Es wäre nicht im Sinne Wilhelm
von Bodes, mit dem Führer die Fahne ins Grab
zu senken. Wir nehmen sie aus seiner Hand und tragen
sie weiter — neuen Zielen zu.

Bodes letzte Avbeit

Klettiplaßik. dev Renaiffance
oon

IDUbcttn ü. Bode

S i m o n M e 11 e r , Die deutschen Bronzestatuetten
der Renaissance. München 1926.

E. F. B a n g e, Die Kleinplastik der deutschen
Renaissance in Holz und Stein. München 1928.

Kurt Wolffs groß angelegte und im größten Um-
fange rasch vorschreitende ,,Allgemeine Geschichte der
Kunst“ ist in dem Abschnitt der Deutschen Plastik in
sieben Bänden für die große Skulptur und in zwei Bän-
den für die deutsche Kleinplastik der Renaissance be-
reits zum AbscMuß gebracht. Sie geben einen wissen-
schaftlichen Abschluß für lange Zeit. Nicht nur das
Ausland, das bisher kaum ahnte, was Deutschland an
plastischen Schätzen aus dem Mittelalter und der
Renaissance besitzt. Auch für uns Deutsche bieten
diese Prachtbände mit ihren zahlreichen ausgezeich-
neten Tafeln eine überraschende Füllc des Neuen. Das
gilt vor a'llem von den beiden Bänden der „Kleinplastik
der Renaissance“, von denen Simon Meller die Bronze-
statuetten und E. F. Bange die kleinplastischen Werkc
in Holz und Stein bearbeitet hat. Die beiden starken
Bände erschöpfen keineswegs das reiche Material; ja,
um die Entwicklung der ganzen Zeit in Arbeiten der
typischen Meister vorzuführen, sind ganze Folgen der
köstlichsten Kleinarbeiten gerade aus der Zeit der
liöchsten Blüte nur durch eine Reihe der schönsten
Stücke vertreten. Wenn irgend etwas aus der deut-
schen Kunst, so verdienen aber gerade die Klein-
plastiken der deutschen Renaissance die Bekanntschaft
in breitesten Krcisen.

Von S i m o n M e 11 c r lag für seine Arbeit — die
Bronzen — schon cinc ältere Arbeit vor. Hätte der
Verfasser für dieses neue Werk den Brunnen von
Bronzefigürchen des Sebaldusgrabes ausschöpfen
wollen, so wäre damit ein eigener Band gefüllt worden.
Er hat sich weise beschränkt, um Platz fiir die zalil-
reichen kleineren Meister bis in die Anfänge des 17.

Jahrhunderts zu gewinnen, in denen sicli die Renais-
sance in Deutschland auslebt. Besonders dankbar
müssen wir ihm sein für die Einfiigung von Peter
Mülich d. J. unter die Kleinplastiker in Bronze, für die
Aufnahme der Judith von Conrad Meit im Kölner
Museum, den Zirnmerbrunnen mit der Seherin Jetta im
Museum zu Heidelberg, vor allem für den Nachweis, daß
die Statuetten für das Maximilians-Grab in Innsbruck
nicht vom Gießer Godl, sondern von Leonhard Magt
modelliert wurden. Wie die Auswahl der Statuetten,
so ist auch die Ausführung der Tafeln eine vorzügliche.

Die gleichen Vorzüge zeichnen auch den von
E. F. B a n g e verfaßten Band der „Deutschen Klein-
plas'tik in Holz und Stein“ in der gleichen Zeit aus. Das
Material war hier noch wesentlicli reicher und nament-
lich mannigfaltiger, auch wissenscliaftlich weniger vor-
bcreitet als die deutsche Kleinplastik in Bronze. Noch
vor einigen 40 Jahren konnte ich in meiner „Geschichte
der dcutschcn Plastik“ nur ganz kurz auf die Fülle
solcher Kleinplastik, welche namentlich die deutschen
Museen bargen, hinweisen und mußte noch die her-
gebrachten alten Benennungen für ihre Meister —
soweit sie nicht voll bezeichnet waren — akzeptieren.

Aber die Beschäftigung geradc mit diesen Arbeiten
regte auch zu kritischer Prüfung jcner traditionellen
Namen an, und es gelang mir dabei gerade für einige
der Hauptmeister, namentlich für Hans Daucher, Kon-
rad Meit, die richtigen Namen zu finden und ihr Werk
aufzustellen. Daran setzte dann die kritische systema-
tische Forschung, die Erman für die Medaillen begonnen
liatte, erst an, für die M. Vöge, J. v. Schlosser, Ph. M.
Halm u. a. trefflichc Beiträge lieferten, deren ergiebig-
sten Resultatc wir aber Georg Habich und seinen
meisterhaften Arbeiten über die Medaillenmodelle ver-
danken. Hoffentlich dürfen wir die große Veröffent-
lichung derselben bald erwarten. An diese gründlichen

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