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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 1 (Oktoberheft 1931)
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Rupé, Hans: Hans Burgkmair: 1473-1531
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Le Fort, Gertrud von: Die Letzte am Schafott, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0034

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1518 und 1519 enksiehen noch einmal zwer große malerische älltarwerke, in
denen besonders die InnenLeile großarLig konfignriert und sarbig fugierL sind:
die Msion des Iohannes aus PaLmos und die Kreuzigung.

Dann scheinL aber die LebenskrasL gebrochen zu sein. Wohl malL er noch im
leHLen IahrzehnL und machL einzelne BuchillusLrcckionen, doch ersiarren ihm
die Formen nnd ermatLen die Farben. Das Bild der heiligen Familie in
Berlin (um 152g) zeigt deutlich manierisiische Züge in dem gebrochenen,
nnreinen KoloriL und der wie gekneteten, passiven KomposiLion.

In dem lehten seiner Bilder, das wir besihen, zeigt er sich selbst mit seiner
Fran; aus dem Spiegel in ihrer Hand grinsen zwei DoLenköpse hervor:
„Erken dich selbs", stehL nm Spiegelrahmen. Todesnähe sindeL die müde
BereikschafL, zu erlöschen.

^ Die Letzte am Schafott

Nvvelle von GerLrud von Le Fort

Paris, im OkLober 1794.

/^>ie heben, Lenerste Freundin, in Ihrem Schreiben an mich miL RechL
^—^die außerordentliche Stärke hervor, welche in diesen SchreckensLagen das
sogcnannte „schwache Geschlecht" Läglich angesichts des Todes beweist. Be-
wundernd gedenken Sie an die Haltung der „edlen" Madame Roland, der
„königlichen" Marie-AnLoinetLe, der „herrlichen" CharloLLe Corday und des
„heldenmütigen" Fräulein von Sombreul (ich bediene mich Ihrer AdjekLive).
Sie schließen miL dem „ergreifenden" Opfer der sechzehn Karmeliterinnen von
Compiegne, die das vsni ersatoi- singmd zur Guillotine emporstiegen, und ver-
gessen nichL die rührende Stimme der jnngen Blanche de la Force, welche die
vom Beil des Henkers zerrissene Hymne jener zu Ende sang. „Wie ver-
ehrungswürdig", so schließt Ihr beschwingtes Schreiben, „behaupLet sich
doch in all diesen MärLyrerinnen des KönigLums, der Gironde und der ver-
solgLen Kirche gemeinsam die Würde der menschlichen RlaLnr gegenüber den
Wogen eines grauenvollen Chaos."

GeliebLe Schülerin Rousseaus! Ich bewundere wie immer die heitere und
edle HalLung Ihres Geistes, die es Ihnen gestaLLet, selbst in den
nächLlichsten Zusammenbrüchen des menschlichen Geschlechts noch an den
nnzerstörbaren 2ldel unserer Rkatur zu glauben. Indessen, meine Freundin,
auch das Chaos ist Natnr, auch die Henker Ihrer Heldinnen sind es, auch
die Bestie im Menschen, und auch — FurchL und Entsetzen! Lassen Sie mich,
der ich den Pariser Ereignissen viel schauervoller, weil unmiLLelbarer nah bin
als Sie, Leure EmigranLin, freimütig gestehen, daß ich geneigL bin, in der
erschüLLernden GesaßLheiL unserer Läglichen Todesopser weniger die Würde der
RlaLur als das letzte AufgeboL einer znsammenbrechenden KulLur zu erblicken
(dieser von Ihnen so tief verachLeten — ah, meine Liebe, wir haben gelernL,
sie wiederum zu achten!): die strenge EtiketLe, die sie selbsi dem Entsetzen
noch vorschreibt, oder anch bei einigen wenigen — eLwas ganz anderes.

Sie nannten als letzte der erlanchten Reihe die junge Blanche de la Force.
Indessen diese war keine Heldin in Ihrem Sinne. Nacht die HoheiL der
menschlichen Natur war in diese zarte Hand gegeben, sondern vielmehr die

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