Das Iahr i'st unermeßlich: eine Flut,
Die hoch und höher aller MenschenbruL
Bis an die Hüften, an die Kehle geht:
Das Kleinste reckt sich und beginnt zu ragen.
Das Jahr ist jäh und braust wie ein Orkan,
Der bald
Das lose Laub und hohle Holz verweht,
Und noch der Starke ist vor seiner Bahn
Nicht anderö als ein schwacher Stamm im Wald,
Der nur mit vielen Stämmen widersteht.
DaS Jahr ist wie ein lodernder Komet,
Der sengend ob gesträubten Häuptern geht:
Jm grellen Schein wird alles ossenbar
Was ist und war —
Wohl dem, der vor dem Weltgericht besteht.
(„AuS der Brandung", 1917 während des WeltkriegS erschienen)
Weltenmühle
Die Kiesel knirschen, von der Flut umbrandet,
Welche die müden unermüdlich schleift;
Kaum daß ein starker Wellenschlag sie strandet,
Reckt sich ein stärkrer, der sie neu ergreist.
Doch Flut, die reibt und treibt, ist selbst getrieben,
Und schäumt unwillig, wenn der Wind sie drängt,
Oder der Mond, der listig fern geblieben,
Mit goldnem Netz sie wieder lockt und sängt.
Und Mond, äonenlang im Kreis geschwungen,
Jst wieder nur der Kiesel, der sich schleift;
blnd wir, und alle sind vom Zwang gezwungen,
Der Welten rundet und Geschicke reist.
Entschwinden
Wunder wundersam verbindend
Gleitet Bild an Bild dahin.
Zwischen tiefen Träumen schwindend
Weiß ich kaum mehr, daß ich bin;
Fühl mich sachte nur getragen,
Ahnend noch in blinder Ruh
Meiner Seele Flügelschlagen
Userloser Leere zu.
Gleichnis
Nun aber ist mein Leben wie ein Baum:
Mit hundert Wurzeln greist er in die Schollen,
Und in den Raum schweift er mit hundert Ästen;
Jm Dunkel ruht sein Kern, im übervollen
Lichtatmen webt sein immerreger Saum:
Er wogt im Losen und er fußt im Festen.
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Die hoch und höher aller MenschenbruL
Bis an die Hüften, an die Kehle geht:
Das Kleinste reckt sich und beginnt zu ragen.
Das Jahr ist jäh und braust wie ein Orkan,
Der bald
Das lose Laub und hohle Holz verweht,
Und noch der Starke ist vor seiner Bahn
Nicht anderö als ein schwacher Stamm im Wald,
Der nur mit vielen Stämmen widersteht.
DaS Jahr ist wie ein lodernder Komet,
Der sengend ob gesträubten Häuptern geht:
Jm grellen Schein wird alles ossenbar
Was ist und war —
Wohl dem, der vor dem Weltgericht besteht.
(„AuS der Brandung", 1917 während des WeltkriegS erschienen)
Weltenmühle
Die Kiesel knirschen, von der Flut umbrandet,
Welche die müden unermüdlich schleift;
Kaum daß ein starker Wellenschlag sie strandet,
Reckt sich ein stärkrer, der sie neu ergreist.
Doch Flut, die reibt und treibt, ist selbst getrieben,
Und schäumt unwillig, wenn der Wind sie drängt,
Oder der Mond, der listig fern geblieben,
Mit goldnem Netz sie wieder lockt und sängt.
Und Mond, äonenlang im Kreis geschwungen,
Jst wieder nur der Kiesel, der sich schleift;
blnd wir, und alle sind vom Zwang gezwungen,
Der Welten rundet und Geschicke reist.
Entschwinden
Wunder wundersam verbindend
Gleitet Bild an Bild dahin.
Zwischen tiefen Träumen schwindend
Weiß ich kaum mehr, daß ich bin;
Fühl mich sachte nur getragen,
Ahnend noch in blinder Ruh
Meiner Seele Flügelschlagen
Userloser Leere zu.
Gleichnis
Nun aber ist mein Leben wie ein Baum:
Mit hundert Wurzeln greist er in die Schollen,
Und in den Raum schweift er mit hundert Ästen;
Jm Dunkel ruht sein Kern, im übervollen
Lichtatmen webt sein immerreger Saum:
Er wogt im Losen und er fußt im Festen.
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