leüel wurven, aushöreu zu uiusizireu, seöalv ver Uuterricht
aufgebört hat, da sie für den wahreu und erbaulichcn
Genuss an der >tunst nnempsindlich geworden sind. Zu
meist trägt ein geschäftliches Gebaliren an diesem Übelstande
die Schuld, eines Teils durch unberufene Lehrer und
Lehrerinnen, andern TeilS dnrck Berleger, die eiue so grohe
Masse von wertlosen Musikalien ans den Markt gcbracbt
baben und noch immer bringen, dast das in fast zwei
Iahrbunderten gesammelte Gute sür den Unterricht derart
überwuchert wurde, dast es sür Literatnrunknndige gar
nicht vorhanden zu sein scheint. Hier nur ein Beispiel
aus der Gesckichte der Klavicrliteratureo wird genügen
das Gesagte deutlicher erkennen zu lassen.
Dic künstlerische Richtnng Clementis (l7ö2—i.832),
Cramers (t77t—l838) und ihrer Genossen, d. i. die
Bielstimmigkeit dcs Satzes, mit dcr ein melodisch selbst
ständiger Bast sast immer verbunden ist, namentlich in den
Ctüden von Cramer, ist vielen Lehrenden immer etwas
unbeguem. gewesen wegen der streng mnsikalischen Tendenz,
die darin herrscht und die natürlich auch ein solches Cnt-
gegenkommen erheischt. Dicse gute musikalische Richtung
hatte sich indest schon so festgesetzt, dast die singerlustigen Ba
riationen deS Bbbe Gelineck (l7 60—l825), cines Haupt-
sührero dieser seichten Moderichtung, noch keinen allzu
grosten Schaden vernrsachen konnten. Da erschienen die
Ctüden (dics Bvort hat einen pädagogischen Klang) von
Czerny (l7vl"l857) mit nur einfachen Kadcnzbässen,
v. h. Bässen, die nur den Tonfall anzeigen, sonst aber
keine weitere Ausmerksamkeit beanspruchen; das war beguem,
denn die Fingerdressur wnrde nun zur Hauptsache. Die
vorhin angedeutete stiichtung, vie neben der technischen anch
eine rein musikalische Rusbildung bezweckte, verlor nun
immer mehr an Einflnß. Gebildetc Musiker hielten zwar
daran sest nnd wirken auch heute noch in dieser Richtung,
eine groste Zabl der Lehrendeu aber, denen ein rein
iiiusikalischer Unterrichtsplan sremd ist, vermögen mit Polka
»nd sogenannter Salonmusik U auszukommen und hegen
dabei now das sie befriedigende Gefühl, daß sie durch
diesen lusterwcckenden Lehrstoss, wie sie sagen, ihren Schülern
nnd deren Cltern oder Angehörigen eine besondere Freude
bereiten. Für die technische Borbcreitung hierzu dient ge-
wöhnlich das Abspielen der Ctüden von Czernb oder
Abntickeiii, womit dann aucb sür die pädagogische For
derung genug geswehen ist. -— Der Verleger der ersten
Czernpschen Ctüden machte damit ein gutes Geschäst, seine
Kollegen strebten nuii auch nach kaufmännischem Rnhm nnd
so crfolgten balv zahlreichc Etüdenbestcllungen bei Czerny.
Diesem Uiiistande ist es znzuschreiben, dast von den tooo
Böerken Czernys gewist koo Heste Etüdcn gedruckt worden
sind, - jeder Riusiker weist, dast von ihnen nur ctwa
zebn einen wirklichen pädagogischen Böert sür die Aus
bildnng der Hände haben: die Übrigen sind sürs Geschäst
gemacht. Cs giebt ja keine Gattung, die, wenn sie ein
gntes Gescbäst verspracb, nicht den Markt auf die ange
gebenc Weise überfüllt hätte; es liegt auch in der Natur
der Sache, dast das kausmännische Berfahren eine gewisse
Berechtigung hat. Allein das Crgebnis dieses Gebahrens,
das mit allen möglichen Mittelchen sich zur Geltuug zu
bringen sucht, sollte doch nicht so unterschiedslos cntgcgen
genommen werden, wie es leider aus dem Gebiete des
Biiisikunterrichts der Fall ist. Die Kultusministerien im
Diese wattuug sindet unter der Ausschrist „Lalonmusik"
eiue näbere 'Besprechung vom Bersasser dieser Zeilen im
„Klavier-Lehrer" Nr. 20., XII. Fayrgang.
deutschen Reiwe überwachen die Unterrichtsbücher ver Schulen.
