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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 19 (1. Juliheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0322
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Und nun steht diese Gestalt zwischen
allegorischen, nein, zum Teil wirllich
sogar symbolischenMenschen- und Tier-
bildern, die sich mühn, uns ihr Wesen
zu erläutern- Eine jede je ein Stück
davon. Ja, wie sollt' es Begas anders
machen? Er hat das Einzelne ja sogar
meistens recht gut, jedenfalls recht
schön gemacht. Aber äi8jectL membra
bleiben's. War es nicht möglich, unter
Abwersung alles Unwesentlichen das
Wcsentliche als Eines zu gebcn?
Einen Bismarck, wie Michelangelos
Moses ein Moses oder wie Klingers
Liszt cin Liszt ist? Dem Genie wär's
möglich gewesen, Begas ist kein Genie.
Jhn trifft kein Vorwurf deshalb und
die, welche ihm die Aufgabe gestellt
haben, wahrscheinlich auch nicht, denn
es ist unwahrscheinlich, datz sie ein
anderer besser gelöst hätte — es hat
nun einmal nicht jede Zeit Genies
unter ihren Plastikern. Doppelt un-
wahrscheinlich aber wäre das Besser-
machen innerhalb all der Bedingungen
gewesen, in die gerade diese Aufgabe
leider Gottes von vornherein gestellt
war.

D a s Bismarckstandbild also, den
plastischen Bismarck haben.wir vor-
läufig noch nicht. Ob viel Zeit drüber
hingehen möge, einmal werdcn wir
ihn ja erhalten. Und dann wird er
ganz anders aussehen, das wissen wir
sicher. W i e, das weitz nur das Geistes-
auge, das ihn erschauen wird — aber
eines wissen schon wir doch gewih:
einfacher.

* Ein Ueberblick über die inter-
nationaleKunstausstellungin
Dresden läßt als ihre Vorzüge er-
kennen: eine sehr geschmackvolle An-
ordnung und Ausstattung, eine glän-
zende Vertretung der ausländischen
Plastik, eine nicht glänzende aber cha-
rakteristische Vertretung der deutschcn
und eine immerhin gute der auslän-
dischen Malerei, eine sehr erlesene der
deutschen Grifselkunst und eine lehr-
reiche Bildnisausstellung.

Uunstwart

Die Ausstattung, die von den kleinen
Kabinetten der Kunst im Handwerk
an durch alle Räume Tüchtigcs, ost
Zierliches und oft Kraftvolles bringt,
feiert ihren Triumph im grotzen Saale
der Plastik. Den hat Wilhelm Kreis
mit freier Entwickelung griechischer und
vorgriechischer Elemente auf das Vor-
nehmste gestimmt, indem er die er-
habene Feierlichkeit des unsern Lesern
bekannten Bartholomäschen Totendenk-
mals in den Raum gleichsam aus-
strahlen lietz. Eine Auslese fremd-
ländischer Plastik, wie sie in Deutsch-
land noch niemals annähernd so ge-
sehen worden ist, versammelt sich um
dieses Werk. Da ist Meuniers „Tränke",
eine Schöpfung vollendeter Monu-
mentalität, da sind Rodins wunder-
same Gebilde, da ist aus Frankreich,
den Niederlanden, Skandinavien vieles
vom Jnteressantesten ihrer vorwärts
ringendenKunst. Wir halten ein bloßes
„Berichten" darüber für unfruchtbar,
wir werden den Lesern nach und nach
die heroorragendsten dieser Werke auf
unsern Beilagen zeigen und dann mit
dem begleitenden Worte versuchen, aus
das hinzuweisen, was sie lehren.

Wenn die deutsche Bildhauerei
dürstig, so ist die deutsche Malerei in
Dresden ausreichend vertreten. Die
Jury hat hier streng gewaltet, es ist
wenig schlechtes da. Wer die Ver-
hältnisse kennt, der wird jede Kunst-
stadt charakteristisch vertreten finden,
so, datz man sich von ihrer Besonderheit
ein Bild machen kann. Ein „neues
Genie" tritt allerdings nirgends aus
dem Rahmcn hervor. Aber was sich
innerhalb des Rahmens der einzelnen
Kunstzentren zeigt, ist fast überall er-
quicklich. Besser, als irgendwo anders
ist hier natürlich Dresden selbst ver-
treten, wenngleich sich unsere Skepsis
gegen einige Künstler, die allzu feurig
propagiert wurdcn, leider bestätigt hat.
Es fehlt dafür nicht an für eine
grötzere Oeffentlichkeit ganz neuen Ta-
lenten — wir ncnnen Bendrat, Ulmer,
 
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