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Kunstwart und Kulturwart — 34,2.1921

DOI Heft:
Heft 7 (Aprilheft 1921)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Das Volksschicksal und der Einzelne: zu Ostern
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https://doi.org/10.11588/diglit.14433#0014

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Das Volksschicksal und der Einzelne

Zu Ostern

duard vou Hartmann, der „Phrlosoph des Rnbewußteu", als Meusch
l^dauernd krank, als Denker durchaus Pesstmtst, bekannte dennoch:
^»^ich fühle mich glücklich. Hieronymus Lorm, der „Dichter des Pes--
simismus", der zudem halb gelähmt, bltnd und taub war, schrieb: „ein
unvernünftiger Sonnenstrahl will nie mein Herz verlassen". Gilt auch
unter der deutschen Not von heute Storms: „Wir wissen's doch, ein rechtes
Herz ift gar nicht umzubringen" ? Allbekannt ist ja der Volksspruch mit
dem Woher und Wo und Wohin und dem Schlusse: „Mich wundert,
daß ich so fröhlich bin."

E8 ist eine Frage der Kraft, ob der einzelne „durchhält", gar utchts
andres als eine Frage der Kraft. Wer unter unsres Volkes Not nicht
mitgelitten hat, daß er meinte, er ertrüg' es nicht, dessen Deutschtum war
keinen Groschen wert. Aber in wem es bei dem Lrleiden blieb, oder in
wem das Lrleiden sich umsetzte in jene innere Tobsucht, die sich im
Hetzen eutlädt, und wem es noch so geht, der war, wenn er kein Schwäch--
ling war, doch jedenfalls kein Starker. Der Starke mußte erkennen, daß
er zu leben hat, einfach, weil auch er zum deutschen Volke gehört und
also im Volke zu helfen hat. Er darf nicht verzagen. Nnd da der
Mensch echte nährende Freude zum Leben braucht, so soll er sich nicht
scheuen, oder gar „untreu" vorkommen, wenn er plötzlich bei sich selber
der Freude begegnet. Weg mit den „Zerftreuungen" und „Vergnügen",
Freuden aber her, wo immer ihr auftaucht: bei den Knospen am
Baum oder der Venus am Abendhimmel, bei der tapferen Mutter dort
und ihrem fleißigen Manne und ihrem lieblichen Kinde und dessen Freunde,
dem Tiere, oder bei dem guten Buch, bei dem edeln Bilde — herein in

Aprilheft 192, iXXXIV, ?)
 
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