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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI Heft:
Heft 9 (Juniheft 1932)
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Strieder, Jakob: Geld als Macht
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0619

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XXXXV.

Geld alö Macht

Von Iakob Strieder

an hat sich in den Kreisen der BeobachLer des WirLschafLslebens —

^des vergangenen und des gegenwärLigen — schon öfLers die Frage
vorgelegL: Welches sind die MoLive, die den ruhelosen wirLschafLlichen Ar-
beiLswillen der ganz großen UnLernehmer in Bewegung seHen und in Bewe-
gung erhalten, auch wenn sie längsL so erfolgreich geworden sind, L>aß sie —
populär gesprochen — nichL mehr zu arbeiLen brauchLen? Viele MoLive sind
HLer bestimmend. 2lls eines der wichtigsien erscheint mir die Freude an der
MachL. BielleichL vermögen die Aufzeichnungen eines nachdenklichen UnLer-
nehmers, des Gründers der großen PeLersburger AkLiengesellschafL von der
Mühl, GoldschmidL L Co., das besser zu Lllustrieren als Lheoretische Ausfüh-
rungen. Es heißL in den genannten Llufzeichnungen:

„Bei meinen Geschäfken habe ich steks an die Stärkung nnd Erweiterung meiner
Unternehmungen, nie an die Konseqnenz des GeldgewinnenS gedacht. Den Geldge-
winn habe ich mich gewöhnt als eine selbstverständliche und nebensächliche Form
meines Handelns zu betrachten, als einen gebührlichen Tribut eroberter Gebiete,
die aus höheren Gründen unterjocht werden mußten. War es bloßes Streben nach
Macht? Dielleicht; wenn man unter Macht die Herrschaft über Dinge, nicht über
Menschen versteht. Die Herrschaft über Menschen hat mich nie beglückt, denn
ich liebe Servilismus und Schmeichelei nur als Zuschauer, nicht als Betrosfener.
Dagegen hat es mir jedesmal eine Art von Befriedigung gewährt, wenn ich die
Gegenden am Don bereiste, die ich einst als Steppen und Wüsteneien gekannt hatte.
Wenn ich die neu entstandenen Ortschaften zu Städten anwachsen sah, angefüllt
mit Menschen, die aus den Tiefen des früher kargen BodenS ihre Kräfte sogen,
wenn tausend Maschinen ihre Räder rollten und hundert Kaminsäulen ihre Rauch-
opfer brachten, dann erinnerte ich mich gern, daß es eine gewagte Fdee gewesen
war, in dieser verachteten Gegend Hüttenwerke zu errichten, und ich freute mich,
zurückblickend, der Sorgen und Ängste, mit denen jede Handbreite dieses Landes
befruchtet werden mußte."

Das aus GeldbesiH erwachsene MachLbestreben als HerrschafLsstreben über die
NaLur, über wirLschafLliche Dinge, das MachLstreben über die WirLschafL als
solche stehL hier im Vordergrund der GedankenwelL eines großen UnLernehmers.
Wie dem MachLstreben des Einzelnen, so dient Reichtum und Geld
in seinen verschiedenen Formen auch dem MachLstreben und bem 2lus-
dehnungsdrang der Völker als wichLiges MiLLel. Und zwar sowohl
dem wirLschafLlichen als auch dem poliLischen MachLstreben der Völker. (Man
denke an das Frankreich von heuLe!) N!ichL als ob der GelbbesiH allein
genügLe, um die VolkswirLschafL eines Landes mächLig zu geftalLen und ins
Große zu enLwickeln. Spanien z. B. ist der breiLe Strom des Goldes und

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