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Kunstwart und Kulturwart — 27,1.1913

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Heft 3 (1. Novemberheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14287#0307
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verschiedene Marken „gesamrnelt".
Welche Mittel es dabei angewandt
hat, wollen wir außer Betracht las-
sen — das führte in ein Kapitel für
sich. Ansere Kinder sammeln hier
so wahllos, das Sammeln ist so
mühelos und erfolgt daher so hastig,
daß ein Vertiefen, ein Liebgewinnen
ausgeschlossen ist. Und damit ist ge-
rade das Lrzieherische des Sam-
melns dahin.

Was ist nun aber gegenüber
dieser Seuche zu tun?

Ich fürchte: es würde ganz
zwecklos sein, diese Epidemie da-
durch bekämpfen zu wollen, daß
wir das Sammeln verböten.
Fieber kann und dars man nicht
gänzlich unterdrücken. Aber kalte
Umschläge! Und etwas Niederschla-
gendes „inwendig"! Ich habe mit
meinen Kindern das Heftchen, in
das sie ihre geliebten Marken ge-
klebt hatten, mal vorgenommen.
Wir haben herüber und hinüber ge-
schaut und haben bald herausge-
kriegt, daß d i e da eigentlich nicht
sehr hübsch und die da sogar recht
albern sei, daß dagegen die hier
recht nette Farben habe und allen-
salls passieren könne. Schließlich
kamen wir darauf, von den füns,
sechs Dutzend Marken die zehn,
zwölf schönsten herauszunehmen nnd
— recht hübsch angeordnet — sau-
ber aus krästiges graues Papier zu
rleben. „So sieht das doch viel hüb-
scher aus, nicht? Aber wenn noch
mehr hineinkommt, verdirbt's die
hübsche Wirkung!"

Äbrigens haben die unglaub-
lichen Ersolge dieser Reklamemarken-
Industrie einen anschlägigen Kops auf
den Gedanken gebracht — der Plan
wird in einer Fachzeitung allen Ern-
stes erörtert — nicht nur die Ge-
schmacklosigkeit unsrer Kinder, son-
dern auch die unsrer tzausfrauen
auszunutzen. In jener Zeitung drückt
man das natürlich netter aus: man
will Kunstwerke ins Haus tragen,

Freude am Bilde pslegen oder so
ähnlich. Und wie? Indem man
ein „klassisches Bild" in künstlerischer
Ausführung druckt, dann senkrecht
und wagerecht „perforiert" und stück-
weise in Serien beim Wareneinkaufe
zugibt. Klebt dann der Käufer die
Stücklein zusammen, so hat er einen
wundervollen Wandschmuck! Damit
wäre man böllig beim „groben Un-
fng" angelangt. W. Älbricht

Dürerbund in Österreich

5^n Osterreich wird von Männern
Oaus sehr verschiedenen Kreisen
Wiens sowohl wie der Provinz schon
seit Iahren die Gründung einer
Dürerbund-Arbeitstelle für Oster-
reich vorbereitet. Also nicht eigent-
lich eines Vereins — die großen
deutsch-österreichischen Kulturvereine
sind ja ohnehin meist schon dem
Dürerbund angeschlossen, und der
Gedanke, mit ihnen durch einen
neuen Verein in irgendwelchem
Sinne zu rivalisieren, liegt den
Gründern sern. Sondern eben einer
Arbeitstelle: einer Vereinigung
von MLnnern und Frauen, welche
die Dürerbundarbeit für Osterreichs
Verhältnisse übernehmen, anpassen,
ausbilden wollen. Diese Arbeit-
stelle soll den schon jetzt an den all-
gemeinen Dürerbund angeschlossenen
Vereinen mit ihrer Unterstützung
dienlich sein, sie soll die literarischen
und sonstigen Hilfsmittel des all-
gemeinen Dürerbundes sür Oster-
reich so weit und so intensiv wie
möglich zur Geltung bringen und,
wo das geboten ist, für Osterreich
ergänzen und abändern, sie soll
bei den örtlichen oder allgemeinen
Fragen der Ausdruckskultur im
Sinne der Dürerbund-Gedanken
mitwirken. Sie wird, wie der Bund
in Deutschland, außerhalb der
Parteien stehn, sie wird politische
und religiöse Erörterungen vermei-
den, um Angehörigen aller Par-
teien dienen zu können, da ja der

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