Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 21,4.1908

DOI Heft:
Heft 23 (Erstes Septemberheft 1908)
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7707#0373

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
worden ist, auch dessen wollen wir,
meine ich, froh sein. Ich persönlich
(abermals: ich spreche hier immer
nur als ich persönlich), ich be--
kenne, daß ich von der Genialität
des Architekten, des Inncndekora-
teurs, des Gartenkünstlers, welche
die Nachrufe rühmen, vor keinem
einzigen Werke Olbrichs den Atem
verspürt habe. Aber angenommen,
sie war da, so konnte die Nach-
folgerschaft doch schädlich sein. Olb-
rich war „subjektiv" durch und
durch. Die Befreiung vom Will-
kürlichen, die Rückkchr zum Sach-
lichen, die Wiederverbindung mit
dem von den Vätcrn Erworbenen,
die Einkehr beim Fnnerlichcn, die
Ehrung des Schlichten, die haben
unsrer angewandten Kunst andere
gebracht. Wie sich Olbrichs Wir-
ken bei längerem Leben dieses her-
vorragenden Mannes noch ent-
wickelt hätte, das wissen wir nicht.
Der Frühgcstorbene wird, glaube
ich, in der Kunstgeschichte seinen
dauerndcn Ehrennamen als einer
der kühnsten Breschenleger für das
stürmende Iugendheer behalten,
während sein und seiner Nachfolger-
schaft eigenes Schaffen mehr als
eine interessante und reizvolle Spe-
Zialisten-Enklave bestehen bleiben
wird. Die große Bauentwicklung
wird auch aus ihr Elemente ent-
nehmen, aber von ihr ausgehen
wird sie nicht. Trotz Wiens und
Darmstadts scheint es sogar, als
wenn wir hier statt im Futurum
schon im Präteritum sprechen
könnten. A

Aus den MünchnerKunst-
ausstellungen

^Leuer sind die beiden großen Bil-
^dermärkte in München in einer
besonders schlimmen Lage: sie haben
mit dcr Konkurrenz der großen Aus-
stellung zu kämpfen, wo eine ganze
Beihe guter Staffeleibilder als

b Septemberheft (908

Schmuck von Zimmern aufgehängt
sind und zahlreiche Künstler in rich-
tigen Wandbildern ihre dekorative
Kraft erproben konnten. Daneben
wirkt die situationslose Anhäufung
von Bildern nebeneinander unglück-
licher als je.

Sieht man darüber hinweg, so
muß man sagen, daß heuer die
Sezession zu manchen recht er-
freulichen Beobachtungen Anlaß
gibt. Der Prozentsatz der rein als
Naturstudien wirkenden Bilder hat
abgenommen, und man wird, tritt
man in Len Saal der Sezession,
nicht mehr von gar so vielen Son-
nenflecken geblendet; infolgedessen
ist das Auge fähig, „Bilder" zu
sehen. Und wirklich nimmt das
„Bild" heute an Bedeutung wieder
sehr zu. Dabei ist aber zu bemer-
ken, daß man sehr viele der schein-
baren Errungenschaften, die in dcn
letzten Iahren des Naturstudiums
gewonnen wurden, einfach wieder
hat fallen lassen, und daß infolge-
dessen die „neue Bildform" gar nichts
so Neues und Ungeahntes ist, wie
viele gemeint haben. Es hat sich
darum gehandelt, daß die Augen
wieder frisch und klar wurden, daß
von ihnen der Staub der Kon-
vention und Akademie abfiel —
das was sie jetzt sehen, ist von
früheren Gesichten nicht dem Wesen
nach verschieden.

Von einem Schweden Otto Hes-
selbom, an dessen Namen ich
mich von früheren Ausstellungen
nicht erinnere, ist eine Landschaft
da, „über Wald und See", von
einer ganz grandiosen Vercin-
fachung: der Thpus einer vom Berg
gesehcnen Waldlandschaft, die von
Seen durchzogen ist, ist hier auf
seine einfachsten Faktoren zurück-
geführt in Form und Farbe. Und
dabei ist das ganze Leben dieser
Landschaft in das Bild eingeschlossen.
Sucht man die Vorgänger für diese

3(3
 
Annotationen