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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 12 (Septemberheft 1932)
DOI Artikel:
Burckhardt, Carl Jacob: Über Robert Faesi: ein Brief an den Herausgeber des Kunstwarts
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Faesi, Robert: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0853

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ergreift duvch ihre schöne Ehrlichkeit und Einsalt, nicht als der m andern
Zeiten Geborgene fühlt er sich, sondern mit völliger Ungebrochenheit als mit-
verantwortlich. Za, in dem Angenblick, da alle Ordnungen auseinanderbre-
chen, nimmt er ohne zu zögern die Zugehörigkeit zu der großen Qrdnung der
gemeinsam duldenden Zeitgenossen, die Ordnung der Kameradschaft auf sich.
Und unlösbar, nirht zu beantworten bleibt ihm das Rätsel, das schwere
Warum, zu welchem die nun unerträgliche, ja frevelhaft wirkende Absonde-
rung und Geborgenheit ihm wird. Es ist dem gesnnden Triebe des Dichters
zuzuschreiben, wenn er aus dem völlig Unleidlichen nicht als ein uferlos
Leidender hervorgeht, sondern eine Richtung seines Iugendwirkens wieder auf-
nehmend, so wie das suddeutsche Erbe seines Blutes es ihm eingibt, auf dem
Wege der Antinomie durch den Humor sich entspannt. Ietzt schreibt er Ko-
mödien, und hierin folgt er dem Rate des Nvvalis, der sagt, nach schweren
Niederlagen möge man Lustspiele verfassen. Ia, wieder im Spiel, nicht mehr
dem idyllischen, im höchsten, gefährlichsten und hintergründigsten, dem Lust-
spiel, findet er aus dem Gefängnis hinaus, und die erbärmlichen Brechungen
und Berzerrtheiten des Rkachkriegs erträgt er durch die unter den Himmeln
einer heitern Heimat immer liebenswürdige Satire, dnrch die zugreifende, aber
nie derbe Erzählung von dem Füsilier, den der Apfel ans der Hand eines
schönen Bauernmädchens genau im rechten Angenblicke traf, um seinem Leben
jene erzieherische Wendung zn geben, die jeder Schweizer Dichter zwischen
Scherz und Ernst mit solchem Nachdruck zu suchen pflegt.

Und so wird das Ausweglose wieder gangbar, und aus der ernsten Rnhe, die
nun folgt, erwachsen die beiden Werke der wiedergesundenen Ordnung, emer
höhern Ordnnng, zn der von Stufe zu Stufe der Weg hincmfführte, bis
dann hier, wie auch Ln dem letzten Gedichtband „Der brennende Bnsch", ein
versöhnendes Walten der obern Mächte den Dichter zu seinem Eigensten nnd
seine Welt durch die Sühne wieder zu ihrem Gesetz zurückbringt.

Wenn Sie, wie ich hoffe, verehrter Herr Doktor, nächstens einmal zu uns
hinüberkommen, so werden wir auch gemeinsam den Weg über dem See zu
den Rebbergen einschlagen, wir werden dort in das Haus des Dichters ein-
trcten und werden ihn an der Arbeit finden an einem festgefügten Tisch, den
hellen Fenstern gegenüber und vor der Heiterkeit, die der abendliche See in
sein Zimmer spiegelt, in welchem, zwischen schönem Hausrat der Bäter,
dieser Friede und diese Gesetzlichkeit innerlich und still wiederum haben er-
kämpft werden müssen, um wiederum Besitz zu sein.

Gedichte

von Robert Faesl'
Weltgericht

Das Fahr ist groß wie ein getürmter Berg.
Bleich steht

Vor seinem riesenhaften Ragen
Der Höchste wie ein Zwerg
llnd richtet sein Gebet

EntseHL hinanf, und wird wie Glas zerschlagen.

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