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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 12 (Septemberheft 1932)
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Ullmann, Hermann: Vom Volk zur Nation
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Burckhardt, Carl Jacob: Über Robert Faesi: ein Brief an den Herausgeber des Kunstwarts
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0851

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bcmten kleinen StaaLen „Zwischeneuropas" zeigen, überalLerk sind, den neuen
Aufgaben nichL genügen. Dann werden vielmehr Nationen als Träger
von Reichsgedanken das WorL haben.

Inzwischen kämpft der deutsche KernstaaL seinen schweren Kamps um die
neue FunkLion, und die übrigen deutschen Staaten stehen neben ihm in keines-
wegs immer klarer FronL. Seine Kämpse aber erhalten ihren leHLen Sinn
in diesem Zwang, den das Schicksal auf uns als Volk ausübt: uns zu einer
IlaLion eigenen Wnchses zu gestalten, die dem Kamps mit den älter ge-
sormten NaLionen gewachsen ist. Der Weg ist weit, und der menschliche
Blick reicht nicht ans, Anfang und Ende dieses Weges zn umfassen, er
bleibt ans einzelne Stadien gebannt, und das GegenwärLige scheint ver-
worren und hossnungslos. 2lber jeder von uns, wo immer er stehen mag,
erlebt es doch immer wieder: daß zwischen den verworrenen Tageskämpsen
plöHlich, wie ans sich verziehenden Wolken, ein weiter vorn liegendes Weg-
stück und damit die Msion des ganzen Weges ausleuchteL. So ist unsere
„Wanderung durch die Wüste" nicht ganz ohne Hilse der GotLheiL. Die
KrasL, sie zu Ende zu gehen, kann freilich nicht aus dem Wissen, sie kann
nur aus dem Glanben kommen. lknd zwar nicht aus jenem billigen eschato-
logischen Glauben, der in einer an Blasphemie grenzenden Selbstgerechtig-
keit das Reich GoLLes aus Erden „machen" zu können glaubt. Sondern
a7LS jenem Glauben, der das Endliche zu ordnen vermag, weil es ihm nnr
Abglanz des llnendlichen ist.

Über RoberL Faeß

Ein Bries an den Herausgeber des Kunstwarts

Von Carl I. BnrckhardL

bls Sie mir die Rnregnng zukommen ließen, ein WorL der EinleiLnng zu
^^einer RoberL-Faesi-VeröffenLlichung zu schreiben, da war mir das Werk
meines Landsmannes noch beinah unbekannt. So weit liegen bei uns die SLädLe
auseinander, daß man einen Weg zu gehen hat, der sich nicht in Kilometern
messen, der sich nur im Geiste erfassen läßt und der etwa von Erasmns zu
Huldreich Zwingli, von GoLLfried Keller zu Bachofen führt. Etwas vom
leHLen westlichen Licht des Heiligen Römischen Reiches liegt noch über uns,
und in seiner Dämmerung haben unsere alten ReichsstädLe noch Geheimnisse
vor einander bewahrt.

Faesi, der Sohn eines alten Zürcher GeschlechLes, hat sich von seinen Ur-
sprüngen, Stadt nnd Sippe frei gemacht, seine FreiheiL aber ist genau der
GebundenheiL, den GeseHen seines llrsprnnges abgewonnen, in allem LrägL er
ihr Gepräge. Er sagL es selbst, er bestimmL sogar die Zeit, der er sich besonders
nahe fühlL in der GeschichLe seiner HeimaL: jene zweite HälfLe des achtzehnten
IahrhunderLs, jene weltosfene, heitere, vieles vermittelnde Daseinsstufe Zürichs
m seinem kraftvollen Wirken durch die JahrhunderLe.

Wenn der Individualismus des neunzehnken IahrhunderLs und die Übersteige-
rung auch des geringsten prodnzierenden Menschen in LranszendenLen Anspruch
hinein zum VerzerrLen und Unleidlichen führten, so ist die Begegnung miL

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