Auch habcu sicb in neuerer Zcit Vereine von Bücher
sreunden gebildet, nm durch gute Schriften die sogenanntc
Schnndlitcratnr zn bekämpfen. Aber auf dem Gebi'ete
des Rlusikunterrichts herrscht die schlimmste Mißwirtschaft,
weil es zu viel Lehrende giebt, denen die dazn nötigen
künstlerischen wie pädagogischen Kenntnisse fehlen, die daber
auch den innern Beruf zum Uuterrichten nicbt haben
können. Cin Zustand, der eine Verbessernng ersahren
könnte, sei es durch ein zu bildendes Kollegium, vor
ivelchem diejenigen, die nnterrichten wollen, eine Prüfung
abzulegen haben (wie z. B. in Köln a. Rh. seit langer
Zeit anf Beranlassung des verstorbenen Kapellmcisters F.
Hiller): sci es, indem sich „Vereine der Mnsikfrennde"
bilden, mit dem Zicle, die schlechte unpädagogische Riusik
ans dem Unterricht zn entfernen. Cine scbwarze Listc
würdc hierbei vortrefslichc Dienste lcisten.
Nur dann, wenn der Musikunterricht allgemeiner ge
regclt nnd ein überall ivirklich musikalischer wird, werdeu
der Kunst auch wieder verständnisvollere Freünde nnd
Teilnehmer erwachsen. Auch die schlcchte Polka und
Salonmusik wird mit diesen Riitteln bekämpst und »och
manches Andere, die sogcnannten „Albums klassischer Stücke"
z. B., die als eine Musikfälschung der scheinheiligsten und
sckstimmsten Art bezeichnet iverden müssen, würden weniger
„gewinnbringende Artikel" werden als sie leidcr sind.
Wenn das Gemälde irgend eines berühmten alten
Ni'eisters durch ein Reinigungs oder Auffrischungsver
sahren nur in etwas eine Anderung erhält, so sind alle
Bilderliebhaber, dic davon hören, entrüstet: mit dem
Musikstück eines grosten Meisters ist das anders; darüber
kann der Bearbeiter, wie ein Flickscbneider über ein gutes
.Kleidungsstück, Herfallcn, er kann es verkürzen oder ver
längern — wie der Verleger es sür seine Zwecke bei ihm
bestellt hat. Der Dilettantismns — aucb unter den
Fachmusikern giebt es Dilettanten ninimt es gläubig
hin und ist froh, dast ihm hier etwas „Klassisches" „zu
recht gemacht" worden ist.
Aus die Frage: wie muß denu eigentlich ein Musik
stück für deu Unterricht beschassen sein'? ist zu antworten:
Es mnst eincn melodisch harmonieführenden Bast haben,
nnd die Mclodie, dic der Bast begleitct, must rhythmisch
ktar und natürlich sein. Nicht nur „selbst" für den An
sänger, sondern gerade für diesen wird das von Wichtig
keit sein die besten Pädagogen bezeugen es in ihren
Werken. Jn der großen Klavierschule von L. Adam "i z.
B. ist das k. Stück („^.ir uvec clou^e Vuriations pour
8'uceoutunrer u luettre Ie8 Ueux nuiius euseuiUls")
ein zwcistimmiger Satz, welchem )2 Variationcn solgen,
„damit beidc Hände sich zusammen gewöhnen". Wenn
die Arie, um musikalisch zu sprcchen, ein zweistimmigcr
Kontrapunkt ist, so nimmt der Komponist in den t2 Ber
änderungen Gelegenheit, dem Schüler die Kenntnis dcr
') Der Bater des Opernkompouisken Adam, geboreu zu
Miettersbohz lim Elsast) I?ö8,, gestorben )848 in Paris. Be
deulender Aknsiker und Profcssor des Klavierspiels am Kou
servatorium zu Paris, für welches er iin Auftrage des Mini-
steriums der schönen Künste dic Klavierschule schrieb. ^ Tie
für das Jnstitnt geschricbeneu Tchuleu inußteu viele Jahre
hindurch als Manuskript ihren pädagogischen Wert erst be-
gründen, ehc sie veröstentlicht iverden bursten, damit noch
Berbesserungen, die der praktische Gebrauch derselben erheischte,
eingesügt werden kvnnten. Daher auch sind alle Schulen, die
im ersten Viertel unseres Jahrhunderts das Ministerium der
schönen Kiinste in Paris veranlastte, von dauerndem Werte
aufgebört hat, da sie für den wahreu und erbaulichcn
Genuss an der >tunst nnempsindlich geworden sind. Zu
meist trägt ein geschäftliches Gebaliren an diesem Übelstande
die Schuld, eines Teils durch unberufene Lehrer und
Lehrerinnen, andern TeilS dnrck Berleger, die eiue so grohe
Masse von wertlosen Musikalien ans den Markt gcbracbt
baben und noch immer bringen, dast das in fast zwei
Iahrbunderten gesammelte Gute sür den Unterricht derart
überwuchert wurde, dast es sür Literatnrunknndige gar
nicht vorhanden zu sein scheint. Hier nur ein Beispiel
aus der Gesckichte der Klavicrliteratureo wird genügen
das Gesagte deutlicher erkennen zu lassen.
