recht von den interessierten Prak-
tikern (die Handelskammerberichte
nehmen sich in diesem Iahre fast
alle der bedrohten Destillateure an
und zetern gegen die Regiernngs-
absichten) —, er verdient nachdrück-
liche Unterstützung. Wenn Ge°
währ dafür geboten wird, daß er
nicht einseitig nach fiskalischen Ge-
sichtspunkten, sondern auch zur Er-
füllnng einer sozialen Mission ver-
wirklicht wird. Auf eine Linie mit
Rußland, das aus den Einnahmen
seiner staatlichen Schnapsbutiken
einen erheblichen Teil seines Bud-
gets bestreitet, darf das Deutsche
Reich nie und nimmer herabsinken.
Daß aber die Pflichten, die dem
Staats aus solcher Monopolgewalt
erwachsen, anderwärts schon be°
griffen wnrden, beweist das Bei-
spiel der Schweiz. Das dort seit
(900 geltende Branntweinmonopol-
gesetz macht es den Kantonen zur
Aufgabe, (0 Prozent der ihnen vom
Bunde je nach der Höhe ihrer Ein-
wohnerzahl überwiesenen Monopol-
erträge zur Bekämpfung des
Alkoholismus zu verwenden.
Für uns kommt noch eins in
Betracht. Wir haben in den näch-
sten Iahren mit einer weiteren Lin-
schränkung der Arbeitszeiten in In-
dustrie und Handel durch die soziale
Gesetzgebung zu rechnen. So wün-
schenswert diese ist, eins darf nicht
verschwiegen werden. Bei dem nn-
leugbaren Mangel an sittlicher
Vollreife vieler dadurch Begün-
stigten wird es zur Notwendigkeit
für dcn Staat, dafür zu sorgen, daß
die von ihm erwirkte Freiheit nicht
von einem großen Teil im Alkohol
ersäuft werde. Wir sind heutc so
weit, daß wir klipp und klar aus-
sprechen können: ohne eine gleich-
zeitige Bekämpfung des Alkoholis-
mus kann die soziale Gesetzgebung
keinen Schritt weiter tun; denn sie
gefährdet sonst ihren eigenen Zweck,
^ 2. Augusthcft (908
die körperliche und moralische Ge-
sundung der Rasse.
Iohannes Buschmann
Nochmals ^GemeirmüL^
ziger Bahrchofsbuchhan-
del?"
an schreibt uns:
„Die im zweiten Iuliheft ge-
brachte Anregung ist sehr zu be-
grüßen. Aber ob sie auch disku-
tabel ist? Ia, wcnn wir nicht in
Preußen wären!
»Kann da eine . . . Einbuße von
ein paar tauscnd Mark an Pacht
für den Staat ein ernsthafter Grund
zur Ablehnung sein?« Diese Frage
ist rhetorisch gemeint, aber sie ist
leider nicht bloß rhetorisch. Sondern
man darf getrost Larauf antworten:
»O ja!« Freilich mit der Einschrän-
kung, daß der letzte Grund für
eine ablehnende Haltung des Staates
nicht die materielle Einbuße sein
wird, die man zwar vorschützen
dürfte, sondern der Munsch, nach
wie vor sich nichts dreinreden zu
lassen. Aber sollen sich die gemein-
nützigen Gesellschaften etwa behan-
deln lassen, wie der Liegnitzer
Verein?
Doch dies betrifft nur das Nega-
tive. Schwerer wiegt der positive Vor-
wurf, daß jene Kolportagehefte, gegen
die zur Zeit alles, was literarischen
An- und Verstand besitzt, ankämpft,
daß dieser Schund auf sämtlichen
königlich preußischen Berliner
Stadtbahnhöfen massenhaft
verkauft wird! Ia, daß oft ein
gutes Drittel der einzelnen Aus-
lagen auf den Bahnhofsbuchhand-
lnngen mit den grcllbemalten Heften
geschmückt ist.
