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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 11 (Augustheft 1932)
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Bernhart, Joseph: Der Mensch in der Gottlosigkeit: Eine Rede
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Goethe, Johann Wolfgang von: Goethe-Briefe: an Katharina Fabricius
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0792

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dieses Menschenmögliche, das geleistet lsi, ern ersiaunlrches Werk aus dem
Schassenssleber gegenüber dem Nkichts, endet mit dem Ossenbarungseide der
Kreatur. Was kommt, weiß niemand. Aber das Wollen sieht uns srei —
das Tun der Wahrheit. Die Wahrheit also isi das ersie: die rechte Ordnnng
der Dinge erkennen, um danach uns selbsi in Drdnung zu bringen. Z. B.
diese Wahrheit: Eine Münze, die man in der Hand hat, kann man be-
halten; aber eine Seele, die man nieht verschenkt, die wird man verlieren.
Sich klarzuwerden über die Dinge, die wir hier betrachtet haben, isi heute
nirgends wichtiger als in Deutschland. Denn das aufgewühltesie Volk sind
wir, und wir sind zugleich das reichsie an inneren Kräften, an drängenden
Gesichten. Es isi unser geisiiges Problem, nnd dieses geisiige isi nicht zu
Lrennen von dem politischen, wie wir unsere reichen Talente zur Einheit
eines Volkswillens bringen sollen — zn der inneren Form der Nkation, an der
es nns immer gesehlt hat.

Es isi darum nirgends in der Welt von tieserer Bedeutung: was geglaubt
wird, welches letzte Bild und welcher leHte Name uns beherrscht: ob
Es oder Er.

Es isi eine tragische Situation, daß nnsere äußersie Linke und äußersie Rechte
heute getrosi aus die nämliche metaghysische Formel schwören können —
eine armselige Formel.

Wie klein isi dazwischen und darüber die Zahl der wahrhast Sehenden: so
klein wie die Minorität immer gewesen isi, bei welcher der Sinn der Ge-
schichte, obgleich in ihrem Toben die wenigen keine Ohren sanden, doch ge-
borgen war.

GoeHe-Briefe

An Katharina Fabricius.

Saarbrück am 2^7. Fun.

Wenn das alles aufgeschrieben wäre, liebe Freundinn, was ich an Sie gedacht
habe, da ich diesen schönen Weeg hierher machte, und alle Abwechselungen eineS
herrlichen Sommertags, in der süsesten Nuhe genoß; Sie würden mancherley zu
lesen haben, und manchmal empsindeu, und osst lachen. Heute regnet's, und in
meiner Einsamkeit sinde ich nichts reitzenders als an Sie zu dencken; an Sie; das
heißt zugleich an alle die Sie lieben, die mich lieben und auch sogar an Käthgen,
von der ich doch weiß daß sie sich nicht verläugnen wird, daß sie gegen meine
Briese seyn wird, was sie gegen mich war, und daß sie — Genug, wer sie auch nur
als Silhouette gesehn hat, der kennt sie.

Gestern waren wir den ganzen Tag geritten, die Nacht kam herbey und wir kamen
eben auss Lothringische Gebürg, da die Saar im lieblichen Thale unten vorbey
sließt. Wie ich so rechter Haud über die grüne Tiese hinaussah und der Fluß in
der Dämmerung so graulich und still sloß, und lincker Hand die schweere Finsher-
niß des Buchenwaldes vom Berg über mich herabhing, wie um die dunckeln Felsen
durchs Gebüsch die leuchtenden Vögelgen still und geheimnißvoll zogen; da wurds
in meinem Herzen so still wie in der Gegend und die ganze Beschweerlichkeit des
Tags war vergessen wie ein Traum, man braucht Anstrengung um ihn im Ge-
dächtniß auszusuchen.

Welch Glück ist's ein leichtes, ein sreyes Herz zu haben! Muth treibt uns an
Beschweerlichkeit, an Gesahren; aber grose Freuden werden nur mit groser Mnhe
erworben. Und das ist vielleicht das meiste was ich gegen die Liebe habe; man sagt

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