Dic künstlerische Richtnng Clementis (l7ö2—i.832),
Cramers (t77t—l838) und ihrer Genossen, d. i. die
Bielstimmigkeit dcs Satzes, mit dcr ein melodisch selbst
ständiger Bast sast immer verbunden ist, namentlich in den
Ctüden von Cramer, ist vielen Lehrenden immer etwas
unbeguem. gewesen wegen der streng mnsikalischen Tendenz,
die darin herrscht und die natürlich auch ein solches Cnt-
gegenkommen erheischt. Dicse gute musikalische Richtung
hatte sich indest schon so festgesetzt, dast die singerlustigen Ba
riationen deS Bbbe Gelineck (l7 60—l825), cines Haupt-
sührero dieser seichten Moderichtung, noch keinen allzu
grosten Schaden vernrsachen konnten. Da erschienen die
Ctüden (dics Bvort hat einen pädagogischen Klang) von
Czerny (l7vl"l857) mit nur einfachen Kadcnzbässen,
v. h. Bässen, die nur den Tonfall anzeigen, sonst aber
keine weitere Ausmerksamkeit beanspruchen; das war beguem,
denn die Fingerdressur wnrde nun zur Hauptsache. Die
vorhin angedeutete stiichtung, vie neben der technischen anch
eine rein musikalische Rusbildung bezweckte, verlor nun
immer mehr an Einflnß. Gebildetc Musiker hielten zwar
daran sest nnd wirken auch heute noch in dieser Richtung,
eine groste Zabl der Lehrendeu aber, denen ein rein
iiiusikalischer Unterrichtsplan sremd ist, vermögen mit Polka
»nd sogenannter Salonmusik U auszukommen und hegen
dabei now das sie befriedigende Gefühl, daß sie durch
diesen lusterwcckenden Lehrstoss, wie sie sagen, ihren Schülern
nnd deren Cltern oder Angehörigen eine besondere Freude
bereiten. Für die technische Borbcreitung hierzu dient ge-
wöhnlich das Abspielen der Ctüden von Czernb oder
Abntickeiii, womit dann aucb sür die pädagogische For
derung genug geswehen ist. -— Der Verleger der ersten
Czernpschen Ctüden machte damit ein gutes Geschäst, seine
Kollegen strebten nuii auch nach kaufmännischem Rnhm nnd
so crfolgten balv zahlreichc Etüdenbestcllungen bei Czerny.
Diesem Uiiistande ist es znzuschreiben, dast von den tooo
Böerken Czernys gewist koo Heste Etüdcn gedruckt worden
sind, - jeder Riusiker weist, dast von ihnen nur ctwa
zebn einen wirklichen pädagogischen Böert sür die Aus
bildnng der Hände haben: die Übrigen sind sürs Geschäst
gemacht. Cs giebt ja keine Gattung, die, wenn sie ein
gntes Gescbäst verspracb, nicht den Markt auf die ange
gebenc Weise überfüllt hätte; es liegt auch in der Natur
der Sache, dast das kausmännische Berfahren eine gewisse
Berechtigung hat. Allein das Crgebnis dieses Gebahrens,
das mit allen möglichen Mittelchen sich zur Geltuug zu
bringen sucht, sollte doch nicht so unterschiedslos cntgcgen
genommen werden, wie es leider aus dem Gebiete des
Biiisikunterrichts der Fall ist. Die Kultusministerien im
Diese wattuug sindet unter der Ausschrist „Lalonmusik"
eiue näbere 'Besprechung vom Bersasser dieser Zeilen im
„Klavier-Lehrer" Nr. 20., XII. Fayrgang.
deutschen Reiwe überwachen die Unterrichtsbücher ver Schulen.