So fällt die preußische Behörde
— denn die Ausrede, sie wisse von
nichts, kann doch wohl kaum gelten
— so fällt sie also den Leuten in
den Rücken, die den energischen
Kampf gegen die heillose Verdum-
2U >
Geselljchast
tikern (die Handelskammerberichte
nehmen sich in diesem Iahre fast
alle der bedrohten Destillateure an
und zetern gegen die Regiernngs-
absichten) —, er verdient nachdrück-
liche Unterstützung. Wenn Ge°
währ dafür geboten wird, daß er
nicht einseitig nach fiskalischen Ge-
sichtspunkten, sondern auch zur Er-
füllnng einer sozialen Mission ver-
wirklicht wird. Auf eine Linie mit
Rußland, das aus den Einnahmen
seiner staatlichen Schnapsbutiken
einen erheblichen Teil seines Bud-
gets bestreitet, darf das Deutsche
Reich nie und nimmer herabsinken.
Daß aber die Pflichten, die dem
Staats aus solcher Monopolgewalt
erwachsen, anderwärts schon be°
griffen wnrden, beweist das Bei-
spiel der Schweiz. Das dort seit
(900 geltende Branntweinmonopol-
gesetz macht es den Kantonen zur
Aufgabe, (0 Prozent der ihnen vom
Bunde je nach der Höhe ihrer Ein-
wohnerzahl überwiesenen Monopol-
erträge zur Bekämpfung des
Alkoholismus zu verwenden.
Für uns kommt noch eins in
Betracht. Wir haben in den näch-
sten Iahren mit einer weiteren Lin-
schränkung der Arbeitszeiten in In-
dustrie und Handel durch die soziale
Gesetzgebung zu rechnen. So wün-
schenswert diese ist, eins darf nicht
verschwiegen werden. Bei dem nn-
leugbaren Mangel an sittlicher
Vollreife vieler dadurch Begün-
stigten wird es zur Notwendigkeit
für dcn Staat, dafür zu sorgen, daß
die von ihm erwirkte Freiheit nicht
von einem großen Teil im Alkohol
ersäuft werde. Wir sind heutc so
weit, daß wir klipp und klar aus-
sprechen können: ohne eine gleich-
zeitige Bekämpfung des Alkoholis-
mus kann die soziale Gesetzgebung
keinen Schritt weiter tun; denn sie
gefährdet sonst ihren eigenen Zweck,
^ 2. Augusthcft (908
die körperliche und moralische Ge-
sundung der Rasse.
Iohannes Buschmann
Nochmals ^GemeirmüL^
ziger Bahrchofsbuchhan-
del?"
an schreibt uns:
„Die im zweiten Iuliheft ge-
brachte Anregung ist sehr zu be-
grüßen. Aber ob sie auch disku-
tabel ist? Ia, wcnn wir nicht in
Preußen wären!
»Kann da eine . . . Einbuße von
ein paar tauscnd Mark an Pacht
für den Staat ein ernsthafter Grund
zur Ablehnung sein?« Diese Frage
ist rhetorisch gemeint, aber sie ist
leider nicht bloß rhetorisch. Sondern
man darf getrost Larauf antworten:
»O ja!« Freilich mit der Einschrän-
kung, daß der letzte Grund für
eine ablehnende Haltung des Staates
nicht die materielle Einbuße sein
wird, die man zwar vorschützen
dürfte, sondern der Munsch, nach
wie vor sich nichts dreinreden zu
lassen. Aber sollen sich die gemein-
nützigen Gesellschaften etwa behan-
deln lassen, wie der Liegnitzer
Verein?
Doch dies betrifft nur das Nega-
tive. Schwerer wiegt der positive Vor-
wurf, daß jene Kolportagehefte, gegen
die zur Zeit alles, was literarischen
An- und Verstand besitzt, ankämpft,
daß dieser Schund auf sämtlichen
königlich preußischen Berliner
Stadtbahnhöfen massenhaft
verkauft wird! Ia, daß oft ein
gutes Drittel der einzelnen Aus-
lagen auf den Bahnhofsbuchhand-
lnngen mit den grcllbemalten Heften
geschmückt ist.
So fällt die preußische Behörde
— denn die Ausrede, sie wisse von
nichts, kann doch wohl kaum gelten
— so fällt sie also den Leuten in
den Rücken, die den energischen
Kampf gegen die heillose Verdum-
2U >
Geselljchast