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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI Heft:
Heft 6 (Märzheft 1932)
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Alverdes, Paul: Denkrede auf Goethe
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0400

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Xnnsnxki' xxxxv.

Denkrede aus Goethe

Von Paul Alverdes

I.

enn rch am Vorabend der hunderksten Wrederkehr sernes Todestages dr'e

Ehre habe, das Bild und Andenken Iohann Wolsgang Goekhes in
Ihnen auszurusen, so kann ich meine Ausgabe nichk darrn suchen, mik Ihnen
Schrikk vor Schrikk die Skakionen seines äußeren Lebensweges nachzngeben. Ich
kann Sie auch nicht einladen, an dieser Skelle das in einem seden Sinne des Wor-
kes ungeheuere Vermächknis seiner Werke mik mir anzubläkkern und diesen oder je-
nenBand seinerpoekischen, seiner nakurwissenschaskkichenSchrifken,seinerChroni-
ken, seiner Spruchweisheiken und seines BriefschaHes aufzuschlagen,um nach den
Mekhoden der likerakurgeschichklichen Forschung oder der Kunsklehren ver-
gleichend und Begriffe aus Begriffen ziehend darnber zu verweilen. Denn
was der unvergleichlichen Fülle einer mik Gökkern auf gleichem Fuße schrei-
kenden Iugend, was einem unablässig — und unker welchen BiLLerkeiken! —
ringenden nnd werkenden Mannesalter, und was der Weisheik endlich eines
schon über das gemeine Los hinaus rüskigen Greisenalkers hervorznbringen be-
schieden war — beschieden zu einem endlichen Triumph über alle geheime,
quälende Angsk des vorzeikigen, des unerfüllken Endes —, das kann in dem
Naum einer Rede wohl auch nicht andeukungsweise vorgebrachk werden.
Melleicht gelingk es uns aber, schon aus der Widerlegung einiger bei unserem
Anlaß laut gewordenen Meinungen und Forderungen unserer geisügen Öffenk-
lichkeik wenigskens zu einer ahnungsweisen Begegnung mik seiner menschlich-
geselligen und seiner geiskigen Person zu gelangen, nnd damik zu einer ver-
ehrenden Erinnerung an ein Menschenwesen, das in sask allen seinen Lebens-
altern auf die Zeikgenossen gewirkk hak, wie vielleichk kein Mensch vor ihm
Menschen erschienen isk, und welches am Ende seines großen Daseins die
Snmme seiner Exiskenz mehr als die Summe seines Zeikalkers, nämlich Er-
füllung nnd Vollkommenheik überhaupk häkke nennen dürfen, soweik diese
den Irdischen vergönnt sein mögen.

Sie wissen, daß man in derBoraussehung des Gedenkiahres mik vollemErnsk, und
mit einem Schein von Rechk, die Frage erörkerk hak, ob es denn uns Deukschen
unserer Tage überhaugk anskehe, Goekhe und sein Werk öffenklich zu feiern.
Rkicht wenige ernskhafke Männer haben das mik BiLkerkeik verneink. Von
einer wahren Bekannkschafk mik seinem Werke sei man allgemein heuke
weiker enkfernk als im vergangeuen Iahrhundert jemals, nnd was die Wir-
kung seines Geiskes, die Borbildlichkeik seiner Lebensleiskung angehe, so sei
davon in einer gegenwärtigen, nämlich m Parkeiungen zerrissenen und übri-

Märzheft 1932 (XXXXV, 6)

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