Auch habcu sicb in neuerer Zcit Vereine von Bücher
sreunden gebildet, nm durch gute Schriften die sogenanntc
Schnndlitcratnr zn bekämpfen. Aber auf dem Gebi'ete
des Rlusikunterrichts herrscht die schlimmste Mißwirtschaft,
weil es zu viel Lehrende giebt, denen die dazn nötigen
künstlerischen wie pädagogischen Kenntnisse fehlen, die daber
auch den innern Beruf zum Uuterrichten nicbt haben
können. Cin Zustand, der eine Verbessernng ersahren
könnte, sei es durch ein zu bildendes Kollegium, vor
ivelchem diejenigen, die nnterrichten wollen, eine Prüfung
abzulegen haben (wie z. B. in Köln a. Rh. seit langer
Zeit anf Beranlassung des verstorbenen Kapellmcisters F.
Hiller): sci es, indem sich „Vereine der Mnsikfrennde"
bilden, mit dem Zicle, die schlechte unpädagogische Riusik
ans dem Unterricht zn entfernen. Cine scbwarze Listc
würdc hierbei vortrefslichc Dienste lcisten.
Nur dann, wenn der Musikunterricht allgemeiner ge
regclt nnd ein überall ivirklich musikalischer wird, werdeu
der Kunst auch wieder verständnisvollere Freünde nnd
Teilnehmer erwachsen. Auch die schlcchte Polka und
Salonmusik wird mit diesen Riitteln bekämpst und »och
manches Andere, die sogcnannten „Albums klassischer Stücke"
z. B., die als eine Musikfälschung der scheinheiligsten und
sckstimmsten Art bezeichnet iverden müssen, würden weniger
„gewinnbringende Artikel" werden als sie leidcr sind.
Wenn das Gemälde irgend eines berühmten alten
Ni'eisters durch ein Reinigungs oder Auffrischungsver
sahren nur in etwas eine Anderung erhält, so sind alle
Bilderliebhaber, dic davon hören, entrüstet: mit dem
Musikstück eines grosten Meisters ist das anders; darüber
kann der Bearbeiter, wie ein Flickscbneider über ein gutes
.Kleidungsstück, Herfallcn, er kann es verkürzen oder ver
längern — wie der Verleger es sür seine Zwecke bei ihm
bestellt hat. Der Dilettantismns — aucb unter den
Fachmusikern giebt es Dilettanten ninimt es gläubig
hin und ist froh, dast ihm hier etwas „Klassisches" „zu
recht gemacht" worden ist.
Aus die Frage: wie muß denu eigentlich ein Musik
stück für deu Unterricht beschassen sein'? ist zu antworten:
Es mnst eincn melodisch harmonieführenden Bast haben,
nnd die Mclodie, dic der Bast begleitct, must rhythmisch
ktar und natürlich sein. Nicht nur „selbst" für den An
sänger, sondern gerade für diesen wird das von Wichtig
keit sein die besten Pädagogen bezeugen es in ihren
Werken. Jn der großen Klavierschule von L. Adam "i z.
B. ist das k. Stück („^.ir uvec clou^e Vuriations pour
8'uceoutunrer u luettre Ie8 Ueux nuiius euseuiUls")
ein zwcistimmiger Satz, welchem )2 Variationcn solgen,
„damit beidc Hände sich zusammen gewöhnen". Wenn
die Arie, um musikalisch zu sprcchen, ein zweistimmigcr
Kontrapunkt ist, so nimmt der Komponist in den t2 Ber
änderungen Gelegenheit, dem Schüler die Kenntnis dcr
') Der Bater des Opernkompouisken Adam, geboreu zu
Miettersbohz lim Elsast) I?ö8,, gestorben )848 in Paris. Be
deulender Aknsiker und Profcssor des Klavierspiels am Kou
servatorium zu Paris, für welches er iin Auftrage des Mini-
steriums der schönen Künste dic Klavierschule schrieb. ^ Tie
für das Jnstitnt geschricbeneu Tchuleu inußteu viele Jahre
hindurch als Manuskript ihren pädagogischen Wert erst be-
gründen, ehc sie veröstentlicht iverden bursten, damit noch
Berbesserungen, die der praktische Gebrauch derselben erheischte,
eingesügt werden kvnnten. Daher auch sind alle Schulen, die
im ersten Viertel unseres Jahrhunderts das Ministerium der
schönen Kiinste in Paris veranlastte, von dauerndem Werte